Am kommenden Mittwoch ist es endlich so weit. Die Schweiz ist dann in zwei Dingen schlauer: Wer wird unsere neue Bundesrätin, unser neuer Bundesrat und – haben wir es ins Viertelfinale der Fussball-Weltmeisterschaft geschafft?
Um über ersteres zu sprechen, trafen sich in der gestrigen SRF-«Arena» die Parteispitzen wie folgt:
Marco Chiesa, Präsident der SVP
Mattea Meyer, Co-Präsidentin SP
Thierry Burkart, Präsident FDP
Gerhard Pfister, Präsident Die Mitte
Balthasar Glättli, Präsident Grüne
Jürg Grossen, Präsident GLP
«Wer in den Bundesrat will, sollte lieb und umgänglich sein», zitiert Moderator Sandro Brotz gleich zu Beginn der Sendung eine Studie, die das charakterliche Profil von 101 Kandidierenden, die zwischen 1982 und 2020 in ein Bundesratsrennen gestiegen sind, untersucht hat.
Auf die Frage, wer denn lieber und umgänglicher sei, Albert Rösti oder Hans-Ueli Vogt, meint Die-Mitte-Präsident Gerhard Pfister: «Natürlich sind beide gleich lieb und gleich umgänglich.» Fünf Tage vor der Wahl höre man nichts anderes von einem Parteipräsidenten. Beim Entscheid, wen man wähle, spiele es natürlich schon eine Rolle, mit wem man gut zusammenarbeiten könne, erläutert Pfister weiter.
Auf die Frage, wer mehr Ecken und Kanten bei den beiden SVP-Kandidaten habe, liefert SVP-Präsident Marco Chiesa dieselbe Antwort: «Beide gleich.» Es sei sehr schwierig, einen Kandidaten zu bevorzugen. Gleichzeitig betont auch Chiesa, wie wichtig die gute Zusammenarbeit für die Wahl des jeweiligen Bundesrates und der Bundesrätin sei.
SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer findet wie ihre Kollegen ebenfalls, dass beide SP-Kandidatinnen, Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider, «gleichermassen kompetent und qualifiziert» für das Bundesratsamt seien. Sie freue sich, dass eine der beiden «ausgezeichneten» Politikerinnen am kommenden Mittwoch zur Bundesrätin gewählt werde.
Für FDP-Präsident Thierry Burkart muss der Bundesrat hauptsächlich ausgewogen in Bezug auf die Sprachen und Regionen sein: «Momentan haben wir drei Personen aus der lateinischen Schweiz im Bundesrat. Eine vierte Person wäre eine Übervertretung.»
Er verweist dabei auf einen Artikel in der Bundesverfassung, in dem es heisst: «Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen vertreten sind.» Man käme zwar nicht aus den Fugen, wenn es im Bundesrat kurzzeitig zu einer solchen Übervertretung käme, allerdings könne dies nicht ewig dauern, betont Burkart.
Sie verstehe es nicht, weshalb man solche Angst davor habe, drei Romands gleichzeitig im Bundesrat vertreten zu haben, kontert Mattea Meyer. Man habe keine Angst, erwidert Burkart und betont: «Es ist keine strikte Regel, aber wir sollten uns daran orientieren.» Die Idee sei, dass man eine angemessene Verteilung habe.
Dann kommt etwas Action in die Arena-Runde. Burkart an Meyer: «Ihre Gelassenheit in Bezug auf die Verfassungsnorm nehme ich zur Kenntnis. Bei der Frage, ob Frau oder Mann hingegen, das nicht einmal in der Verfassung steht, waren sie dafür sehr strikt. Vielleicht sollten Sie Ihre Massstäbe etwas gleichmässig ansetzen.»
Ob es ihm passe oder nicht, Frauen stellten die Hälfte der Bevölkerung und sollten sich dementsprechend auch angemessen an der Macht, respektive in der Regierung beteiligt sein. Meyer weiter: «Wir hatten bisher ein einziges Jahr, in dem es eine Frauenmehrheit im Bundesrat gegeben hat – gegenüber 175 Jahren Männer-Mehrheit.»
Pfister bringt sich ein und erklärt, dass die Verfassungsbestimmung wichtig sei, aber es müsse über einen längeren Zeitraum gesehen werden. Viel mehr will Pfister daran erinnern, dass jedes Mitglied der Bundesversammlung frei darin sei, wen er oder sie wählen wolle. «Es hat sich in den letzten Jahren so eingebürgert, dass das Parlament in seiner Mehrheit die Vorschläge der Parteien respektiert. Aber: Wenn jemand in der Freisinnigenfraktion das Gefühl hat, es ertrage keine weitere SP-Frau im Bundesrat, dann kann er oder sie aus der weiten Auswahl der SP-Männer jemanden auf den Wahlzettel schreiben.»
Korrigieren könne man immer, fährt Pfister fort, nächstes Jahr fänden Wahlen statt und damit stünden alle sieben Mitglieder des Bundesrates wieder zur Wahl. Wenn dann jemand das Gefühl hätte, die Schweiz sei untergegangen, «nur weil es vier Lateiner im Bundesrat» hatte, dann könne er oder sie dies dann korrigieren. Pfister weiter «Ich würde dann aber schon etwas aufpassen, dass der Korrekturbedarf nicht bei Herrn Cassis gesehen wird.»
Für Balthasar Glättli, Grünen-Chef, gleicht die Bundesratswahl etwas einem Karussell: «Jemand steigt ab und dann steigt jemand anderes auf.» Man könne sich unheimlich darüber enervieren, ob jemand aus der Romandie zu viel oder zu wenig auf diesen Tickets stehe, aber am Schluss sei das Wichtigste, dass das Karussell weiterdrehe. Glättli bedauert aber: «Im Moment dreht sich der Bundesrat als Gremium etwas im Kreise und es wäre wirklich wichtig, dass man darüber spricht, wie wir vorwärtskommen. Es kann nicht sein, dass die nächsten Jahre das Parlament die heissen Eisen schmiedet.»
Der GLP-Präsident, Jürg Grossen meint zur Diskussion in der Arena: «Die Bundesratsparteien haben einander vorgeworfen, wer was besser berücksichtigt, aber sie haben vergessen zu sagen, dass es darum geht, die besten Leute in die Regierung zu wählen.» Man müsse klar zugeben, dass der Bundesrat in den letzten Jahren schon oft versagt habe.
Und: «Die Kollegialität spielt nicht so, wie sie spielen müsste.»
Das Problem sei auch, fährt Grossen fort, dass im Bundesrat zwei Parteien klar übervertreten seien: die FDP und die SP.
Balthasar Glättli ergänzt: «Heute ist ein Drittel der Bevölkerung im Bundesrat nicht vertreten.» Das sei auch destabilisierend. Vielleicht sei es kein Zufall, dass kaum ein Bundesrat zuvor so wenig Support bei den Stimmberechtigten hatte, wie der heutige.
Bravo! Hat endlich mal einer gemerkt worauf es wirklich ankommt.