Billig ist nicht gleich ungesund: Kassensturz hat Budget-Produkte unter die Lupe genommen
«Ist billig auch gleich minderwertig?» – dieser Frage ist die neuste Kassensturz-Sendung nachgegangen. So wurde ein Warenkorb aus Budget-Produkten mit ähnlichen Markenprodukten verglichen. Einen ersten Unterschied stellt das Kassensturz-Team bereits beim Preis fest.
In der Migros kostete der Budget-Warenkorb fast 38 Prozent weniger, im Coop konnten gar 51 Prozent des Preises der Vergleichsprodukte eingespart werden. Wie kann das sein?
Billig ist nicht gleich minderwertig
Die Sendung vergleicht etwa zwei Dosen-Ananas-Produkte aus dem Coop miteinander. Die Inhaltsstoffe und Nährwerte sind bei beiden gleich. «Im Produkt von Prix Garantie ist der Unterschied die Qualität der Ananas», sagt Coop-Sprecher Giovanni Iacomini zu SRF.
Damit gemeint ist aber nicht etwa, dass die Ananas aus der Prix-Garantie-Dose minderwertig ist. Sie habe einfach eine andere Farbe und die Verpackung sei ebenfalls unterschiedlich. Zum Öffnen der Prix-Garantie-Ananas braucht es einen Dosenöffner. Weiter sind Budget-Produkte meistens grösser dosiert. Sie sind also auch günstiger pro Volumen.
So wird bei Budget-Produkten gespart
Iacomini fasst zusammen: «Die Margen sind bei Prix Garantie geringer, dafür können wir bei der Verpackung, der Menge, dem Volumen und auch bei den Rezepturen sparen.»
Wie ein solcher Unterschied aussehen kann, erklärt Migros-Sprecher Tristan Cerf. So enthalten beispielsweise Tortelloni der Mittelpreisklasse 12 Prozent Ricotta. In den Tortelloni von M-Budget hingegen stecken nur 4,5 Prozent Ricotta. Das Budget-Produkt enthält dafür mehr Kartoffeln als Füllmaterial, diese sind günstiger.
Zudem stammen viele der Rohstoffe in Budget-Produkten aus dem Ausland. Fleisch aus Brasilien ist günstiger als aus dem Kanton Graubünden, auch ist Schweizer Zucker deutlich teurer als Glukose-Sirup aus Frankreich oder China.
Was das für die Gesundheit heisst
Doch sind solche Produkte auch weniger gesund? Ernährungsberaterin Séverine Chédel verneint im Kassensturz: «Man kann nicht generell sagen, dass die Billigprodukte weniger gesund sind.» Sie warnt aber davor, dass besonders bei hochverarbeiteten Produkten teilweise schlechte Inhaltsstoffe beigemischt werden können.
«Es ist wichtig, die Zutatenliste von Produkten genau zu lesen», rät Chédel. Dies gelte besonders für Nahrungsmittel, die wir täglich konsumieren.
Was sind hochverarbeitete Produkte?
Auch hier lässt sich aber nicht sagen, dass hochverarbeitete Produkte schlecht für die Gesundheit sind. Dies rührt auch daher, dass es keine gängige Definition für solche Lebensmittel gibt, wie Dr. Daniel Wefers, Professor für Lebensmittelchemie an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg, in einem Interview mit watson 2024 erklärte.
Die gängigste Klassifikation heisst NOVA. Hochverarbeitete Lebensmittel erhalten demnach den Überbegriff NOVA-4. Dabei wird aber nicht auf die Nährwertzusammensetzung geachtet, sondern darauf, ob «gewisse Zutaten vorhanden sind oder gewisse Prozesse durchgeführt wurden», so Wefers. Und weiter:
Mit dieser Definition fallen sehr viele Produkte unter NOVA-4. Genau hier liegt die Krux: In den meisten Studien werden die Gruppen untereinander verglichen, nicht die Produkte selbst. «Die Resultate bedeuten aber nichts anderes, als dass es in der NOVA-4-Gruppe proportional mehr ungesunde Lebensmittel gibt als in den anderen NOVA-Gruppen», so Wefers.
Wenn man jedoch genau hinschaut, sind es besonders zwei Gruppen innerhalb von NOVA-4, die tatsächlich negative gesundheitliche Effekte hervorrufen: Softdrinks und prozessiertes Fleisch. «Sie reissen die restlichen Lebensmittel innerhalb der NOVA-4-Gruppe mit hinunter», so der Experte. Hier das ausführliche Interview:
Das Fazit
Budget-Produkte sind also nicht per se weniger gut für die Gesundheit als solche aus der Mittelpreisklasse. Gespart wird hier an einer anderen Stelle: zum Beispiel bei der Menge, der Nachhaltigkeit und der Verpackung. Was letztlich ungesund ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Es gilt beim Einkauf also genau auf die Inhaltsstoffe zu schauen. (leo)
