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Versteckte Kamera in der Schweiz wieder erlaubt – Rüffel für die Schweiz

Heute wird der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Schweizer Journalisten wahrscheinlich ein Rechercheinstrument zurückgeben: Die verdeckte Recherche mit Kamera. 
Heute wird der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Schweizer Journalisten wahrscheinlich ein Rechercheinstrument zurückgeben: Die verdeckte Recherche mit Kamera. Bild: EPA
Schweiz verletzt Menschenrechte

Versteckte Kamera in der Schweiz wieder erlaubt – Rüffel für die Schweiz

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Urteil im Fall Schweizer Fernsehen gegen die Schweiz gefällt: Verdeckte Recherchen mit Filmaufnahmen sind wieder erlaubt. 
24.02.2015, 06:5524.02.2015, 14:21
Rafaela Roth
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte heisst die Beschwerde des Schweizer Fernsehens gut und rüffelt die Schweiz: Mit sechs gegen eine Stimme beschlossen die Richter, dass die Schweiz Artikel 10 der Menschenrechtskonvention, die Pressefreiheit und die freie Meinungsäusserung, verletzt hat. 

Damit ist verdeckte Recherche mittels Filmaufnahmen ab sofort wieder erlaubt in der Schweiz. 

Versicherungsberater mittels versteckter Kamera entlarvt

Am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stand heute das Urteil zu einem Fall an, welches die Journalisten der Schweiz seit mindestens sieben Jahren sehnlichst erwarteten.

Alles begann am 26. Februar 2003. Kassensturz-Journalistin Fiona Rut Strebel empfing verschiedene Versicherungsvertreter bei sich zu Hause und liess sich von ihnen beraten. En Vertreter lag  Nach dem Gespräch kam eine weitere Journalistin ins Zimmer und enthüllte einem Vertreter, dass zwei versteckte Kameras das eben geführte Gespräch aufgezeichnet, und seine Fehlberatung entlarvt hatten. 

Der Berater weigerte sich daraufhin, Stellung zu nehmen. Die kompromittierenden Aufnahmen aber wurden anonymisiert in der Sendung «Kassensturz» ausgestrahlt. Der Versicherungsberater reichte Klage ein. 

Obergericht und Bundesgericht gegen SRF

«Die schlechte Beratungsqualität hätte man auch anders zeigen können, die Journalisten verletzten die Privatsphäre des Vertreters», befand das Zürcher Obergericht und verurteilte den damaligen Chefredaktor des Schweizer Fernsehens, Ueli Haldimann, sowie den Leiter der Sendung «Kassensturz» und die beiden Journalistinnen zu Geldstrafen.

Doch die Journalisten liessen nicht locker und rekurrierten bis vor Bundesgericht. Dieses bestätigte 2008: «Versteckte Aufnahmen verstossen gegen die journalistischen Berufspflichten.»

Recherche in der Schweiz leidet

Damit wurde es in der Schweiz unmöglich, Missstände mittels versteckter Kameras aufzudecken. Das ist mittlerweile sieben Jahre her. Dominique Strebel, Studienleiter an der Journalistenschule MAZ und langjähriger Investigativ-Journalist kommentierte 2014 in der Onlinezeitschrift Infosperber: «Die Praxis des Bundesgerichts ist so restriktiv, dass die Recherchequalität in der Schweiz leidet oder zu leiden droht.»

Nun gibt es Lichtblicke am Recherchehorizont. Der drittinstanzlich verurteilte frühere SRF-Chefredaktor Ueli Haldimann sagt gegenüber watson: «Selbstverständlich rechne ich damit, dass das zuletzt vom Bundesgericht abgesegnete Urteil des Zürcher Obergerichts aufgehoben wird. Die Medienfreiheit als Teil der Meinungsäusserungsfreiheit wird vom Strassburger Gericht von jeher sehr hoch gewichtet.»

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