Es ist ein unrühmlicher Rekord: Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) zählte im vergangenen Jahr 1730 Vorfälle mit renitenten Passagieren an Bord Schweizer Fluggesellschaften wie Swiss, Edelweiss, Chair oder Helvetic Airways. Das sind 30 Prozent mehr als im Vorjahr und so viele wie noch nie.
Selbst im letzten Jahr vor der Coronapandemie, welche die Aviatik praktisch zum Stillstand brachte, lag die Zahl der so genannten Unruly Passengers «erst» bei 1357. Und das, obwohl das Vor-Krisen-Niveau im vergangenen Jahr noch nicht erreicht wurde. Sprich: Auch prozentual hat die Zahl der Meldungen zugenommen.
«Am häufigsten widersetzen sich Flugpassagiere den Anweisungen des Flugpersonals», sagt Bazl-Sprecher Christian Schubert. 432 Fälle wurden gemeldet, weil sich Passagiere beispielsweise nicht anschnallen wollten, sich weigerten, ihr Gepäck richtig zu verstauen, oder ihren Laptop auf Geheiss der Crew nicht ausschalten wollten.
An zweiter Stelle folgen verbale Entgleisungen von Fluggästen gegenüber den Flight Attendants (360 Meldungen), gefolgt vom Missachten des Rauchverbots (308) und dem exzessiven Alkoholkonsum oder dem Konsum von Drogen (201). In knapp 100 Situationen wandten die Flegel-Passagiere sogar Gewalt an.
Insgesamt hat das Bazl laut Schubert im vergangenen Jahr 142 Bussen ausgesprochen, in der Regel mit Beträgen zwischen 400 und 1000 Franken. Das zur Anwendung kommende Verwaltungsverfahren könne sich allerdings über Monate hinwegziehen, auch weil oftmals die korrekte Adresse der Rüpel fehle.
Auch bei der Swiss heisst es, dass die Unruly-Tendenz über die letzten zehn Jahre hinweg nach wie vor steigend sei, auch wenn bei der Lufthansa-Tochter 2024 kein Allzeithoch darstellte. Zwar sei die Zahl höher als im Jahr 2023 gewesen, aber tiefer als in den Jahren 2020 bis 2022. Wie viele Flugverbote sie im vergangenen Jahr ausgesprochen hat, sagt die Airline auf Anfrage nicht.
Swiss-Sprecher Mike Pelzer sagt, die Sicherheit an Bord habe zu jedem Zeitpunkt oberste Priorität.
Das Kabinenpersonal werde darin ausgebildet, unterschiedliche Situationen zu beurteilen, zuerst zu deeskalieren sowie Folgemassnahmen aufzugleisen, sollte die Deeskalation nicht auf Anhieb gelingen.
Tatsächlich war die Swiss mit einem besonders krassen Fall konfrontiert. Im Frühling musste eine Maschine der Lufthansa-Tochter von New York nach Zürich wegen eines renitenten Fluggastes die Reise sogar abbrechen.
Ein FBI-Report zeigte daraufhin im Herbst detailliert, wie skandalös sich der Passagier aufgeführt haben soll:
Demnach verliess der belgische Passagier David P. (Name geändert) kurz nach dem Start seinen Sitz und lief in Richtung einer Flugbegleiterin. Er griff ihr laut Report an die Brüste, schüttele die Frau und schrie sie an. Daraufhin liess er von ihr ab, lief nach vorne und versuchte, sich mit Fusstritten Zutritt zum Cockpit zu verschaffen.
Als ein Flight Attendant ihn davon abbringen wollte, griff der Passagier das Crew-Mitglied an, inklusive Faustschlägen. Gemeinsam konnten später mehrere Flugbegleiter den Passagier, für den die Unschuldsvermutung gilt, auf den Boden drücken. Nach der Landung in Newark wurde der Belgier von der Polizei abgeführt.
Nicht gefährlich, dafür ebenfalls ein Fall für die Statistik: Ende November amüsierte sich ein Passagier-Pärchen an Bord eines Swiss-Flugs von Bangkok nach Zürich in der Flugzeugküche mit Oralsex. Ein Crew-Mitglied filmte die Szene über einen Monitor – das Video verbreitete sich darauf unter Angestellten und fand den Weg auch an die Öffentlichkeit (CH Media berichtete).
Ryanair will den Rüpel-Passagieren einen Riegel schieben. Schliesslich kosten besonders schwere Fälle, die zu Flugabbrüchen führen, die Airlines viel Geld. Die irische Billig-Airline fordert deshalb von der EU, dass Passagiere an Flughäfen nur noch zwei alkoholische Getränke trinken dürfen sollen, wie das Branchenportal Simple Flying berichtet.
Es sei Zeit, dass die EU-Behörden Massnahmen ergriffen, fordert Ryanair in einer offiziellen Stellungnahme. «Dies würde zu einem sichereren und besseren Passagierverhalten an Bord des Flugzeugs führen.»
Im Sommer hatte sich Ryanair-Chef Michael O'Leary gegenüber BBC über die gewalttätigen Fluggäste beschwert. Wöchentlich käme es zu Zwischenfällen aufgrund von Alkohol- und Drogenkonsum. Für Airline-Angestellte sei es schwierig, die betrunkenen Passagiere vor dem Boarding ausfindig zu machen. Leidtragende seien die Crew-Mitglieder und die anderen Fluggäste.
Laut dem Airline-Verband Iata mit Sitz in Genf kam es im Jahr 2023 auf jedem 480. Flug zu einem Zwischenfall mit einem Unruly Passenger. Ein Jahr zuvor geschah dies nur auf einem von 568 Flügen. (aargauerzeitung.ch)
Noch vor 20 Jahren hat man sich auch in der Economy korrekt gekleidet.
Heute kann man Dude-mässig unrasiert und ungeduscht in Badeschlarpen und Morgenrock aufkreuzen - der Drink ist eh schon fest im Programm.
Selbst in der Metro der Grossstädte herrscht mehr Style und Sitte.