Frau Pilloud, der Konsumentenschutz befürchtet, dass die SBB nun damit beginnt, massenhaft Daten ihrer Kunden zu speichern und analysieren.
Jeannine Pilloud: Diese Befürchtung ist unbegründet. Der SwissPass ist bloss eine «dumme Karte», sie kann nicht viel. Darauf sind eine unpersönliche Identifikationsnummer und die gekauften Leistungen hinterlegt. Die Karte zeichnet keine Reisebewegungen einzelner Kunden auf. Daran haben wir kein Interesse. Auch beabsichtigen wir keine personifizierte Werbung oder den Weiterverkauf von Daten an Dritte.
Warum brauchen wir denn den SwissPass?
Der SwissPass ist ein wichtiger Schritt für die SBB und ihre Kunden, der den Weg für weitreichende Vereinfachungen im ganzen Ticket-System bereitet.
Welche?
Einerseits werden Sie als Kunde nur noch eine Karte für alle Ihre Abonnements im Portemonnaie haben. Anderseits wird der SwissPass mit vielen Vorteilen verbunden sein: Er ersetzt nicht nur das Zug-Ticket sondern auch den Skipass, die Mobility-Carsharing-Karte und den Zugang zu PubliBikes. Der Kunde kann beispielsweise den Skipass schon von zu Hause aus auf die Karte laden und später an der Talstation an allen anderen vorbei spazieren. Viele solcher Services werden in den nächsten Jahren hinzukommen. Ausserdem sind die Abonnements mit SwissPass automatisch verlängerbar. Das wollen 60 Prozent unserer Kunden.
Automatische Verlängerung heisst aber auch, dass man im Vertrag gefangen ist, wenn man den Kündigungstermin verpasst.
Man ist nie im Vertrag gefangen. Der Kunde kann höchstens mal einen Monat verlieren. Er kann aber immer aus dem Vertrag austreten. Ausserdem werden die Abo-Besitzer vor der automatischen Verlängerung gewarnt.
Auch die Auswertung von Streckenauslastungen für rentable Preiserhöhungen lässt sich dank dem SwissPass besser analysieren.
Nicht unbedingt. Wenn man das machen will, müsste man von jedem Kunden wissen, wo genau er ein- und ausgestiegen ist – und zwar im Regional- und im Fernverkehr. Der SwissPass macht höchstens eine Momentaufnahme, auf welcher Strecke der Kunde fuhr, als er kontrolliert wurde. Damit kann man nicht viel anfangen.
Der Kontrollprozess im Zug wird mindestens doppelt so lange dauern. Ist das im Sinne der SBB?
Ja der Kontrollprozess wird zwei bis drei Mal länger dauern, da jede Karte gescannt wird. Für das Kontrollpersonal wird er aber einfacher. Das System stellt die Gültigkeit der Karte fest und der Kontrolleur muss nicht mehr jedes Ticket der einzelnen Verkehrsbünde der Schweiz kennen. Unter dem Strich ist es für das Kontrollpersonal ein Zeitgewinn. Der grosse Rückhalt in der Branche bestätigt uns dies.
Aber für mich als Kunde war es vorher praktischer. Ich musste bloss meine Karte in die Luft strecken.
Für die heute etwa 2,5 Millionen Halbtax-Benutzer ändert sich erst mal gar nichts. Sie müssen schon heute die Karte und das Zusatzbillett vorweisen. Für die rund 500'000 GA-Benutzer ändert sich einzig und allein, dass sie die Karte in Zukunft kurz aus der Hand geben müssen.
Was ist, wenn der Scanner nicht funktioniert? Muss ich dann Zusatzgebühren befürchten?
Der Scanner wird funktionieren. Nur in ganz wenigen Tunnels der Schweiz verunmöglicht die Topografie den Empfang. Wenn der Zugbegleiter keine Verbindung hat, dann ist er entsprechend kulant.
Werden die Abos mit dem SwissPass nochmals teurer?
Nein. Die Kosten des Projekts werden nicht auf die Kunden abgewälzt. Die Abo-Preise bleiben dieselben. Insgesamt kostet das Projekt die SBB und die einzelnen Transportunternehmen rund 61 Millionen.
Wenn diese Karte kommt erwarte ich von der SBB allerdings ziemlich zeitgleich eine App für das Smartphone, für Passbook und ähnliche Apps zum einlesen ab dem Smartphone. So wie es viele Fluggesellschaften haben.