Die Ursache für die Entgleisung eines Güterzuges im Gotthard-Basistunnel im August 2023 ist ein Radscheibenbruch gewesen. Bei den Räderrissen handelt es sich um ein systematisches Problem. Zu diesem Ergebnis kommt die SUST in ihrem Abschlussbericht.
Materialermüdungsrisse zeigten sich demnach in den sogenannten LL-Bremssohlen. Um ähnliche Vorfälle künftig zu verhindern, werden Empfehlungen an die Europäische Sicherheitsagentur und an das Bundesamt für Verkehr gerichtet, wie es am Montag in Bern bei der Präsentation des Abschlussberichtes durch die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) hiess.
Als am 10. August 2023 ein SBB-Zug mit 30 Güterwagen auf dem Weg von Chiasso nach Basel war, brach im Gotthard-Basistunnel ein Teil einer Radscheibe beim elften Wagen weg. Thermische Überbelastung der Lauffläche führte zu Ermüdungsrissen. Diese entwickelten sich in der Radscheibe weiter, bis diese brach.
Der vordere Teil der Güterwagenformation passierte die Weiche noch in gerader Stellung. Der hintere Teil wurde auf ein Verbindungsgleis geleitet. Dies führte zur Entgleisung von 16 Güterwagen und zum Zusammenprall mit der Tunnelquerwand. Verletzt wurde niemand.
Allerdings waren die Schäden an Infrastruktur und Bahn-Rollmaterial beträchtlich. Die SBB beziffern die Sachschadenssumme der Zugentgleisung, einschliesslich der Ertragsausfälle, auf rund 150 Millionen Franken. Monatelang fuhr zudem wochentags nur ein Personenzug von Süden nach Norden durch den Gotthard-Basistunnel.
In ihrem Abschlussbericht spricht die SUST nun vier Sicherheitsempfehlungen und einen Sicherheitshinweis aus. Drei der Sicherheitsempfehlungen richten sich an die Eisenbahnagentur der Europäischen Union (ERA).
Erstens sollen die bestehenden Regelungen zur Erhöhung des aktuell geltenden minimalen Raddurchmessers auf alle Radsatztypen mit Verbundstoffbremssohlen ausgeweitet werden. Zweitens sollen die Kriterien der Instandhaltungsvorgaben für diese Radsätze angepasst werden, insbesondere bezüglich Wartungsintervalle und Prüfmethoden. Drittens soll eine Studie den Einfluss von Verbundstoffbremssohlen auf die thermische Belastung der Räder untersuchen.
Immerhin wurden seit 2019 europaweit über 70 Radscheibenbrüche wegen Materialüberlastung beobachtet, wie Philippe Thürler, Bereichsleiter Bahn und Schiff bei der SUST, am Montag vor den Medien in Bern sagte.
Die vierte Sicherheitsempfehlung richtet sich an das Bundesamt für Verkehr und betrifft Weichen mit oberhalb der Schwellenoberkante liegenden Verschlussvorrichtungen. Die SUST empfiehlt, das Risiko einer mechanischen Beschädigung dieser Vorrichtungen zu bewerten und zu reduzieren.
Der Sicherheitshinweis, der sich an SBB Cargo richtet, betrifft die Nachweisführung der technischen Kontrolle der Züge. (sda)