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23.09.2019, 05:1812.02.2021, 22:20
Das Wichtigste in Kürze:
- Letzten Winter ist das CO2-Gesetz im Nationalrat gescheitert. Heute Montag beginnen die Beratungen im Ständerat. Die Stimmung hat sich in den letzten Monaten verändert – auch wegen der Klimastreikbewegung.
- Im Nationalrat hatte die FDP sich zusammen mit der SVP gegen Verschärfungen gestellt und das Gesetz derart verwässert, dass auch die Linke nicht mehr dahinter stand.
- Im Ständerat könnte es nun anders kommen. Denn inzwischen hat die FDP bei der Klimapolitik eine Kurskorrektur vorgenommen. So hat die vorberatende Umweltkommission hat einen deutlich schärferen Vorschlag ausgearbeitet, der über die Pläne des Bundesrates hinausgeht.
- Im neuen Gesetzt geben soll es unter anderem eine Flugticket-Abgabe, Verteuerung von Benzin und Diesel und CO2-Grenzwert für Gebäude geben.
CVP-Ständerat Beat Vonlanthen findet es notwendig, jetzt ehrgeizige Massnahmen zu ergreifen. Dazu gehört, ein neues CO2-Gesetz. Danach müssen weitere Schritte folgen. «Dabei ist es zentral, den Sorgen der Bevölkerung Rechnung zu tragen und in gewissen Bereichen Kompensationsmassnahmen vorzusehen.»
Mit der Annahme der Vorlage komme man nicht nur den Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen nach, sondern nehme auch die Verantwortung gegenüber den zukünftigen Generationen wahr. «Gemeinsam mit Ihnen möchte ich daher heute mit der Annahme des CO2-Gesetzes die Weichen auf dem Weg zu einer klimaneutralen und erfolgreichen Schweiz stellen.»
Jetzt spricht der einzige grüne Ständerat, der Genfer Robert Cramer: Mit der Überarbeitung des Gesetzes habe man so ausgerichtet, dass die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden können. «Mit anderen Worten, was wir hier vorschlagen, ist ein Gesetz, das versucht, den von uns eingegangenen Verpflichtungen in unserer Gesetzgebung glaubwürdig Ausdruck zu verleihen», so Cramer.
Bild: KEYSTONE
Für Werner Luginbühl ist klar: «Die Forschung sagt uns, die Klimaerwärmung sei ganz massgeblich menschengemacht. Man kann etwas dagegen tun, der Schaden kann durch rasches und entschiedenes Handeln in Grenzen gehalten werden. Es wird teuer; wenn man aber nicht handelt, wird es später noch teurer.» Es müsse nun vernünftig ein griffiges Massnahmenpaket beschlossen werden, das die Schweiz für den Plan Klimaneutralität im 2050 auf Kurs bringe. Persönlich sei er der Meinung, dass die Klimaerwärmung eine der grössten Herausforderungen der Menschheit sei. «Mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf schaffen wir die Möglichkeit, dass das Ziel erreichbar wird, ohne dass später das Steuer abrupt herumgerissen werden muss. Das ist etwa das Minimum, das man von uns erwarten darf», so Luginbühl.
Der Glarner SVP-Ständerat Werner Hösli sagt, es sei wohl allen im Saal bewusst, dass die Schweiz mit der ordnungsgemässen Ratifizierung des Pariser Abkommens in der Pflicht steht. «Es gilt also, Lösungen zu suchen, damit wir diese Ziele auch erreichen.»
Der SVP-Ständerat Werner Hösli fragt sich, wie wirksam die Flugticketabgabe ist, wenn die Passagiere auf Flughäfen im Ausland ausweichen werden. Nichtsdestotrotz bittet er seine Ratskollegen, auf die Vorlage einzutreten.
Just passend zur heutigen Debatte wurde heute das Klimablatt in die Schweizer Haushalte geliefert.
Die Aargauer SP-Ständerätin Pascale Bruderer sagt, der Vorschlag des Bundesrates sei überholt gewesen. Darum habe die Kommission zurecht Ergänzungen gemacht. Der Vorschlag für das neue Gesetz sei ein Minimum. Bruderer fordert ihre Kolleginnen und Kollegen auf, diesem zu folgen. «Es ist ein Minimum, das mehrheitsfährig ist.»
Vertreterinnen und Vertreter der Klimajugend haben sich auf dem Bundesplatz versammelt, um die Debatte im Ständerat live zu verfolgen.
FDP-Ständerat Damian Müller erklärt den Vorschlag für das neue Gesetz. So schlägt die Umweltkommission vor, dass:
- Autos weniger CO2 ausstossen dürfen
- der Benzinpreis 10 bis 12 Rappen teurer wird
- die Abgabe auf Brennstoffe von 120 auf 210 Franken pro Tonne erhöht wird
- Emissionsgrenzwerte festgelegt werden sollen
- Unternehmen von CO2-Abgabe entlastet werden, wenn sie ihre Treibhausgas-Emissionen senken
- eine Flugticketabgabe eingeführt wird.
Der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller ergreift das Wort. Er ist gleichzeitig auch in der vorberatenden Umweltkommission vertreten. Er sagt, die Diskussionen in der Kommission seien hart gewesen. Zuletzt habe man aber Massnahmen treffen wollen, damit die Schweiz bis 2050 klimaneutral sein könne.
Bild: KEYSTONE
Nachdem das CO2-Gesetz vom Nationalrat zuerst verwässert und dann versenkt wurde, will der Ständerat nun vorwärtsmachen. Er will sogar noch weiter gehen als der Bundesrat. So soll beispielsweise eine Flugticketabgabe eingeführt werden und schon ab 2023 eine CO2-Grenze für Gebäude gelten.
Heute Nachmittag um 15.15 Uhr startet der Ständerat die Beratungen zum geplanten CO2-Gesetz. Die Diskussionen dürften sich in die Länge ziehen und am Mittwoch fortgesetzt werden.
Den jugendlichen Aktivistinnen und Aktivisten ist es gelungen, den Klimawandel zum breit diskutierten Thema zu machen. Im Wahljahr bleibt dies nicht ohne Auswirkungen auf die Politik: Die FDP nahm eine Kurskorrektur vor. Im Nationalrat hatte sie sich noch zusammen mit der SVP gegen Verschärfungen gestellt. Der Rat beschloss unter anderem, im Gesetz kein Ziel für die CO2-Reduktion im Inland zu verankern. Damit stand die Linke nicht mehr hinter dem Gesetz.
Im Ständerat droht kein solcher Ausgang. Die vorberatende Umweltkommission (Urek) ist mit den Vorschlägen des Bundesrates einverstanden – und will punktuell sogar darüber hinausgehen. Wie der Bundesrat will die Kommission, dass die Schweiz bis 2030 die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 halbiert, und zwar zu mindestens 60 Prozent durch Massnahmen im Inland. Allerdings hat sie diesem Inlandziel mit knapper Mehrheit zugestimmt.
Auch im Ständerat werden folgende Details für Diskussionen sorgen:
Fliegen und Autofahren soll teurer werden
Bei den Massnahmen hat die Kommission einer Flugticketabgabe zwischen 30 und 120 Franken zugestimmt. Damit ist inzwischen auch der Nationalrat einverstanden. Er nahm vergangene Woche einen entsprechenden Vorstoss an. Teurer werden dürften auch Benzin und Diesel.
Die Hersteller und Importeure fossiler Treibstoffe müssen bereits heute einen Teil der CO2-Emissionen kompensieren. Künftig sollen sie einen grösseren Teil kompensieren müssen - und mehr im Inland. Das schlägt sich auf den Treibstoffpreis nieder. Die Kommission will den Preisanstieg indes begrenzen: Bis 2025 soll die Kompensation den Liter Treibstoff um höchstens 10 Rappen verteuern dürfen, danach um bis zu 12 Rappen.
Die Elektromobilität soll gefördert werden
Der Nationalrat hatte eine Deckelung bei 8 Rappen pro Liter beschlossen, bevor er das Gesetz ablehnte. Die Gegner eines stärkeren Anstiegs erinnerten an die «Gelbwesten» in Frankreich. Der Entwurf des Bundesrats sieht keine Deckelung vor.
Mit diesem würde der Treibstoffpreis bis 2030 um 4 bis maximal 10 Rappen pro Liter steigen. Die Gelder sollen nach dem Willen der Ständeratskommission nicht nur in erneuerbare Treibstoffe, sondern auch in die Elektromobilität fliessen.
Kommt die CO2-Abgabe auf Treibstoffe?
Anders als der Bundesrat will die Kommission zudem nicht nur für neue Autos, Lieferwagen und leichte Sattelschlepper CO2-Vorgaben erlassen, sondern auch für schwere Lastwagen. Das entspricht den Plänen der EU.
Eine CO2-Lenkungsabgabe auf Benzin und Diesel sehen weder der Bundesrat noch die Ständeratskommission vor. Die Kommission will den Bundesrat aber mit einem Postulat beauftragen, eine solche zu prüfen. Auch zu Mobility Pricing soll er Vorschläge vorlegen.
Es soll ein neuer Klimafonds geschaffen werden
Weiter schlägt die Ständeratskommission vor, einen neuen Klimafonds zu schaffen, der die bestehenden Fördergefässe ablösen soll. In den Fonds sollen maximal ein Drittel des Ertrags aus der CO2-Abgabe auf Heizöl und knapp die Hälfte des Ertrags aus der Flugticketabgabe fliessen.
Die restlichen Gelder aus der CO2-Abgabe sowie gut die Hälfte der Flugticketabgabe sollen an die Bürgerinnen und Bürger und an die Wirtschaft rückverteilt werden. Aus dem Klimafonds würden unter anderem Massnahmen zur langfristigen Verminderung der CO2-Emissionen von Gebäuden finanziert.
Der CO2-Grenzwert für Gebäude soll kommen
Für den Fall, dass die Emissionen aus Gebäuden bis 2027 nicht genügend sinken sollten, will der Bundesrat ab 2029 einen landesweit einheitlichen Grenzwert für Gebäude einführen. Die Kommission will diesen bereits festlegen.
Bei der CO2-Abgabe auf Brennstoffen folgt die Kommission dem Bundesrat: Der maximale Satz soll von heute 120 auf bis zu 210 Franken steigen, wenn die Emissionen aus Brennstoffen nicht genügend zurückgehen.
Unternehmen können von der CO2-Abgabe befreit werden, wenn...
Unternehmen können sich weiterhin von der CO2-Abgabe befreien lassen, wenn sie sich gegenüber dem Bund zur Verminderung ihrer Emissionen verpflichten. Der Bundesrat will das neu allen Unternehmen ermöglichen, deren jährliche Abgabenlast mehr als 15'000 Franken beträgt. Die Urek will Unternehmen bereits ab 10'000 Franken von der Abgabe befreien.
Die Ständeratskommission ist überzeugt, dass mit den von ihr beschlossenen Massnahmen die Verpflichtungen aus dem Klimaabkommen von Paris erfüllt werden können – inklusive dem neuen Ziel des Bundesrates einer klimaneutralen Schweiz bis 2050. Wie der Ständerat entscheidet, zeigt sich diese Woche. Am Montag steht eine Open-end-Sitzung an. Zu Ende beraten wird der Rat die Vorlage am Mittwoch. (mim/sda)
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