Die Ausschaffung einer Mutter und ihrer drei Kinder in Luzern sorgt für Kritik. War der Polizeieinsatz verhältnismässig?
Rund sechzehn Polizisten und Polizistinnen sollen am Morgen des 27. Mai eine Mutter und ihre drei kleinen Kinder aus einer Luzerner Asyl-Notunterkunft geholt und ausgeschafft haben, wie das Luzerner Newsportal zentralplus berichtet. Laut einer Zeugin wurden allen Bewohnenden die Handys abgenommen wurden, um Aufnahmen zu verhindern.
Das neun Monate alte Baby habe anschliessend während der ganzen Fahrt zum Flughafen Zürich durch geschrien. Die Mutter durfte es aber nicht beruhigen, wie der «Verein Migrant:innenparlament Luzern» in einer Medienmitteilung schreibt.
Seit zwei Jahren lebt die Familie in der Schweiz. Doch das Asylgesuch der Familie ist abgelehnt worden und die Familie muss in die Türkei zurückkehren. Der Sohn ist zehnjährig, die beiden anderen Kinder vierjährig und neun Monate alt und das älteste Kind und die Mutter sollen sich in psychologischer Behandlung befunden haben.
Wie «Zentralplus» berichtet, ist die Mutter nun wieder zurück in der Türkei – ohne ein Zuhause. Die junge Frau schilderte dem Newsportal auf Whatsapp, dass sie die Geschehnisse noch nicht verarbeitet habe.
Sie habe «sehr schlimme Dinge» erlebt. «Ich wurde mit Handschellen gefesselt.» Ihrem Sohn gehe es psychisch schlecht, so die Mutter weiter.
Die Polizei lässt die Frage, ob die Mutter gefesselt wurde, unbeantwortet.
Das «Migrant:innenparlament Luzern» hat am vergangenen Freitag zum Protest aufgerufen. Bei einer Kundgebung versammelten sich mehre Menschen vor dem Luzerner Amt für Migration. In der Medienmitteilung kritisieren sie vor allem die Vorgehensweise der Luzerner Polizei:
Der Verein forderte eine lückenlose Aufklärung, ein sofortiges Moratorium für Ausschaffungen von Familien mit minderjährigen Kindern sowie eine Überprüfung der Polizeipraxis im Umgang mit besonders schutzbedürftigen Personen.
Auf Anfrage von «zentralplus» bestätigt die Luzerner Polizei bestätigt den Einsatz im Auftrag des Amts für Migration. Bei Rückführungen gehe sie aber «verhältnismässig und situationsbedingt vor». Mehr Details äussert sie sich nicht.
Auch die Luzerner Regierung hält fest: Die Luzerner Polizei werde speziell geschult und wende Zwangsmittel wie Fesselungen bei Familien nur «sehr zurückhaltend» an. Nur in Ausnahmefällen, «wenn Gefahr für die Personen selber oder deren Umfeld besteht».
Das kantonale Justiz- und Sicherheitsdepartement unterstreicht in einer Stellungnahme den negativen Asylentscheid der Familie. Damit seien sämtliche rechtlichen Mittel ausgeschöpft. Weiter führt das Departement aus:
Wer nicht freiwillig ausreise, müsse damit rechnen, zwangsweise ausgeschafft zu werden. Das werde auch auch so kommuniziert.
Der Regierungsrat hebt hervor, dass der Kanton Luzern bei der Durchführung von Ausschaffungen an die geltenden nationalen und internationalen Rechtsvorgaben gebunden ist. Der Schutz der Menschenrechte sei durch gesetzliche Bestimmungen, internationale Übereinkommen sowie durch externe Überprüfungsinstanzen wie die Schweizerische Menschenrechtsinstitution oder die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter gewährleistet.
Ob jene Ausschaffungen menschenrechtskonform ablaufen, kontrolliert die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF).
Bei Ausschaffungen von Familien empfiehlt die Komission, dass Eltern vor den Augen ihrer Kinder nach Möglichkeit nicht gefesselt werden sollen. Ausserdem gilt die Empfehlung, eine für das Kindesinteresse zuständige Person zu bestimmen, beispielsweise durch eine soziale Begleitung.
Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) bemängelt, dass in den von ihr überprüften Fällen wiederholt bewaffnete und uniformierte Polizisten direkten Kontakt zu Kindern hatten – was auf diese einschüchternd und potenziell traumatisierend wirken könne. Dies widerspreche dem Kindeswohl, so die Kommission. Internationale Empfehlungen sehen vor, dass Begleitpersonen bei Ausschaffungen zivile Kleidung tragen und unbewaffnet sein sollen.
(les)
Wenn diese nicht eingehalten werden, müssen sie halt durchgesetzt werden.
Etwas vom normalsten das es gibt.