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Wie es zum Krach beim Roten Kreuz kam

Freiwillige Helfer des Schweizerischen Roten Kreuzes kontrollieren und sortieren den Inhalt von gespendeten Paketen der Spendenaktion "2x Weihnachten". (Archivbild)
Das Schweizerische Rote Kreuz will sich vom Direktor trennen: Ein Desaster für eine Hilfsorganisation, der im Weihnachtsmonat besonders viele Spenden zufliessen.Bild: sda

Von Seilschaften, Macht und Geld – wie es zum Krach beim Roten Kreuz kam

Das Schweizerische Rote Kreuz unter Präsidentin Barbara Schmid-Federer will sich von Direktor Markus Mader trennen. Es ist ein Streit mit offenem Ausgang.
31.12.2022, 10:3931.12.2022, 11:16
Henry Habegger / ch media
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Es war ein Desaster für eine Hilfsorganisation, der im Weihnachtsmonat besonders viele Spenden zufliessen und die Aktionen wie «2 x Weihnachten» laufen hat: Am 15. Dezember 2022 gab der Rotkreuzrat, das strategische Führungsgremium des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), die Trennung vom langjährigen Direktor Markus Mader (59) bekannt. «Grund ist eine unterschiedliche Auffassung in Führung und Organisation des SRK und der einzelnen Mitgliedorganisationen», teilte der von der früheren CVP-Nationalrätin Barbara Schmid-Federer (57) präsidierte Rat mit.

Tränen sollen geflossen sein, vier von zehn Mitgliedern des Rats traten aus Protest zurück. Unter ihnen die frühere SVP- und BDP-Nationalrätin Brigitta Gadient, die als Vizepräsidentin das SRK in der internationalen Rotkreuzbewegung vertritt.

Was im Detail geschehen ist bei diesem Machtkampf, warum es zu diesem Eklat kam, ist unklar und umstritten. Die Sicht der Unterlegenen fand den Weg umgehend in die Medien. Das zurückgetretene Ratsmitglied Dieter Widmer, zuständig für Personal und Finanzen sowie Supporter von Mader, liess sich im «Tages-Anzeiger» zitieren: «Es tut mir leid für alle Mitarbeitenden und die vielen Freiwilligen des SRK, die unsere Wertvorstellungen und die hohe Moral mittragen, während die Führung nicht fähig ist, eine gute Lösung zu finden.»

Es geht hier allerdings weniger «hohe Moral», als um alte Seilschaften, die am Werk sind, um Pfründen, die verteidigt werden. Und es geht um Politik und um Alphatiere.

Traditionell eine FDP-Hochburg

Der frühere IKRK-Delegierte Mader ist in der SRK-Zentrale seit fast 15 Jahren der starke Mann, der auch die Auslandsprojekte forcierte. In der Zentrale mit ihren 500 Angestellten ist er sehr beliebt. Weniger zufrieden waren immer mal wieder viele der 24 Kantonalverbände, die im SRK-Parlament mit ihrer Stimmenmehrheit das Sagen haben, aber Zentralisierung und Machtausbau in Bern feststellten. Man fürchtete, Kontrolle und Einfluss zu verlieren, auch finanziell. Es gab immer wieder Spannungen, Berichte wurden verfasst, Verbesserungen gefordert und zuletzt je nach Standpunkt auch erreicht.

Bis es im März 2022 zu einer Zäsur kam: Mit Schmid-Federer wurde eine bekannte ehemalige CVP-Politikerin gewählt. Getragen von den Kantonalverbänden kam sie an die SRK-Spitze. Gegen den Willen der dominierenden «Nomenklatura» im SRK.

Schon 2019, beim Rücktritt von Annemarie Huber-Hotz (FDP), hatte Vizepräsidentin Schmid-Federer als Favoritin für das Präsidium gegolten: Sie war Präsidentin des Zürcher Roten Kreuzes und Mitglied im Rotkreuzrat.

Aber Huber-Hotz wollte die CVP-Frau laut Insidern nicht als Nachfolgerin. Sie suchte Ersatz und wurde in der Person ihres Parteikollegen Thomas Heiniger fündig, gerade abgetretener Gesundheitsdirektor im Kanton Zürich.

Das SRK ist traditionell eine FDP-Hochburg. Der Zürcher FDP-Bundesrat Jakob Dubs gilt als erster Präsident der 1866 gegründeten Organisation. Auch der zweite Präsident Karl Schenk war ein Liberaler, es folgten viele weitere. Seit 2001 standen der Reihe nach René Rhinow (ehemaliger FDP-Ständerat), Annemarie Huber-Hotz (ehemalige FDP-Bundeskanzlerin) und zuletzt Thomas Heiniger an der SRK-Spitze.

2022 durchbrach Schmid-Federer diese Phalanx – mit Hilfe der Kantonalverbände, die sie unterstützten. Und die sich zuvor gegen Vorgänger Heiniger gewandt hatten, der das Amt nach nur zwei Jahren aufgab. Laut SRK hatten «unterschiedliche Vorstellungen zu einem zentralistischen oder föderalistischen Ansatz» zum Bruch geführt. Direktor Mader verlor mit ihm einen wichtigen Anker.

«Helfen, ohne zu fragen wem»

Manche sahen Schmid-Federer als Treiber hinter Heinigers Abgang. Gerade die Getreuen der im August 2019 verstorbenen früheren Präsidentin Huber-Hotz taten sich schwer mit der Zürcherin. Zu ihnen gehörte gemäss Beobachtern die einflussreiche Vizepräsidentin Brigitta Gadient, die 2021 auch Nachfolgerin von Huber-Hotz Präsidentin der Stiftung Bankenombudsman wurde.

«Schmid-Federer war ein Störfaktor», sagt einer. Das zeigte sich etwa in einem Vortrag am Dies Academicus an der Theologischen Hochschule in Chur, wo die neue SRK-Präsidentin Schmid-Federer im Oktober 2022 ihre Vorstellungen skizzierte. «Helfen, ohne zu fragen wem», ist eine. Ob Ukraine-Flüchtlinge oder Boots-Flüchtlinge: Sie macht da keinen Unterschied. Das sahen aber im Rotkreuzrat nicht alle so.

Es zeigte sich auch beim Geld: «Das SRK hat ein enorm grosses Spendenvolumen. Wir nehmen viel ein und geben viel aus. Fragen nach dem vielen Geld sind erlaubt», sagte sie. Das ist nicht ohne Zündstoff. Im, SRK geht es auch um viel Geld. In der Humanitären Stiftung SRK etwa befindet sich fast eine Milliarde Franken, die angelegt werden will, derzeit in einem Fonds bei der Genfer Privatbank Pictet. 50 Millionen an Spenden und Legaten nahm das SRK 2021 ein, ein Jahr zuvor waren es 65 Millionen. Unter Schmid-Federer ist beim SRK damit zu rechnen, dass Geldflüsse und -verwendung im In- und Ausland genauer angeschaut werden.

Abgang noch nicht offiziell

Wie es beim SRK weitergeht, ist unklar. Formell gekündigt wurde Direktor Mader bisher nicht. Immer noch scheint eine einvernehmliche Lösung möglich. Auch eine weitere Eskalation ist denkbar und derzeit auch wahrscheinlich. Verschiedene Kräfte sind im Hintergrund am Werk, wollen Terrain «zurückerobern».

Die Frage, wie und warum es zum Eklat kam, wird die SRK-Geschäftsprüfungskommission untersuchen, allenfalls unter Beizug externer Experten.

Es geht um viel, das SRK gilt als die grösste humanitäre Organisation der Schweiz. «Es engagiert sich in den Bereichen Gesundheit und Unterstützung im Alltag, Integration und Migration sowie Suche, Rettung und Katastrophenhilfe», steht im Geschäftsbericht 2021. 500’000 Mitglieder, 50’100 Freiwillige, 5300 Mitarbeitende, davon 500 in der Zentrale in Bern, zählte das SRK im Jahr 2021. Über 2.6 Millionen Stunden arbeiten die Freiwilligen ehrenamtlich.

Dem SRK gehören 24 Kantonalverbände, vier Rettungsorganisationen, der Blutspendedienst und der Rotkreuzdienst. Es ist auch in 38 anderen Ländern im Einsatz. (aargauerzeitung.ch)

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9 Kommentare
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DRIVER I
31.12.2022 12:59registriert August 2020
Wenn man verstehen will, was im srk und auch in deutschland abgeht, soll die reportage auf rtl schauen. Das management, nennen es wir mal so, kassiert 450t € im jahr plus spesen, während die basis in frohnarbeitbdie idee des rk am leben hält. Eine schande.
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Fred_64
31.12.2022 12:40registriert Dezember 2021
Wieso bin ich nicht überrascht, wenn es um viel Geld und Macht geht, dann noch von alten Seilschaften höre, dass die alterwürdige FDP ihre Hände im Spiel hat?
Im Wallis die CVP, in Bern und Graubünden die SVP und im Rest der Schweiz die FDP, aber irgendwie überall das Gleiche.
Da frage ich mich manchmal schon, wieso ich hunderte von Stunden gratis in gute Sachen investiere und solche Typen machen nur was "Gutes, wenn sie dabei Geldverdienen können.
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Daniel63
31.12.2022 15:58registriert August 2020
Ich bin überzeugt, dass die vielen Mitarbeiter und vor allem freiwilligen Helfer sich für humanitäres Handeln einsetzen und dies ist zu würdigen und mit diesem Bild vor Augen fliessen offenbar zwischen 50 und 65 Mio CHF dem Roten Kreuz jährlich zu. Wenn ich aber lese, dass die Stiftung des SRKs fast eine Milliarde Franken anlegt dann bin ich überzeugt, dass dies nicht im Sinne der Spender ist. Konkret heisst das, dass das Rote Kreuz Spenden im Umfang von 20 Jahren nicht ausgegeben hat! Das ist doch ungeheuerlich! Die Spender senden Geld für Hilfsaktionen nicht für Spekulationen & Fondsanlagen!
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Kate Winslets Auftritt in Zürich ist eine grosse Enttäuschung
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