Schweiz
Schule - Bildung

Frühfranzösisch in der Primarschule: Die Pläne der Bildungsdirektoren

So wollen die Bildungsdirektoren das Frühfranzösisch retten

Die Konferenz der kantonalen Bildungsdirektoren betont die Bedeutung der zweiten Landessprache. Präsident Christophe Darbellay erklärt, was der Entscheid für die aufmüpfigen Kantone heisst.
01.11.2025, 20:1101.11.2025, 20:11
Julian Spörri / ch media

Mehrere Ostschweizer Kantone wollen das Frühfranzösisch auf die Oberstufe verbannen. Der Bundesrat droht damit, einzugreifen. Und die Westschweiz sieht den nationalen Zusammenhalt gefährdet. Unter diesen Vorzeichen trafen sich die kantonalen Erziehungsdirektoren und Erziehungsdirektorinnen in Luzern zur Jahresversammlung.

Sie standen unter Druck, trotz verhärteter Fronten eine gemeinsame Position zu definieren. Entstanden ist eine am Freitag publizierte Erklärung. Darin betonen die Mitglieder der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK), dass die Schweiz eine Willensnation sei, die in die nationale Kohäsion investieren müsse. Ein «früher Kontakt mit einer zweiten Landessprache» sei wichtig.

So wollen die Erziehungsdirektoren vorgehen

Doch hapert es in der Deutschschweiz gewaltig mit den Französisch-Kenntnissen, auch umgekehrt in der Romandie mit dem Deutsch. Die EDK-Mitglieder anerkennen den Handlungsbedarf. Erstens wollen sie deshalb eine Anpassung der Bildungsziele prüfen: also darüber diskutieren, welche Kenntnisse nach der obligatorischen Schulzeit erreicht werden sollen und wie.

Zweitens soll der Spielraum des Artikels 4 des HarmoS-Konkordats «ausgelotet» werden, wie es in der Erklärung heisst. Gemeint ist die 2004 getroffene Übereinkunft der Kantone, die erste Fremdsprache spätestens ab der 3. Primarschule und die zweite Fremdsprache spätestens ab der 5. Klasse zu unterrichten. Eine davon muss die zweite Landessprache sein.

Ein Maedchen macht zu Hause ihre Franzoesischhausaufgaben, fotografiert am Mittwoch, 10. September 2025 in Zuerich. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
Die erste Fremdsprache muss ab der 3. Primarschule gelehrt werden.Bild: KEYSTONE

Das steht schwarz auf weiss im HarmoS-Konkordat. Was also gibt es auszuloten? Die Erklärung bleibt in diesem Punkt schwammig. Die Erziehungsdirektoren scheinen ein explizites Bekenntnis zum aktuellen Modell 3. Klasse/5. Klasse zu scheuen, auch wenn alles darauf hinausläuft.

Darbellay: Zeichen an die kantonalen Parlamente

EDK-Präsident Christophe Darbellay sagt, der Spielraum liege weniger darin, ab welchem Schuljahr eine Sprache unterrichtet werde, sondern wie dies geschehe. Die Qualität des Unterrichts lasse sich etwa durch Sprachaufenthalte oder die Anpassung der Lehrpläne verbessern, so Darbellay. «Unsere Position ist ein deutliches Zeichen der Bildungsdirektorinnen und -direktoren an die kantonalen Parlamente: Wir sind uns einig, dass wir nicht einfach alles über Bord werfen dürfen», sagt Darbellay. Die Erklärung wurde einstimmig verabschiedet.

In Luzern diskutierten die Bildungsdirektoren auch den Kompromissvorschlag des Nidwaldner Regierungsrats Res Schmid (SVP). Er fordert, mit dem Französisch auf der 5. Klasse und mit Englisch auf der Oberstufe zu starten. Es kam zu keiner Abstimmung. Der Vorschlag wird weiter diskutiert.

Die Folgen für die aufmüpfigen Kantone

Bleibt die Frage: Was bedeutet die Erklärung für Kantone wie St.Gallen und Zürich, deren Parlamente sich jüngst für das Verschieben des Französischs auf die Oberstufe aussprachen? «Wenn sie den Entscheid 1:1 umsetzen wollten, müssten sie Stand heute aus dem Harmos-Konkordat austreten», erklärt Darbellay. «Aber bis es so weit ist, fliesst noch viel Wasser die Rhone hinunter.»

«Wir hoffen, damit das Verschieben des Französischs auf die Oberstufe in den betroffenen Kantonen doch noch abwenden zu können.»
EDK-Präsident Christophe Darbellay

Der Walliser Regierungsrat verweist darauf, dass Kantone wie Zürich zwei Jahre Zeit hätten, um die Umsetzung zu konkretisieren. In dieser Phase stünden noch zahlreiche politische Diskussionen an – von der Regierungsarbeit über parlamentarische Prozesse bis hin zu einer möglichen Volksabstimmung.

Diese Zeit wolle die EDK nutzen, um eine überzeugende Alternative zum Status Quo vorzulegen. «Wir hoffen, damit das Verschieben des Französischs auf die Oberstufe in den betroffenen Kantonen doch noch abwenden zu können», sagt Darbellay. (aargauerzeitung.ch)

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50 Beweise, dass es fast unmöglich ist, Deutsch zu lernen
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50 Beweise, dass es fast unmöglich ist, Deutsch zu lernen
Mal ehrlich: Welcher Ausländer soll das je verstehen?
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Diese beiden brauchen wohl noch ein paar Französisch Stunden
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35 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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June
01.11.2025 21:17registriert Juli 2019
Ich unterrichte Deutsch als Zweitsprache in der Romandie auf Primarniveau. Gerade Sprachen kann man sehr spielerisch, mit Theater, Musik, usw unterrichten, und meine Schulkinder freuen sich immer wahnsinnig auf den Deutschunterricht. Einige haben jetzt entschieden, die Schule auf billingue oder sogar auf Deutsch weiter zu machen (os, oder gymi), andere sind nach der Schule noch mit ihren Brieffreunden befreundet. Wenn der Lehrer mit Passion unterrichtet, ist es eine enorme Chance, welche dich als Person grösser machen können. Gegenwind gibts eigentlich nur von nicht französisch sprechenden.
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RemyChe
01.11.2025 20:50registriert August 2022
Diese Idee von Darbellay und der EDK ist reine Zwängerei und geht an der Realität vorbei. Wenn es um «nationalen Zusammenhalt» geht – was ist mit Tessin und Rätoromanisch? Dann müssten wir ja alle diese Sprachen lernen. Und überhaupt: Niemand will Französisch streichen, sondern nur auf die Oberstufe verschieben. Dieses ständige Argument vom Zusammenhalt zieht einfach nicht – ich sehe das Problem wirklich nicht.
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Horst-Rüdiger
01.11.2025 20:30registriert März 2020
Ideologischer Fanatismus zum Leidwesen der Kinder!
Die Schlacht ist schon lange gelaufen: Englisch hat Französisch besiegt, ob es einem nun gefällt oder nicht.
Die Wirtschaft spricht englisch, französisch braucht kein Mensch.
Aber Menschen die noch nie eine produktiven Tätigkeit ausgeübt haben, kapieren das halt nicht.
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