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Die Grippewelle kommt – ist die Schweiz darauf vorbereitet?

Die Grippewelle kommt – ist die Schweiz darauf vorbereitet?

Eine neue Studie des Universitätsspitals Zürich mit über 200'000 Patienten einer Krankenversicherung zeigt, dass in der Schweiz viel zu wenige Risikopersonen gegen Grippe geimpft sind. Was das bedeutet.
22.11.2023, 05:2122.11.2023, 05:21
Bruno Knellwolf / ch media
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Gegen Grippe impfen lassen sollte man sich noch vor Beginn der Grippewelle, die jeweils im Januar startet.
Gegen Grippe impfen lassen sollte man sich noch vor Beginn der Grippewelle, die jeweils im Januar startet.Bild: Archivbild: Chris Iseli / AGR

Viele sind zurzeit krank. Der Hauptgrund für die Atemwegserkrankungen ist das Coronavirus, doch auch die Grippekurve steigt langsam an. Allerdings noch auf tiefem Niveau. Seit Mitte Oktober kann man sich gegen die Influenzaviren impfen. Empfohlen ist das für Menschen mit einem erhöhten Krankheitsrisiko. Dazu zählen Personen ab 65 Jahren und jüngere mit chronischen Erkrankungen wie auch Schwangere.

Ratsam ist die Impfung gemäss dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) auch für Angehörige und Personen, die beruflich engen Kontakt zu Risikopersonen haben. Eine Impfung lohne sich aber auch für Jüngere immer, «sie können das Risiko für eine unangenehme Grippe klar verringern», sagt der Infektiologe Christoph Berger, Präsident der Impfkommission Ekif.

Nur ein Fünftel der Risikopersonen macht eine Grippeimpfung

Nun zeigt aber eine Studie des Universitätsspitals Zürich, dass die Impfquote unter Risikopersonen in der Schweiz sehr tief ist, tiefer als in benachbarten Ländern. Die Forscher um Andreas Plate vom Universitätsspital Zürich haben Daten von rund 215'000 Patienten der Groupe-Mutuel-Versicherung analysiert. Und zwar in den Jahren vor der Pandemie in drei Grippesaisons zwischen 2015 und 2018.

Festgestellt haben die Zürcher Forscher, dass sich nur 20 Prozent der Risikopersonen gegen Influenzaviren geimpft haben. «In keiner der untersuchten Untergruppen fanden wir eine Impfquote, die auch nur annähernd dem Zielwert der WHO von 75 Prozent entsprach», schreiben die Studienautoren. «Positiv hervorzuheben sind aber die höheren Impfquoten von Personen in Pflegeheimen oder mit chronischen Lungenerkrankungen, eben genau den Personengruppen mit einem hohen Risiko», sagt Plate.

Die Studie, die im «National Library of Medicine» publiziert worden ist, zeigt die Impfquoten vor der Pandemie. Nun sind sie womöglich leicht höher, weil die Zahlen des BAG sowie internationaler Studien zeigen, dass die Influenza-Impfquoten während der Pandemie gestiegen sind. In der Schweiz sind die Influenza-Impfquoten aber seit Jahren tief, vor der Pandemie sogar fallend.

«Das BAG sowie verschiedene wissenschaftliche Arbeiten haben dies wiederholt festgestellt», sagt Plate. Die Gründe hierfür seien vielfältig und könnten nicht einseitig der Ignoranz in der Bevölkerung angelastet werden. «Unsere Studie kann keine Aussage darüber machen, warum Personen geimpft oder nicht geimpft sind.»

Das gleiche Ziel wie bei der Corona-Impfung

Das Ziel der Influenza-Impfung sei es vor allem, die Anzahl an Erkrankten beziehungsweise die Schwere der Erkrankungen zu reduzieren. Damit könne die durch Influenza beeinflusste Krankheitslast wie zum Beispiel die Anzahl der Arztbesuche, der Hospitalisierungen und Kosten reduziert werden. «Eine tiefe Impfquote führt entsprechend zu einer höheren Krankheitslast mit einer höheren Belastung für das Individuum sowie das Gesundheitssystem», sagt Plate, Facharzt Infektiologie am Universitätsspital Zürich.

In erster Linie gehe es dabei aber um einen individuellen Schutz, sagt Berger. Jeder und jede müsse selber entscheiden, aber klar sei: Wenn sich Kontaktpersonen gegen Grippe impften, senkten sie die Gefahr, Risikopersonen anzustecken.

Mehr Aufklärung könnte helfen

Mit der Frage, wie die Impfquote erhöht werden könnte, beschäftigten sich das BAG sowie viele internationale Forschungsgruppen seit Jahren, sagt Plate. «Wie wir an den Impfquoten sehen, haben wir die Antwort noch nicht gefunden.» Viele Massnahmen seien sinnvoll, zum Beispiel Aufklärung bei den Zielgruppen und Gesundheitsfachpersonen, leichter Zugang zur Impfung und vieles mehr. Insofern könne die aktuelle Untersuchung hilfreich sein, die Prävention zu verbessern.

Impfen lassen sollte man sich bis zu Beginn der Grippewelle, die jeweils Anfang Januar startet. Die Wirksamkeit der Impfung hängt vom Alter und Gesundheitszustand sowie von den in diesem Winter zirkulierenden Influenzaviren-Stämmen ab. «Sie ist höher bei Influenza A H1N1 als bei H3N2. Und höher bei jungen gesunden Personen als bei älteren», sagt Berger. Bei den aktuellen Hochdosis-Impfstoffen seien diese Unterschiede aber verkleinert worden. Studien zeigen gemäss dem BAG, dass die Wirksamkeit je nach Saison und geimpften Personen bei 20 bis 80 Prozent liegt. (aargauerzeitung.ch)

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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Unicron
22.11.2023 09:09registriert November 2016
Schon erledigt!
Mein Arbeitgeber ist so nett, und lässt jedes Jahr den örtlichen Hausarzt in den Betrieb kommen wo man sich dann auf Kosten der Firma impfen lassen kann.
Firma profitiert ja auch davon wenn nicht die Hälfte der Belegschaft krank zuhause sitzt.
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Rockhound
22.11.2023 09:53registriert September 2023
Ich fände auch noch wichtig, dass jene, die krank sind, daheim bleiben und ihren Rotz nicht überall verteilen. Das hilft denen, die den Impftermin erst sehr spät erhalten.
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