Und dann ging nichts mehr. Weder online noch in der App noch am Automaten gab es bei den SBB am Montagmorgen Billette zu kaufen. Und auch die automatische Ticket-Aktivierung wie Easy Ride konnte nicht gestartet werden. Denn ab etwa 7 Uhr hatten die SBB mit heftigen «technischen Problemen» zu kämpfen, drei Stunden lang.
Zur Ursache, die zum Totalausfall des Verkaufssystems bei der Bundesbahn führte, hat sich das Unternehmen bislang nicht geäussert. Was bedeuten diese und ähnliche Ticket-Pannen für die Reisenden? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wer wegen einer von der SBB verschuldeten Panne kein Billett kaufen kann, darf trotzdem in einen SBB-Zug einsteigen. Die Fahrt ist «gratis», solange kein Kontrolleur kommt. Falls ein Passagier in eine Kontrolle gerät, gibt es laut Auskunft der Medienstelle keine Busse. Das Begleitpersonal sei in diesen Fällen jedoch angewiesen, dem Passagier ein Ticket zu verkaufen - ohne den üblichen Aufpreis.
All das gilt, wenn man in den SBB unterwegs ist. Wer jedoch am Montagvormittag ohne Billett mit einem anderen Transportunternehmen fuhr (regionaler Verkehrsbetrieb, BLS etc.) und kontrolliert wurde, durfte gebüsst werden. Ausser er oder sie traf auf einen verständnisvollen respektive kulanten Kondukteur.
«Grundsätzlich liegt es in der Verantwortung der Reisenden, vor Reiseantritt einen gültigen Fahrausweis zu besitzen und diesen später dem Kontrollpersonal vorweisen zu können», sagt Sarah Trummer von der Alliance Swisspass. Laut dem Zusammenschluss der Schweizer Transportunternehmen stehen den Kundinnen und Kunden im Störungsfall «üblicherweise alternative Vertriebskanäle» zur Verfügung.
Zudem heisst es vonseiten der Alliance Swisspass, dass es je nach Situation in der Hand der betroffenen Transportunternehmen liege, «im Sinne einer pragmatischen und kundenfreundlichen Lösung, weitere Massnahmen zu ergreifen.»
Sprich: Wer am Montagvormittag in ein anderes Transportmittel als die SBB einstieg, war laut dem Kleingedruckten - wie auch immer - selber verantwortlich für ein gültiges Ticket. SBB-Probleme hin oder her.
Laut einer Umfrage von CH Media waren am Montag alle alternativen Systeme zum Verkauf elektronischer Billette nicht vom SBB-Totalausfall betroffen. So waren zum Beispiel die App der Konkurrentin BLS und der Onlineverkauf der Südostbahn immer in Betrieb. Dasselbe gilt für die Apps und Billettautomaten vieler städtischer Verkehrsbetriebe, wo oft ebenfalls schweizweit gültige Billette gekauft werden können.
Komplizierter wird es bei digitalen ÖV-Abos oder bereits im Voraus gekauften Billetten oder Tageskarten. Diese konnten in der SBB-App zeitweise ebenfalls nicht vorgewiesen werden. Fraglich scheint hier im Fall einer Kontrolle, ob die anderen Transportunternehmungen durch die SBB rechtzeitig auf die technischen Probleme hingewiesen wurden. Antworten darauf gab es bislang weder von SBB noch von Alliance Swisspass.
Mit einem Wisch vor der Fahrt einchecken und beim Aussteigen ebenfalls wieder mit einem Wisch auschecken. Und obendrauf wird einem am Ende des Tages automatisch das günstigste Billett verrechnet. So werben die SBB seit einem halben Jahr für die Easy-Ride-Funktion. Sie ist in der SBB-App neu integriert. Doch bei der Panne hat auch sie nicht funktioniert. Für Easy-Ride-Nutzer gilt, was unter Frage 1 steht. Doch Easy Ride hat auch abseits von Pannen wie am Montag seine Tücken. Grundsätzlich ist der Passagier für das Check-in und das Check-out selbst verantwortlich. Wenn er nach dem Aussteigen vergisst, die Fahrt in der App zu beenden, läuft diese weiter. Allerdings ist es möglich, beim Bemerken des Irrtums den Fehler via App den SBB zu melden. Dann rechnen diese nochmals von neuem ab, und es gibt, wenn alles richtig abläuft, eine Gutschrift.
Nicht immer funktioniert dies aber, wie es sollte. Die SBB leisten aufs Jahr gerechnet in knapp 100'000 Fällen eine Rückerstattung. Darüber berichtete vergangene Woche der «Kassensturz» von Fernsehen SRF .
Die Wisch-App-Funktion Easy Ride wird immer beliebter. 2.5 Millionen Billette pro Monat werden allein in der SBB-App so verkauft. Reisende geniessen gewissermassen Generalabo-Komfort: Einfach wischen, einsteigen und losfahren, ohne sich vorher um ein Ticket kümmern zu müssen. Allerdings kommt es vor, dass die Aktivierung während der Fahrt gestoppt wird. Zum Beispiel in einem Funkloch oder wenn man zwischenzeitlich den Flugmodus eingeschaltet hat. CH Media ist der Fall eines Easy-Ride-Nutzers bekannt, der schon vier Stunden unterwegs war und mehrfach kontrolliert wurde, doch bei einer erneuten Kontrolle war Easy Ride plötzlich deaktiviert. Der Kontrolleur hatte kein Erbarmen: 100 Franken Busse.
Im Fall der erwähnten 100-Franken-Busse wollte der Passagier die Strafe nicht akzeptieren, weil er aus seiner Sicht nichts falsch gemacht hat und bei vormaligen Kontrollen die App aktiviert war. Der Kontrolleur nahm seine Personalien auf und sagte, er könne sich auf einem Bahnhof melden, um über die Busse zu reden. Das tat er. Dort verwies man ihn aber an das Call-Center in Brig. Also rief er dorthin an. Eine Mitarbeiterin hörte sich die Schilderungen an und nahm zur Kenntnis, dass der Kunde sehr oft mit Easy Ride unterwegs ist und noch nie schwarzgefahren war. In solchen Fällen, sagte die Mitarbeiterin, könne sie die Busse «aus individuellen Gründen» senken. Als sie 80 Franken vorschlug, fragte der Kunde, ob es auch tiefer gehe. 50 Franken, antwortete sie. Am Ende bot sie ihm eine Busse von 30 Franken an. Tiefer könne sie nicht gehen, das liege nicht in ihrer Kompetenz. Fazit: Über Bussen kann man in gewissen Fällen verhandeln. (aargauerzeitung.ch)
Was soll denn dieser Unsinn? Sitzt das Call-Center in Brig oder auf dem türkischen Basar?
Entweder ist eine Busse gerechtfertigt oder nicht, alles dazwischen ist doch albern.