Für den Schweizer Pharmariesen Roche ist der US-Markt ein lebenswichtiges Geschäft. Den beträchtlichen «Fussabdruck» in den Vereinigten Staaten machte Roche-Chef Thomas Schinecker am Donnerstag bei der Präsentation der Jahreszahlen deutlich. Roche beschäftigt dort 26'000 Angestellte, fast doppelt so viele wie in der Schweiz. In Amerika generiert der Konzern rund die Hälfte seines Umsatzes mit Medikamenten. Nebenbei ist Roche in den USA ein wichtiger Steuerzahler.
Angesichts dieser Zahlen sieht der Roche-Chef der neuen US-Administration gelassen entgegen. Donald Trump werde Big Pharma nicht mit seiner erratischen Politik behelligen, die Branche sei schlicht zu wichtig, so lautet die Hoffnung. «Auch Trump ist sehr auf das Wirtschaftswachstum bedacht», sagt Schinecker. «Und die Pharma ist eine der führenden Industrien, um dieses Ziel zu erreichen.»
Der Roche-CEO verwies daneben auf Trumps erste Amtszeit, in der dieser bereits eng mit der Industrie zusammengearbeitet habe. Damals wütete die Covid-Pandemie. Donald Trump war daran interessiert, rasch Tests und Medikamente gegen das Virus präsentieren zu können. Beides lieferte Roche. «Der US-Präsident lobte uns damals für unsere Arbeit», so Schinecker.
An einer Konferenz in San Francisco zeigten sich die Chefs von Big Pharma bereits ähnlich optimistisch für die kommende Amtszeit. Pfizer-Chef Albert Bourla hatte dort gemäss CNBC festgestellt: «Ich denke, die Möglichkeiten überwiegen die Risiken.» Dabei schielt die Branche vor allem darauf, dass der Republikaner gewisse ungeliebte Biden-Pläne zu Medikamentenkosten wieder kippen könnte.
Wie viel Trump tatsächlich an der Branche liegt, wird sich noch herausstellen. Der neue US-Präsident wartet täglich mit Entscheidungen auf, die nicht nur konzeptlos wirken, sondern auch hart an der Legalität kratzen.
Kürzlich versuchte Trump Billionen an Regierungsgeldern einzufrieren, darunter Mittel für das staatliche Gesundheitsprogramm Medicaid. Zudem setzt Trump mit Robert F. Kennedy Jr. auf einen Gesundheitsminister, der als vehementer Kritiker der Pharmaindustrie auftritt. Er behauptete jüngst erneut faktenwidrig, dass Aluminium in Impfungen Allergien auslösen könne. Zudem möchte Kennedy die wichtige Arzneimittelbehörde FDA umbauen, um den dort angeblich verbreiteten Einfluss von Big Pharma zurückzudrängen. Den FDA-Angestellten empfahl Kennedy bereits: «1. Behalten Sie Ihre Aufzeichnungen. 2. Packen Sie Ihre Sachen.»
Der Optimismus des Roche-Chefs speist sich aus einem Geschäftsjahr, das er am Donnerstag vor den Medien als «stark» bezeichnete. Die Umsätze wuchsen zu konstanten Wechselkursen um 7 Prozent auf 60,5 Milliarden Franken. Der Gewinn betrug 9,2 Milliarden Franken. Doch der Betrag hätte höher ausfallen können, hätte Roche nicht bei zwei Zukäufen schmerzhafte Wertberichtigungen machen müssen. Beim Datenspezialisten Flatiron musste Roche 1 Milliarde (vom Kaufpreis 1,5 Milliarden) abschreiben. Bei der Gentechnik-Firma Spark Therapeutics waren es 2,1 Milliarden (von einem Kaufpreis von 4,66 Milliarden Franken).
Trotz dieser Missgriffe sieht der Roche-Chef keine Hindernisse für weiteres Wachstum. Andere Zukäufe entwickeln sich wie gewünscht, etwa der Übergewichtsspezialist Carmot. Das Unternehmen hatte Roche letztes Jahr für 2,9 Milliarden Dollar erworben, um im Rennen um die nächste Generation der sogenannten Fettweg-Spritzen mitzuhalten. Derzeit tüftelt Roche an Spritzen, Pillen sowie an Kombinationspräparaten. Vor allem Letzteres wäre ein Durchbruch, weil es Patienten nicht nur den Gewichtsverlust ermöglicht, sondern auch deren Muskeln erhält. Der Jo-Jo-Effekt wäre besiegt. Im Moment läuft mit diesem Molekül eine Phase-2-Studie.
Das Marktpotenzial bis Ende des Jahrzehnts bezifferte Schinecker auf 80 bis 120 Milliarden Dollar. Es könnte noch weiter wachsen, weil neue Forschung immer weitere Leiden identifiziert, die durch die Spritzen bekämpft werden können, sogar Alzheimer oder Parkinson. Nur ist Roche längst nicht allein im Rennen. Novo Nordisk und Eli Lilly arbeiten ebenfalls unter Hochdruck. Um keine Zeit zu verlieren, hat Roche deshalb mehr Ressourcen für die Fettweg-Forschung freigemacht. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll ein Abnehmmittel aus Basel vorliegen. Der zuständige Roche-Manager Manu Chakravarthy sagte im Gespräch mit dieser Zeitung: «Ich bin zuversichtlich, dass wir unser Ziel erreichen. Und vielleicht schaffen wir es sogar früher.»
Andererseits: Die halbe Welt scheint sich derzeit ja nach der Maxime "Ja, es sieht im Moment nicht gut aus, aber wenn wir den Kopf noch etwas tiefer in den Sand stecken, dann kommt's am Ende garantiert doch noch gut" zu richten. Zumindest in diesem Sinne liegt man mit "auf Trump hoffen" voll im Trend.
Glauben die echt ernsthaft, Trump würde Ihnen beistehen, wenn es zur Krise kommt?
Trump würde sogar seine eigenen Kinder vor den Zug stoßen, wenn ihm das auch nur den kleinsten Vorteil bringt.
Naiver Opportunismus ist echt nicht ernst zu nehmen.