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Containerdörfer für Asylsuchende – Räte sind sich uneins

Containerdörfer für Asylsuchende – Räte sind sich uneins

01.06.2023, 16:5201.06.2023, 16:52
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Der Nationalrat will 132.9 Millionen Franken für die Schaffung zusätzlicher Unterbringungsplätze für Asylsuchende zur Verfügung stellen. Er hat am Donnerstag einen Nachtragskredit gutgeheissen. Dieser soll es dem Bund ermöglichen, Containerdörfer auf Grundstücken der Armee zu bauen. Die grosse Kammer stellt sich mit dem Entscheid gegen den Ständerat.

Mit 99 zu 83 Stimmen bei vier Enthaltungen hiess der Nationalrat die zusätzlichen Ausgaben im Rahmen der Beratung der Nachtragskredite zum Voranschlag 2023 gut.

Der Ständerat hatte am Mittwoch seine Zustimmung zu dem Kredit verweigert. Er muss sich nun nochmals mit der Sache befassen.

Container mit Sanitaeren Anlagen in einem Zelt bei der ehemaligen Polizeikaserne die in den naechsten Tagen als temporaere Asyl-Unterkunft in Betrieb genommen wird, aufgenommen am Montag, 16. Januar 2 ...
Container mit sanitären Anlagen in einem Zelt bei der ehemaligen Polizeikaserne in Bern, die als temporäre Asyl-Unterkunft in Betrieb genommen wurde.Bild: keystone

Mehr Hilfe für die Ukraine

Der Bundesrat hatte die Gelder für die Containerdörfer im April im Rahmen einer Nachmeldung beantragt. Bereits Ende März hatte die Landesregierung zuvor die Genehmigung von insgesamt 16 Nachtragskrediten im Umfang von 433.8 Millionen Franken beantragt.

Die grössten Brocken sind dabei – unabhängig von der Frage der Containerdörfer – zusätzliche 166 Millionen Franken für den Asylbereich, 113 Millionen Franken für Hilfe an Notleidende in der Ukraine und der Republik Moldau sowie 87 Millionen für Abgeltungen im regionalen Personenverkehr.

Grundsatzkritik der SVP

Sandra Sollberger (SVP/BL) wehrte sich in der Debatte grundsätzlich gegen zusätzliche Ausgaben im Asylbereich. Nebst den Geldern für die Containerdörfer lehnte die SVP auch einen Nachtragskredit für den Betrieb der Bundesasylzentren und mehr Mittel für das Staatssekretariat für Migration (SEM) ab, die diesem den Abbau von Pendenzen ermöglichen sollen.

Anders als am Vortag im Ständerat gab es im Nationalrat keine separaten Abstimmungen über die ersten beiden Punkte. Das heutige Asylsystem sei gescheitert und müsse umgekrempelt werden, sagte Sollberger. Es kämen Migranten, die sich ein besseres Leben erhofften. Statt zusätzliche Kapazitäten brauche es mehr Rückübernahmeabkommen.

Roland Fischer (GLP/LU) zeigte sich dagegen erstaunt über den Entscheid des Ständerats zu den Containerdörfern. Die bestehenden Unterbringungsplätze in Zivilschutzanlagen müssten den Kantonen zur Verfügung stehen. Die gleiche Haltung verraten die Grünen.

Wolle man nicht einen Notstand im Falle einer Zunahme der Asylgesuche riskieren und das Problem auf die Kantone abschieben, brauche es den Nachtragskredit, betonte auch Ursula Schneider Schüttel (SP/FR) namens ihrer Fraktion.

Die FDP trug den Kredit für die Containerdörfer nicht mit. Zunächst müssten offene Fragen geklärt werden, etwa, was die Nutzung stillgelegter Anlagen der Armee angehe, sagte Fraktionssprecher Peter Schilliger (LU).

Mitte lässt sich Optionen offen

Die Mitte-Partei folgte offiziell dem Ja-Antrag der Mehrheit der Finanzkommission des Nationalrats. Fraktionssprecher Heinz Siegenthaler (BE) liess allerdings offen, wie sich seine Fraktion verhalten werde, wenn im Rahmen der Differenzbereinigung später separat über die Containerdörfer zu entscheiden sei.

Wie Schilliger monierte Siegenthaler, viele Fragen seien noch offen. Bei der entscheidenden Abstimmung gab es denn auch einzelne Nein-Stimmen aus den Reihen der Mitte-Fraktion.

Kein Nachkredit für Teuerungsausgleich

Mit einer Ausnahme folgte der Nationalrat dem Antrag der Landesregierung. Wie der Ständerat will er, dass der Bund den höheren Teuerungsausgleich für das Bundespersonal aus dem bestehenden Budget finanziert. Die kleine Kammer hatte es bereits am Mittwoch abgelehnt, dafür 31.2 Millionen Franken zu sprechen.

Ursprünglich war im Bundeshaushalt ein Teuerungsausgleich von 2.0 Prozent budgetiert, später beschloss der Bundesrat eine Erhöhung auf 2.5 Prozent. An der Erhöhung als solcher ändert der Entscheid des Parlaments nichts.

Anträge der Linken, in der Sache dem Bundesrat zu folgen, fanden in keinem der Räte eine Mehrheit. Anders als im Ständerat bekämpfte eine SVP-Kommissionsminderheit in der grossen Kammer auch die zusätzlichen Gelder für den regionalen Personenverkehr – allerdings ohne Erfolg. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag aus den Reihen der SVP, die zusätzliche Hilfe für die Ukraine aus bestehenden Mitteln für die Auslandshilfe zu finanzieren.

(yam/sda)

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