Schweiz
Review

Chefökonom in SRF-«Arena»: «Bankenkrisen kann man nicht weg regulieren»

Klaus Wellershoff, ist der ehemalige Chefökonom des Schweizer Bankvereins. Seiner Meinung nach kann man mit stärkeren Regulierungen keine Krisen entgegenwirken.
Klaus Wellershoff ist der ehemalige Chefökonom des Schweizer Bankvereins. Seiner Meinung nach kann man mit stärkeren Regulierungen keinen Krisen entgegenwirken.Bild: watson
Review

Chefökonom in «Arena» über Credit Suisse: «Bankenkrisen kann man nicht weg regulieren»

In der «Arena» diskutierten eine SP-Politikerin, ein SVP-Politiker und zwei Chefökonomen über die Credit Suisse. Eigentlich waren sich die Diskussionsteilnehmer bei vielen Themen einig – dennoch fiel man sich regelmässig ins Wort.
18.03.2023, 02:0118.03.2023, 17:00
Folge mir
Mehr «Schweiz»

Die Credit Suisse, das Sorgenkind des Schweizer Finanzplatzes, war am Freitagabend Thema der «Arena». Dies entschied die Reaktion aufgrund der drängenden offenen Fragen kurzfristig. Im Studio zu Gast waren:

  • Céline Widmer, Nationalrätin SP/ZH
  • Klaus Wellershoff, ehemaliger Chefökonom Schweizer Bankverein, ehemaliger Chefökonom UBS
  • Daniel Lampart, Chefökonom Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB
  • Thomas Matter, Nationalrat SVP/ZH, Bankunternehmer

Das Thema einen Tag vor Sendetermin von der Energiekrise auf die Krise der CS abzuändern, erscheint als sinnvoll. Denn die Emotionen der Gäste kochten aufgrund der Aktualität und Relevanz des Themas hoch. Die Argumente sprudelten nur so aus ihnen hervor.

Doch von Anfang an: Die Sendung begann harmonisch. Verdächtig harmonisch.

Einigkeit zu Beginn der Sendung

Alle Gäste waren sich zu Beginn einig: Der Sinkflug, auf dem sich die CS nach dem Konkurs der Silicon Valley Bank befindet, sei besorgniserregend und man müsse die Situation dringend genau analysieren.

Auch über den Punkt, dass das ehemalige Topmanagement der Bank die Hauptschuld an den aktuellen Problemen der CS trage, herrschte bei allen Diskussionsteilnehmenden Einigkeit.

Doch wie kann der Schweizer Finanzplatz grössere Schäden abwehren? Wie sollen die Regierung und das Parlament weiterverfahren? Bei diesen essenziellen Fragen schieden sich die Geister.

Ewiger Streit über die Regulierungen

Die linke Seite pochte darauf, dass der Finanzmarkt strenger reguliert werden müsse, die vorherrschenden Anreize seien falsch und das aktuelle System sei nicht nachhaltig.

Der Streit darüber, ob der Markt genügend reguliert sei oder nicht, kam während der 70-minütigen Sendung regelmässig – gefühlt alle fünf Minuten – auf.

Klaus Wellershoff, der ehemalige Chefökonom Schweizer Bankverein, der sich zur rechten Seite des Moderators befindet, hatte zur stärkeren Regulierung, welche die linke Seite forderte, eine klare Meinung: «Bankenkrisen sind nichts, was man weg regulieren kann.»

Und noch einer wollte von einer stärkeren Regulierung nichts wissen: der SVP-Nationalrat Thomas Matter. Er sagte, dass der amerikanische Finanzmarkt der am stärksten regulierte Markt der Welt sei, und doch würden die Krisen immer dort beginnen. Er schlussfolgerte: «Wenn ein Mitarbeiter kriminell ist, kann man noch so stark regulieren, es kann immer etwas passieren.»

Matter will keine stärkere Regulierung

Video: watson

Bonizahlungen sorgen für Aufruhr

Ein weiteres Anliegen der linken Seite: Die Boni müssen weg – oder zumindest grundlegend überdacht und deren System umstrukturiert werden.

Lampart ist der festen Überzeugung, dass die ehemaligen Topmanager ein Boni-System geschaffen hätten, von dem die normalen Mitarbeitenden nicht profitieren würden. Aber die Manager selbst hätten einen riesigen Profit daraus geschlagen und eine «Unkultur» geschaffen. Er kritisierte dieses Boni-System, welches auf zu viel Risiko ausgelegt sei, scharf und sagt: «Wenn man keine Verantwortung wahrnimmt, dann wird man reguliert.»

«Die meisten Mitarbeiter haben wenig Bonus»

Video: watson

Matter hört Lampart aufmerksam zu, möchte ihm sogar teilweise zustimmen und sagt: «Ich verurteile das auch. Aber es ist nicht die Sache des Staates ...» Da fällt ihm Lampart mehrmals ins Wort.

Matter verdreht die Augen und verlässt sein Pult. Anscheinend möchte er damit symbolisieren, dass Lampart ihn doch nun endlich ausreden lassen soll. Die Szene hat eine gewisse Situationskomik. Matter schmunzelt – Lampart ebenso.

Der Moderator Mario Grossniklaus interveniert und sagt: «Herr Matter! Kommen Sie zurück!» Grossniklaus ermahnt die vier, dass sie sich nun endlich ausreden lassen müssten, sonst funktioniere das nicht.

Matters Abgang sorgt für Situationskomik

Video: watson

Die Situation entspannt sich wieder. Vor allem eine bringt Ruhe in die Runde: SP-Nationalrätin Céline Widmer.

Auch sie hat eine klare Haltung zu dem Boni-System. Sie erklärt, dass man bei systemrelevanten Banken die Zahlung von exorbitanten Boni unbedingt verhindern müsse – idealerweise gesetzgeberisch.

Widmer entschärft Situation

Video: watson

Bei den Boni waren sich eigentlich wieder alle einig: Es könne nicht sein, dass Manager von systemrelevanten Banken dermassen hohe Boni-Beträge erhalten, denn so würden die Banken längerfristig gefährdet.

Dennoch gerieten die Diskussionsteilnehmer auch im weiteren Verlauf der Sendung – meist wegen der unterschiedlichen Regulierungsansätze – immer wieder aneinander.

Am Ende der Sendung stellte Widmer nochmals die brennenden Fragen, die alle Diskussionsteilnehmenden noch haben, ins Zentrum: «Wir müssen genau analysieren, wir haben alle viele Fragen. Wir sind jetzt da, wo wir sind, und wir müssen schauen, wie wir das verbessern können», so Widmer.

Zu diesen «vielen Fragen» gibt es aktuell noch keine Antworten, sie müssen grundlegend aufgearbeitet werden. Aber mit der Diskussion in der «Arena» wurde zumindest klar, wie sich die SP und SVP – vor allem hinsichtlich einer stärkeren Regulierung des Finanzplatzes Schweiz – positionieren.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die CS-Chefs
1 / 14
Die CS-Chefs
Am Anfang war der Eisenbahn- und Gotthard-Pionier: Am 16. Juli 1856 nimmt die von Alfred Escher gegründete Schweizerische Kreditanstalt (SKA), Vorgängerin der heutigen Credit Suisse, ihre Geschäftstätigkeit auf. Der Politiker und Wirtschaftsführer leitete die SKA als erster Verwaltungsratspräsident von 1856-1877 und von 1880-1882.
quelle: alfred-escher-stiftung / alfred-escher-stiftung
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Was gerade mit den Banken in den USA abgeht und was das für die Schweiz bedeutet
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
99 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
SBRUN
18.03.2023 07:08registriert September 2019
Was ich nicht verstehe, ist dass man die extrem schwankenden Kurse bei solchen Rettungsaktionen voll den Heuschrecken zum zocken überlässt und nicht zumindest versucht, mit einer anständigen Sperrfrist bei Neuerwerb von Aktien der ganzen Zockerei Einhalt zu gebieten.
796
Melden
Zum Kommentar
avatar
Restrealität
18.03.2023 06:37registriert Mai 2018
Es sind genau diejenigen, die freie Marktwirtschaft schreien, aber vom Steuerzahler gerettet werden müssen. Ein Konkurs wäre nur das Richtige.
9323
Melden
Zum Kommentar
avatar
N. Y. P.
18.03.2023 05:59registriert August 2018
Wieso eiern wir eigentlich noch lange mit der Credit Suisse herum. Lasst sie in Konkurs gehen.

Genau für solche Fälle wurde das «Too big to fail»-Regime gemacht. Eine einzelne Bank muss in Konkurs gehen können.

Der Grund des Konkurses: Kriminelle Energie der Blutsaugerbanker.

Sie spekulieren mit Milliarden, haben aber offensichtlich wenig Ahnung vom Risikomanagement. Und trotz Unfähigkeit fliessen jährlich Milliarden in die Bonischatullen der Nadelstreifen.
8324
Melden
Zum Kommentar
99
Arbeitslosenquote sinkt im April auf 2,3 Prozent

Die Zahl der Arbeitslosen in der Schweiz ist im April leicht gesunken. Die Quote sank auf 2,3 von 2,4 Prozent.

Zur Story