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Parlament ist gegen Beitritt der Schweiz zu Uno-Migrationspakt

Parlamentarier debattieren waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 12. Dezember 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Die Bundesversammlung «unterstützt» es, dass die Schweiz dem Pakt nicht zustimmt.Bild: keystone

Parlament ist gegen Beitritt der Schweiz zu Uno-Migrationspakt

12.12.2024, 10:1212.12.2024, 11:05
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Die Schweiz soll dem 2018 verabschiedeten Uno-Migrationspakt nicht beitreten. Dafür hat sich nach dem Ständerat auch der Nationalrat ausgesprochen. Mit 124 zu 66 Stimmen genehmigte die grosse Kammer am Donnerstag einen entsprechenden Bundesbeschluss.

Ihm zufolge nimmt nun die Bundesversammlung einfach Kenntnis von den Leitprinzipien des Pakts. Die eidgenössischen Räte sprechen sich auch für die Unterstützung internationaler Migrationszusammenarbeit aus.

Die Bundesversammlung «unterstützt» aber, dass die Schweiz dem Uno-Migrationspakt nicht zustimmt und sich - bei Abstimmungen über den Pakt in den Uno-Gremien - der Stimme enthält.

Der Uno-Migrationspakt gilt als rechtlich nicht verbindlicher Handlungsrahmen, durch den kein innenpolitischer Handlungsbedarf entsteht und für dessen Unterzeichnung der Bundesrat zuständig ist.

Der Uno-Migrationspakt hält Massnahmen fest, um die Migration grenzüberschreitend zu ordnen. Dabei geht es unter anderem um die Hilfe in den Herkunftsländern von Migranten, um deren Rechte, aber auch um die Sicherung von Grenzen und die Bekämpfung von Schlepperbanden.

Umstrittene Frage der Verbindlichkeit

Mit seinem Entscheid folgte der Nationalrat einem Antrag der vorberatenen Staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK-N). Gegen den Beitritt brachte Kommissionssprecher Christian Wasserfallen (FDP/BE) vor, der Pakt werfe sozusagen alle Migrationsströme in einen Topf.

Christian Wasserfallen, FDP-BE, spricht waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 12. Dezember 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Gegen den Beitritt brachte Kommissionssprecher Christian Wasserfallen vor, der Pakt werfe alle Migrationsströme in einen Topf.Bild: keystone

Er stipuliere, dass an der Grenze alle Migrantinnen und Migranten die gleichen Rechte hätten. Das sei aber nicht so: Die Schweiz unterscheide zwischen Personenfreizügigkeit, Asylmigration und Drittstaatenmigration, beispielsweise von Arbeitnehmenden aus den USA. Der Schweiz werde das Korsett - namentlich bei der Arbeitsmigration - durch den Pakt enger geschnallt.

Der Pakt schreibe den europäischen Staaten vor, was sie zu tun hätten, sagte Gerhard Pfister (ZG) namens der Mitte-Fraktion. «Das halten wir für falsch.» Der Bundesbeschluss gebe nun dem Bundesrat zwei Stützen, so Pfister.

Es sei naiv, an die Unverbindlichkeit des Pakts zu glauben, sagte Gregor Rutz (ZH) namens der SVP-Fraktion: «Wenn man etwas unterschreibt, hält man sich daran.» Beat Flach (GLP/AG) hingegen betonte, die Staaten könnten gemäss dem Pakt weiterhin zwischen regulärer und irregulärer Migration unterscheiden. Er respektiere die Souveränität der Staaten.

Gregor Rutz, SVP-ZH, spricht waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 12. Dezember 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Es sei naiv, an die Unverbindlichkeit des Pakts zu glauben, sagte Gregor Rutz.Bild: keystone

Samira Marti (BL) sagte im Namen der SP-Fraktion, eine Nichtunterzeichnung verhindere vermutlich den Abschluss von neuen Migrationsabkommen. Greta Gysin (TI) führte im Namen der Grünen aus, die Unterzeichnung des Pakts wäre ein pragmatischer Schritt hin zu mehr Zusammenarbeit in diesem Bereich.

Cassis: «Nützliches Instrument»

Die Landesregierung wollte den Pakt eigentlich schon 2018 unterzeichnen, verzichtete aber darauf, weil das Parlament Mitsprache verlangte. In der Folge verschoben die eidgenössischen Räte die Behandlung eines Bundesbeschlusses über den Pakt zwei Mal. Im September dieses Jahres sagte dann der Ständerat Nein.

Aussenminister Ignazio Cassis sagte am Donnerstag, der Bundesrat betrachte den Pakt als nützliches Instrument im Umgang mit Migrationsströmen. Im Ständerat hatte Cassis im September festgehalten, der Pakt könne Gespräche mit Herkunftsländern von Migranten erleichtern, da er eine «gemeinsame Sprache» bringe.

Bundesrat Ignazio Cassis spricht waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 12. Dezember 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Aussenminister Ignazio Cassis sagte, der Bundesrat betrachte den Pakt als nützliches Instrument im Umgang mit Migrationsströmen.Bild: keystone

Natürlich könne die Schweiz auch ohne Zustimmung zum Migrationspakt mit Herkunftsländern sprechen. Aber es gehe auch um Glaubwürdigkeit, wenn die Schweiz etwa mit Staaten wie Marokko, Sri Lanka oder Tunesien zusammenarbeite. Diese Länder hätten dem Migrationspakt zugestimmt und bekannten sich zum Beispiel mit Ziel 21 des Paktes dazu, ihre Staatsangehörigen wieder aufzunehmen.

Zwei Minderheitsanträge abgelehnt

Abgelehnt wurden im Nationalrat zwei Minderheitsanträge: Einer von SVP-Ratsmitgliedern, gemäss welchem sich die Bundesversammlung auch gegen die Leitprinzipien und Ziele des Pakts aussprechen sollte. Die SVP-Fraktion lehnte dann den Bundesbeschluss auch in der Gesamtabstimmung ab.

Keinen Erfolg hatte auch eine Grünen-SP-GLP-Koalition, welche beantragte, die Schweiz sollte insbesondere im Sinne eines aussenpolitischen Zeichens den Pakt unterzeichnen. Sie war damit auf der Linie des Bundesrats. (sda)

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