Manchmal zeichnet es sich ab, manchmal kommt es urplötzlich: das Bedürfnis nach dem stillen Örtchen. Doch nicht immer sind öffentliche WCs in Reichweite. Und da kommen Geschäfte und Gastrobetriebe oftmals gelegen. So auch in den USA. Dort nutzen Passanten gerne die Toilette von Geschäften, ohne etwas zu kaufen und ohne dabei rot zu werden.
Doch damit hat es sich nun, zumindest bei Starbucks. Die Kaffeekette hat angekündigt, dass sie ihre Toiletten nur noch bezahlenden Kundinnen und Kunden zur Verfügung stellt. Heisst: Kein Wasserlassen ohne White Mocha. Kein Stuhlgang ohne Strawberry Frappuccino.
In seinem neuen Verhaltenskodex schreibt der Kaffeeriese, diese Handhabung entspreche jener der meisten Geschäfte und verschaffe Klarheit, dass die Starbucks-Räumlichkeiten für die eigene Kundschaft gedacht seien.
Diese Ankündigung entspricht allerdings einer Kehrtwende. Denn 2018 hatte der Konzern eine sogenannte «open-door bathroom policy» verkündet, also einen Grundsatz der öffentlich zugänglichen Toiletten. Dies war nicht zuletzt die Folge eines Zwischenfalls, der weltweit für Schlagzeilen sorgte. Zwei schwarze Männer, die nichts bestellt hatten, wurden in einer Filiale in Philadelphia verhaftet, während sie auf ein Geschäftsmeeting warteten. Rassismus-Vorwürfe wurden entsprechend laut.
Das öffentlich-rechtliche US-Medienunternehmen NPR macht derweil darauf aufmerksam, dass die neu eingeführte WC-Einschränkung insbesondere für Menschen mit besonderen medizinischen Bedürfnissen wie Obdachlose und Schwangere ein Hindernis darstellt. In den sozialen Medien bieten Kanäle wie «got2gonyc» denn auch Tipps zu öffentlich zugänglichen Badezimmern in Grossstädten wie New York.
Und wie wird das Thema in der Schweiz gehandhabt? Auf Anfrage lässt Starbucks ausrichten, die in Nordamerika eingeführten WC-Regelungen gälten ausschliesslich für die Geschäfte in den USA und Kanada. International würden sie nicht umgesetzt, also auch nicht in den 57 Filialen hierzulande. Auch hier stünden die WCs in erster Linie den Gästen zur Verfügung. Allerdings handhabe man dies kulant. Je nachdem erlaube man die Nutzung auch ohne Einkauf. Dies erfordert jedoch oft den Gang an die Kasse, um den teils notwendigen Code für die geschlossene WC-Kabine zu erfragen.
Die neue WC-Politik in den USA stammt von Starbucks-CEO Brian Niccol. Er wurde letztes Jahr geholt, um das Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Der neue Kapitän des Kaffeeriesen arbeitete zuvor bei der Texmex-Kette Chipotle als Konzernchef und konnte dabei die Aktionäre mit guten Resultaten überzeugen. Das Gleiche soll er nun bei Starbucks mit seinen weltweit 39'000 Filialen und 450'000 Angestellten vollbringen.
Niccol kann die Sache gelassen angehen. Denn egal welche Früchte seine Massnahmen tragen werden – er muss sich um seine persönliche Finanzsituation keine Sorgen machen. Rasch wurde nach seiner Ernennung im Sommer bekannt, dass er nicht am Hauptsitz von Starbucks in Seattle arbeiten wird, sondern mehrheitlich in einem ihm zur Verfügung gestellten Büro in Kalifornien, wo er lebt.
Für das Pendeln nach Seattle erhält er einen Privatjet der Firma – was die Umweltmassnahmen von Starbucks wie den Einsatz von Papier- statt Plastiktrinkhalmen in einem anderen Licht erscheinen lässt. Und: Zu seinem 1,6-Millionen-Grundsalär erhielt er zum Start zusätzlich 10 Millionen Dollar. Je nachdem, wie erfolgreich die Firma künftig ist, winken ihm weitere Millionen.