Es ist bekannt: Mit der EU ist keine Einigung möglich, wenn die Gewerkschaften nicht mit an Bord sind. Aber die wirkliche Vetomacht in Bundesbern sind nicht die Gewerkschaften, sondern die Bauern. Gegen ihren Willen ist nicht nur in der Europapolitik, sondern allgemein in der Schweizer Politik nichts möglich.
Um die mehrheitlich konservativ wählenden Bauern und ihre Angst vor einer Liberalisierung aufzufangen, sollen sie beim neuen EU-Deal abgesichert werden. Konkret wurde das Landwirtschaftsabkommen bei den Verhandlungen über eine Modernisierung der Bilateralen in zwei Teile aufgespalten, wie CH Media aus einem internen EU-Bericht erfahren hat.
Der eine Teil betrifft den Kernbereich der Landwirtschaftsabkommen, das der Bundesrat im Rahmen der Bilateralen I abgeschlossen hat. Der andere Teil bezieht sich auf den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Nahrungsmitteln im Allgemeinen über die ganze Lebensmittelkette hinweg. Zwischen der EU und der Schweiz soll ein einziger Raum der Nahrungsmittelsicherheit geschaffen und nicht-tarifäre Handelshemmnisse abgebaut werden.
Neu soll in der Landwirtschaft zwar auch ein Streitbeilegungsmechanismus eingeführt werden. Dieser ist dem Vernehmen nach aber so ausgestaltet, dass die EU bei einem Konflikt nur Ausgleichsmassnahmen in anderen Bereichen ergreifen kann. Brüssel könnte demnach bei einem Streitfall in der Landwirtschaft nicht einfach wieder Zölle auf Schweizer Käse einführen. «Die Bauern haben Rechtssicherheit, dass das, was ihnen bei den Bilateralen I zugesichert wurde, nicht infrage gestellt wird», heisst es von einer Quelle in Bern, die den Verhandlungen nahesteht.
Bereits in den Vorgesprächen zu den Verhandlungen haben sich die Schweiz und die EU auf Ausnahmen für die Landwirtschaft geeinigt. Dazu gehört, den hohen Tierschutzstandard in der Schweiz nicht abzusenken. Das Gleiche gilt für die Verwendung «neuer Technologien», sprich für gentechnisch veränderte Lebensmittel. Dafür besteht in der Schweiz ein Moratorium, und das wird auch so bleiben. Das Ziel des modernisierten Agrarabkommens ist es explizit nicht, die Landwirtschaftspolitik zwischen der EU und der Schweiz zu harmonisieren, steht im gemeinsamen Dokument.
Für die Schweiz besonders wichtig ist auch die Aufrechterhaltung des Systems der Direktzahlungen. 2,8 Milliarden Franken zahlte der Bund vergangenes Jahr an die Bauernbetriebe. Für viele Landwirte machen die Entschädigungen die Hälfte des Einkommens oder noch mehr aus.
Dass bei den Direktzahlungen keine Gefahr droht, liegt auch daran, dass die EU ihre Bauern selbst tatkräftig unterstützt. Ein Drittel ihres Budgets oder rund 55 Milliarden Euro pro Jahr gibt sie für die gemeinsame Agrarpolitik aus. Das ist nichts anderes als Subventionen für die europäischen Landwirte.
Die Einbindung und Absicherung der Bauern wird bei der Debatte in der Schweiz noch eine wichtige Rolle spielen. Nicht nur wegen deren Vetomacht.
Gegner des neuen Vertragspakets mit der EU, etwa die SVP oder die Unternehmer rund um die «Kompass-Initiative», argumentieren, die Schweiz könne statt den Bilateralen auch mit einem reinen Freihandelsabkommen mit der EU gut leben. Zur Wahrheit gehört aber, dass zu reinem Freihandel immer auch die Landwirtschaft gehört. In den meisten anderen Bereichen hat die Schweiz die Zölle heute ohnehin schon auf null gesenkt. Die Landwirtschaft ist der Hauptgrund, weshalb die Gespräche mit den USA über ein Freihandelsabkommen nie richtig in Gang gekommen sind. In den Verhandlungen mit der EU konnte sie nun abgesichert werden. (aargauerzeitung.ch/lyn)
Entweder müssen wir mal effizienter werden oder auf Grossbetriebe setzen .. innefizienter gehts ja wohl kaum...