Schweiz
Medizin

Impfstatus nur aus medizinischer Sicht relevant bei Triage

Soll der Impfstatus bei der Triage eine Rolle spielen? SAMW: «Nur aus medizinischer Sicht»

10.12.2021, 21:2510.12.2021, 21:25
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Aus Sicht der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) darf der Covid-19-Impfstatus kein explizites Kriterium sein bei der Frage, wer bei zu wenig Kapazitäten noch einen Platz auf der Intensivstation bekommt und wer nicht. Aus medizinischer Sicht spiele der Impfstatus allerdings sehr wohl eine Rolle.

Bekanntermassen hat jemand, der nicht gegen Covid-19 geimpft ist, das höhere Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs. Falls es in einem Spital zu einer Triage-Entscheidung kommt, werde dieses unter anderem anhand der kurzfristigen Überlebensprognose der Patientinnen und Patienten getroffen, schreibt die SAMW.

Dabei würden de auch der erwartete Behandlungsaufwand und die Behandlungsdauer mit einbezogen. Ungeimpfte Covid-Kranke mit schwersten Verläufen haben gemäss SAMW unter diesem Aspekt daher schlechte Chancen auf eine intensivmedizinische Behandlung.

Die SAMW reagiert mit der Mitteilung auf einen offenen Brief von acht Krebs-Organisationen, die forderten, die Triage-Richtlinien zu überdenken. Krebspatientinnen und – Patienten hätten Angst, dass sie im Notfall oder bei einer planbaren, aber nötigen Operation bei einer Triage-Entscheidung aufgrund der «kurzfristigen Überlebensprognose» keinen Platz bekommen würden.

Diese Medikamente braucht ein Covid-Patient auf der Intensivstation

Video: watson/Emily Engkent

Das verneint die SAMW. Das Kriterium der kurzfristigen Überlebensprognose komme Krebspatienten im Triage-Fall in der Regel zu Gute. Wenn es bei ausserordentlicher Ressourcenknappheit so weit komme, dass eine schwerstkranke Person mit Krebs im Vergleich zu anderen IPS-Pflichtigen die schlechtere Überlebensprognose habe, erfolge eine Therapiezielumstellung auf palliative Behandlung.

Impfstatus kein Triage-Kriterium

Die SAMW weist zudem darauf hin, dass es auch eine Form von Triage sei, wenn planbare Eingriffe wegen der Überlastung in den Spitälern verschoben werden. Durch verschobene Eingriffe würden Behandlungen allenfalls aufwändiger und Heilungschancen kleiner.

Bei Ressourcenknappheit seien gemäss Richtlinien in erster Linie Behandlungen aufzuschieben, bei denen durch die zeitliche Verzögerung keine Verschlechterung der Prognose, keine irreversiblen Gesundheitsschädigungen oder kein vorzeitiger Tod zu erwarten seien.

Die Krebs-Organisationen forderten von der SAMW, zu prüfen, ob das Personal, wenn es zwischen zwei Patienten entscheiden muss, beispielsweise im Falle einer schweren Lungenentzündung, die Geimpften bevorzugt behandelt sollte. Die Organisationen gehen davon aus, dass dadurch auch die Impfbereitschaft erhöht würde.

Die SAMW lehnt dies entschieden ab. Zwar verstehe sie das Unverständnis gegenüber Ungeimpften, hielt sie fest. Es sei schwer auszuhalten, dass viele Menschen die Prävention vor einem schweren Krankheitsverlauf nicht nutzen und deshalb aufwändige Behandlungen und viele Ressourcen beanspruchten. Dennoch hält es die SAMW für ausgeschlossen, den Ungeimpften damit zu drohen, sie im Notfall nicht zu behandeln und sterben zu lassen.

Das Recht auf medizinische Versorgung sei ein Grundrecht. Dieses könne man nicht verlieren, auch nicht durch wissentlich riskantes Verhalten. (sda)

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99 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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lilas
10.12.2021 21:55registriert November 2015
"Das Recht auf medizinische Versorgung sei ein Grundrecht, Dieses könne man nicht verlieren, auch nicht durch wissentlich riskantes Verhalten."
Aber eben dieses Grundrecht werden viele verlieren, wenn die Kapazitäten nicht mehr reichen. Und es werden es auch Menschen verlieren die verantwortungsbewusst und sozial denkend gehandelt haben durch wissentlich riskantes Verhalten derer, die nicht verantwortungsvoll sondern egoistisch gehandelt haben. Solche die liberté schreien statt ihn zu trinken, ihren blöden Tee der Freiheit, auf Kosten der Gesundheit von anderen.
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HappyUster
10.12.2021 21:47registriert August 2020
Die Antwort der SAMW ist genug Klar: 2 gleich Schwerkranke werden eingeliefert. Es hat ein Bett frei, der mit der grösseren Überlebenschance erhält es.
Wohl zu 99% die geimpfte Person, da die Chancen und Kosten besser sind!
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dieBied
10.12.2021 21:53registriert Mai 2017
"Das Recht auf medizinische Versorgung sei ein Grundrecht". Ok, einverstanden. Nun haben wir ja aber die Situation, dass medizinische Versorgung nicht mehr für alle gewährleistet werden kann. Wer muss denn nun auf dieses Grundrecht verzichten? Irgendjemanden trifft es. Dass das Kriterium ungeimpft hier kategorisch abgelehnt wird, finde ich nicht in Ordnung.
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