Das Selbstbewusstsein ist zurück. Nachdem Bundesrat und SRG bei der Abstimmung über das neue Radio- und TV-Gesetz am 14. Juni mit 50,08 Ja-Anteil haarscharf an einer Niederlage vorbeischrammten, lässt Bundesrätin Doris Leuthard jetzt keine Zweifel mehr offen: An den Grundfesten der öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehstationen wird nicht gerüttelt. Selbst dann nicht, wenn der Bundesrat nächstes Jahr seinen mit Spannung erwarteten Bericht zur Zukunft des Service public veröffentlicht.
Die Landesregierung strebe mit dem Bericht «in erster Linie eine medienpolitische Diskussion über die inhaltlichen Bedürfnisse der Öffentlichkeit in Bezug auf den Service public» an, schreibt die Medienministerin in ihrer Antwort auf einen Vorstoss von SVP-Nationalrätin Natalie Rickli (ZH). Der finanzielle Spielraum der SRG habe sich nach den Inhalten zu richten: «Nicht umgekehrt.» Mit diesem Argument begründet Leuthard auch ihre Weigerung, eine Übersicht zu erstellen, wie das Angebot der SRG mit einem Budget von 1.336 Milliarden (Gebühren 2011), einer Milliarde, 668 Millionen (Gebühren 2011 halbiert) und 500 Millionen Franken aussehen könnte. Eine derartige Abbildung erschwere die Diskussion über die Inhalte, verlagere den Fokus auf die Höhe des SRG-Budgets und sei daher «nicht sinnvoll», so Leuthard.
Ebenfalls als «nicht sinnvoll» taxiert die Medienministerin ein Postulat ihres Parteikollegen Marco Romano: Der Nationalrat aus dem SRG-kritischen Kanton Tessin will wissen, wie man die Internetauftritte der SRG-Sender auf reine Audio- und Videotheken beschränken könnte, um so die Angebote der privaten Verlage zu schützen. Bundesrätin Leuthard findet, eine solche Darstellung im Service-public-Bericht enge die Diskussion zu stark ein. Die Portale der SRG seien zwar schwergewichtig auf Audio- und Video-Inhalte auszurichten. Doch ohne Textinhalte sei ein «attraktiver, nutzergerechter und konkurrenzfähiger» Auftritt nicht möglich.
Eine weitere negative Antwort kassiert der St.Galler SVP-Nationalrat Thomas Müller, der in einer Interpellation beanstandet, dass die SRG für politisches Lobbying einen jährlichen Betrag von knapp einer Viertelmillion Franken ausgibt und dafür unter anderem eine externe PR-Agentur engagiert.
Die Bundesrätin rechtfertigt die Ausgaben damit, dass die SRG als privates Unternehmen mit öffentlichem Auftrag regelmässig Gegenstand politischer Diskussionen sei. Vor diesem Hintergrund müsse diese die Möglichkeit haben, «mit Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft» in Kontakt zu treten.
Positiv äussert sich Leuthard nur zur Forderung nach Transparenz über die Kosten der einzelnen Sendungen und Sparten bei den öffentlich-rechtlichen Sendern nach dem Vorbild des deutschen ZDF. In der Antwort auf eine Motion des Berner FDP-Nationalrats Christian Wasserfallen zeigt sie sich bereit, in der neuen SRG-Konzession eine Berichterstattungspflicht einzubauen. Von einem Meinungs- oder gar Kurswechsel der Medienministerin zu sprechen, wäre jedoch vermessen: SRG-Geschäftsleitungsmitglied Ladina Heimgartner kündigte bereits im Juni bei einem Auftritt in der «Arena» an, die Zahlen im Lauf des Spätsommers offenzulegen.