Nachts in der Migros: Was wie eine Schweizer Neuauflage des US-Kinohits «Nachts im Museum» klingt, hat sich in Wahrheit im jurassischen Porrentruy tatsächlich ereignet. Eine 82-jährige Frau, die mit ihrem Rollator im Supermarkt ihre Einkäufe erledigte, verpasste den Ladenschluss und musste die ganze Nacht im Migros-Geschäft im Einkaufscenter «Esplanade Centre» verbringen. Heruntergelassene Metallgitter verhinderten, dass die aus der Region stammende Frau das Gebäude verlassen konnte. Erst am nächsten Morgen gegen 5 Uhr wurde die Jurassierin befreit. Zu dieser Uhrzeit begann der erste Mitarbeiter den neuen Arbeitstag. Das berichtete diese Woche «Radio Fréquence Jura» (RFJ).
Demnach hat die 82-Jährige die Lautsprecherdurchsagen, welche die baldige Schliessung des Supermarkts ankündigten, nicht gehört. Und per Telefon um Hilfe rufen konnte sie auch nicht. Ihr Handy sei zu Hause vergessen gegangen, erzählte der Sohn der Frau dem lokalen Radiosender. Seine Mutter habe ihr Schicksal jedoch akzeptiert und mit ihrer Gehhilfe nach einem Ort gesucht, an dem sie die Nacht verbringen konnte.
Gegenüber CH Media nimmt die Migros nun erstmals Stellung zum kuriosen Vorfall. Es handle sich um einen unglücklichen Einzelfall, heisst es beim Migros-Genossenschafts-Bund auf Anfrage. «Wir bedauern die Unannehmlichkeiten, die der betroffenen Person entstanden sind.»
Aus der Vergangenheit seien der Migros keine ähnlichen Vorkommnisse von eingesperrter Kundschaft bekannt. «Es ist sehr ungewöhnlich, dass jemand unfreiwillig über Nacht in einer unserer Filialen verbleibt.» Im Prinzip stellen verschiedene Massnahmen sicher, dass dies nicht passieren kann. Ein Migros-Sprecher erwähnt nebst «den regelmässigen Lautsprecherdurchsagen», die die bevorstehende Schliessung eines Supermarkts ankündigen, insbesondere die Kontrollrundgänge durch das Personal, bevor eine Filiale endgültig abgeschlossen wird.
Wieso die 82-jährige Frau in Porrentruy durch die Maschen fiel, kommentiert die Migros nicht. Das Unternehmen gibt sich aber überzeugt, dass die bestehenden Massnahmen in ihren Supermärkten in der Schweiz ausreichen: «Wir sehen derzeit keine Notwendigkeit für grundlegende Anpassungen an unserem bestehenden Dispositiv.»
Die betroffene Seniorin hat vom nächtlichen Migros-Abenteuer übrigens keine Schäden davongetragen. Ihr häuslicher Pflegedienst stellte bei ihr zwar eine grosse Müdigkeit fest, doch konnte sich die Frau von der anstrengenden Nacht schnell wieder erholen.
Sicherlich nicht geschadet hat der 82-Jährigen, dass es sich um ein Migros-Lebensmittelgeschäft handelte und nicht etwa um eine Filiale von Sport X, Obi oder Do it + Garden. Entsprechend war für Essen und Trinken gesorgt. Laut dem Radiosender «RFJ» hat sich die Seniorin beim Angebot bedient. Worin der nächtliche Snack bestand, ist aber nicht überliefert. (aargauerzeitung.ch)