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Luftfahrt

FBI-Bericht beschreibt Horror-Passagier an Bord der Swiss

Schläge und sexueller Übergriff: FBI-Bericht beschreibt Horror-Passagier an Bord der Swiss

Im Frühling musste eine Swiss-Maschine von New York nach Zürich wegen eines renitenten Fluggastes die Reise abbrechen. Nun zeigt ein Report detailliert, wie skandalös sich der Passagier aufgeführt haben soll.
07.11.2024, 12:10
Benjamin Weinmann / ch media
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Es war ein Sonntagabend. Wie jeden Tag stand auf der Abflugliste des Flughafens Newark um 21.55 Uhr die Bezeichnung LX19. Es ist die Verbindung der Swiss von New York nach Zürich. Doch weder die Crew noch die 236 Passagiere sollten am 31. März dieses Jahres ahnen, dass ihr Flug kurz nach dem Start wieder am Abflugort enden würde.

ARCHIVBILD ZUR MELDUNG, DASS DIE SWISS DEN FLUGBETRIEB IN GENF BIS ENDE FEBRUAR AUF EIN MINIMUM REDUZIERT, AM MONTAG, 1. FEBRUAR 2021 - An aircraft Airbus A220-300 (HB-JCS) of Swiss International Air  ...
An Bord der Airbus-Maschine der Swiss von Newark nach Zürich befand sich am 31. März ein renitenter Passagier, dessen Handlungen die Cockpit-Crew zur Umkehr nach Newark zwangen.Bild: keystone

Grund dafür war ein renitenter Passagier an Bord. Verschiedene Medien berichteten, dass die Maschine zum Startflughafen zurückkehren musste und der Fluggast verhaftet wurde.

Nun sind Details des Vorfalls bekannt. Denn die zuständige Justizbehörde, die Staatsanwaltschaft von New Jersey, hat vor kurzem einen Bericht veröffentlicht, gestützt auf Untersuchungen eines FBI-Agenten. Demnach sah der Ablauf wie folgt aus.

Passagier wollte ins Cockpit

Kurz nach Start verliess der belgische Passagier David P. (Name geändert) seinen Sitz und lief in Richtung einer Flugbegleiterin. Der 43-Jährige griff laut Report ihre Brüste mit beiden Händen. Dann schüttelte er die Frau und schrie sie an.

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Das Federal Bureau of Investigation (FBI) hat den Vorfall an Bord des Swiss-Flugs untersucht.Bild: EPA/EPA FILE

Die Kabinenangestellte konnte sich loslösen, ging in die Knie und rief ihre Teammitglieder um Hilfe. Kurz darauf marschierte David P. nach vorne, schlug immer wieder gegen die Cockpit-Tür und versuchte, sich Zutritt ins Cockpit zu verschaffen. Auch trat er mit den Füssen auf die Türe ein und warf sogar seinen ganzen Körper dagegen. Währenddessen fluchte er und schrie die Piloten an, sie sollen ihn hineinlassen.

Daraufhin näherte sich ein Mitglied der Kabinencrew dem aggressiven Passagier. David P. drehte sich nach einer kurzen Zeit zu ihm um und griff den Swiss-Flight-Attendant an. Er schlug und kickte diesen mehrmals. Dabei schlug er ihm mit der Faust ans Kinn und gegen die Schulter.

Passagier äusserte Morddrohungen

Während dieser Attacke konnte ein anderer Flugbegleiter per Durchsage um Hilfe rufen. Diesem Ruf folgten die Teammitglieder. Sie konnten in der Folge David P. auf den Boden drücken. Der Erste Offizier entschied sich in der Folge, den Flug nach Zürich abzubrechen und nach Newark zurückzufliegen.

David P. blieb bis zur Landung auf dem Boden, wo ihn die Mitglieder der Kabinencrew festhielten. Die Zeit bis dahin dürfte der Besatzung und den Passagieren ewig vorgekommen sein. Denn laut des FBI-Berichts versuchte David P. weiterhin die Flight Attendants anzugreifen. Er fluchte, schrie, spuckte und versuchte sie zu beissen. Zudem drohte er sie umzubringen.

Swiss-Crew swiss airline
Das Kabinenpersonal von Airlines wird für den Umgang mit renitenten Passagieren geschult – doch nicht immer ist die Deeskalation erfolgreich.Bild: Keystone

Nach der Landung in Newark wurde der Belgier von der Polizei abgeführt. Der von ihm mit den Fäusten attackierte Flight Attendant wurde zur Behandlung seiner Verletzungen in ein Spital gebracht.

Derzeit auf freiem Fuss

David P. ist in drei Punkten angeklagt: Belästigung von Kabinenpersonal durch Körperverletzung oder Einschüchterung, Körperverletzung und missbräuchlicher, sexueller Kontakt während eines Flugs. Nach einer Anhörung vor Gericht wurde er vor einigen Tagen gegen eine Kaution von 100'000 Dollar aus der Haft entlassen.

Für den ersten Anklagepunkt drohen dem Belgier eine Gefängnisstrafe von bis zu 20 Jahren und eine Busse von maximal einer Viertelmillion Dollar. Für den zweiten Punkt, die Körperverletzung, könnte ein weiteres Gefängnisjahr dazukommen sowie ein Strafgeld von 100'000 Dollar. Und bei einer Verurteilung beim dritten Punkt werden bis zu zwei Jahre hinter Gitter und ebenfalls eine Viertelmillion Dollar fällig. Laut der US-Staatsanwaltschaft handelt es sich bisher bloss um Anklagepunkte. Für David P. gilt die Unschuldsvermutung.

Swiss-Sprecher Michael Stief sagt auf Anfrage, dass der angegriffene Kabinenangestellte nur leicht verletzt wurde und kurz nach dem Vorfall mit der restlichen Crew zurück in die Schweiz reisen konnte. «Wir nehmen derartige Ereignisse sehr ernst und lassen unsere Besatzungen mit dem Erlebten nicht alleine.» Man stehe in engem Kontakt mit der gesamten Crew und biete auch Gespräche mit geschulten Expertinnen und Experten an.

Weltweit mehr Rüpel-Passagiere

Ein derart krasser Fall wie er sich an Bord des Flugs LX19 zugetragen hat, sei die Ausnahme, sagt Stief. Selbst habe man keine rechtlichen Schritte eingeleitet. «Wir arbeiten jedoch eng mit den Behörden zusammen, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern.»

Flight attendant wearing a protective face mask speaks with passengers in an airplane of Bulgaria Air between Sofia in Bulgaria and Zuerich in Switzerland (Flughafen Zuerich) during the coronavirus di ...
Während der Corona-Krise betraf ein Grossteil der «Unruly Passenger»-Vorfälle das Nichteinhalten der Maskenregeln an Bord.Bild: keystone

Laut dem Bundesamt für Zivilluftfahrt kam es im vergangenen Jahr zu 1347 Zwischenfällen bei Fluggesellschaften mit Sitz in der Schweiz wie der Swiss, Edelweiss oder Helvetic (CH Media berichtete). Das waren fast genauso viele Fälle wie im Vorjahr. 2022 war die Aviatik allerdings noch massiv von den Folgen der Coronapandemie geprägt, die Anzahl Flüge war deutlich geringer. Insofern nahm der prozentuale Anteil der Flugzeug-Flegel im Vergleich zum Passagiertotal ab.

2023 standen auf der Negativ-Hitliste die Ursachen «Nichtbefolgen der Anweisungen des Kabinenpersonals» sowie «verbal abuse», also verbale Entgleisungen. «Oftmals ist Alkohol im Spiel, zunehmend selbst mitgebrachter, es wird auf den Bordtoiletten geraucht oder gegen die Gurtanschnallpflicht verstossen», sagte Bazl-Sprecher Christian Schubert zuletzt gegenüber CH Media. Auffällig sei zudem die Zunahme an Fällen, bei denen die Crew die Polizei rufen musste. Und: «Unflätiges Verhalten an Bord hat in der Regel ein Strafverfahren zur Folge, und die Bussen sind in jedem Fall empfindlich.»

Weltweit hingegen nahm die Zahl der sogenannten «unruly passengers» 2023 auch prozentual zu. Laut dem Airline-Branchenverband Iata mit Sitz in Genf war im vergangenen Jahr auf jedem 480. Flug ein Rüpel-Passagier an Bord, 2022 nur auf jedem 568. (aargauerzeitung.ch)

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41 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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gp@7
07.11.2024 12:47registriert September 2023
Er sollte die Chance nutzen und in die Politik gehen, ich bin mir sicher viele Leute würden ihn wählen.
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Magnum
07.11.2024 14:02registriert Februar 2015
Positiv an dieser Geschichte sind eigentlich nur zwei Dinge: Dass der Flieger sicher zum Abflugort zurückkehren und landen konnte. Und dass dieser komplete Assi von einem Passagier 7 Monate in U-Haft schmoren musste.
Möge der Kerl für lange Zeit auf einer Flugverbotsliste stehen - solche Typen braucht niemand im Flieger.
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gp@7
07.11.2024 12:57registriert September 2023
In den USA suchen sie bald einen neuen Verkehrsminister. Ich bin zwar kein Recruiter aber ich denke der Posten würde perfekt passen.
¯\_(ツ)_/¯
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