Im letzten Juli vergewaltigte in luzernischen Emmen ein unbekannter Täter die 26-jährige Frau. Das Opfer ist seither vom 5. Halswirbel abwärts gelähmt. Die Polizei sicherte die DNA- Spur des Täters. Doch das Gesetz verbietet den Fahndern die vertiefte Analyse dieser DNA, um so auf äusserliche Erkennungsmerkmale wie Haar – und Augenfarbe sowie die Herkunft des Täters zu schliessen. Der Mann ist trotz intensiven Ermittlungstätigkeiten noch immer nicht gefasst.
Das Opfer arbeitete bei der Stiftung für Schwerbehinderte Luzern. Aus Bestürzung über das Verbrechen an seiner Mitarbeiterin verlangte Stiftungsrat und Nationalrat Albert Vitali in einer Motion eine Änderung des DNA-Profilgesetzes. Vitali fordert, dass bei schweren Gewaltverbrechen die Fahnder aus einer sichergestellten DNA-Spur äusserliche Erkennungsmerkmale verwenden dürfen. «Die Gesellschaft erwartet, dass wenn solche Taten gemacht werden, dass diese möglichst schnell und effizient aufgeklärt werden können.»
Die Mutter des Vergewaltigungsopfers fordert in der «Rundschau» ein rasches Umdenken: «Es löst grosses Unverständnis aus, wenn man als Betroffene weiss, dass man die DNA des Täters hat, diese aber nicht verwenden darf, um den Täter zu finden.» Nicht auszudenken sei, wenn der Täter sich an einem weiteren Opfer vergehen würde.
Unterstützung bekommt die Familie des Opfers von Strafrechtsprofessor und Zürcher Ständerat Daniel Jositsch. Er sieht dringenden Handlungsbedarf in der schweizerischen Gesetzgebung: «Die Strafverfolgungsbehörden sollen alle technischen Möglichkeiten zur Verfügung haben, die denkbar sind.» Jositsch widerspricht Datenschützern, welche in einer vertieften DNA-Analyse bei schweren Straftaten eine Schwächung des Datenschutzes sehen: «Damit öffnet man nur einen kleinen Spalt und zwar genau den, der notwendig ist um solche Täter zu finden.»
Strafbehörden könnten mit vertieften DNA-Datenanalysen ganze Datenbanken anlegen. Zudem könnten solche DNA-Analysen nicht nur für schwere Straftaten, sondern auch für Bagatelldelikte eingesetzt werden. Der interimistische Datenschutzbeauftragte des Bundes, Jean-Philipp Walter warnt: «Man muss im Gesetz klar definieren, in welchem Fall solche Analysen durchgeführt werden dürfen. Man muss auch die Rechte der betroffenen Person und die Kontrolle klar regeln.»
Der Vergewaltigungsfall von Emmen zeigt ein Dilemma der geltenden Gesetzgebung auf. Während eine Massen-DNA Untersuchungen bei über 300 unbescholtenen Männern zulässig sind, verbietet das Gesetz die vertiefte Analyse der sichergestellten DNA des Täters. Gleichzeitig werten die Fahnder Tausende von Mobiltelefondaten unbeteiligter Passanten aus. (kub)