Bei der mündlichen Mathe-Prüfung seien die Experten «unwirsch» und «auffällig unfreundlich» gewesen. Im Fach «Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft und Recht» (VBR) hätten sie den aktuellen Euro-Franken-Kurs auf zwei Dezimalstellen genau wissen wollen und Fragen zur Ehefrau eines CEO gestellt. Weiter sei es am Prüfungstag rund 30 Grad heiss gewesen, was einen Einfluss auf die Experten und deren Bewertung gehabt haben könnte.
Mit diesen und weiteren Argumenten ist ein Berufsmaturand ans Bundesverwaltungsgericht gelangt. Nachdem er im Sommer 2015 durch die eidgenössische Prüfung gerasselt war, legte er Beschwerde gegen das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation ein. Er verlangte, dass seine Bewertung in Mathematik um mindestens eine halbe Note aufgebessert wird. Die ungenügende VBR-Note sei zudem in eine genügende zu ändern. Damit hätte er die Prüfung bestanden.
In seinem Urteil von Mitte Juli gibt ihm das Bundesverwaltungsgericht nun teilweise recht. Zwar hält es diverse Rügen für unbegründet. So gebe es keine Anhaltspunkte, wonach die hochsommerlichen Temperaturen einen Einfluss auf die Bewertung der Prüfung gehabt hätten. Auch könne der Beschwerdeführer nicht beweisen, dass die Experten unfreundlich gewesen sind oder ihn sogar angeschrien haben, wie er es behauptet.
Auch in weiteren Punkten nehmen die Richter die Experten in Schutz: So hätten diese überzeugend dargelegt, dass eine Aufgabe, die der Prüfling als zu schwer empfand, Teil des Lernstoffs war.
Trotzdem trägt der Schüler vor Gericht einen Teilsieg davon: In der VBR-Prüfung seien Fragen aus dem falschen Themenbereich gestellt worden, befanden die Richter. Der Berufsmaturand hatte sich vorab aus einer Auswahl für das Prüfungsgebiet «Gesamtrechnung» entschieden. Die Experten hätten den Fokus jedoch «schwergewichtig» auf den Bereich «Aussenbeziehungen» gelegt, heisst es im Urteil.
Die Fragen zum Euro-Franken-Kurs und ähnlichen Währungsthemen lagen damit ausserhalb des relevanten Prüfungsstoffs. Dies stelle einen «offensichtlichen Verfahrensmangel» dar, so die Richter. Mit einer höheren Teilnote im Bereich Volkswirtschaft wäre es dem Berufsmaturanden möglich gewesen, die eidgenössische Prüfung zu bestehen.
Das Gericht hiess die Beschwerde darum teilweise gut. Das Diplom erhält der Schüler zwar nicht automatisch. Er darf den entsprechenden Prüfungsteil aber kostenlos und unter korrekten Bedingungen wiederholen. Zudem muss er nur reduzierte Verfahrenskosten von 200 Franken tragen. Der Entscheid kann nicht an das Bundesgericht weitergezogen werden und ist somit endgültig.
Dass eine solche Beschwerde erfolgreich ist, hat Seltenheitswert. In den letzten zwei Jahren rekurrierten 13 Personen beim Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, weil sie mit ihrer Bewertung an der eidgenössischen Berufsmatur nicht einverstanden waren. Vier der Beschwerden sind noch hängig, die anderen wurden abgelehnt.
Auch die Kantone haben es regelmässig mit Schülern respektive Eltern zu tun, die mit ihrer Bewertung nicht zufrieden sind. Bei der Zürcher Bildungsdirektion gingen in den letzten Jahren jeweils über 100 Rekurse ein, die Mittelschulen oder Berufsbildungsschulen betrafen. Anlass dafür war allerdings in den seltensten Fällen ein Scheitern an der Matur. Nur gerade zwei bis drei solche Fälle verzeichnet Zürich jährlich.
Weitaus häufiger sind Rekurse zu Beginn oder während der Gymi-Zeit: Wegen nicht bestandener Aufnahmeprüfungen gelangten dieses Jahr 55 Familien an die Zürcher Bildungsdirektion, letztes Jahr waren es 41. Auch solche Rekurse sind nur in den seltensten Fällen von Erfolg gekrönt: Gerade einmal eine bis zwei Beschwerden pro Jahr werden gutgeheissen.
Wer den Entscheid der Bildungsdirektion nicht akzeptieren will, hat die Möglichkeit, diesen ans Verwaltungsgericht weiterzuziehen. Dies machten seit 2012 insgesamt drei Familien. Die Richter lehnten zwei der Beschwerden ab. Im dritten Fall bekamen ein Sechstklässler und seine Eltern teilweise recht. Sie wehrten sich, weil die Experten einen Aufsatz des Schülers über einen alten Hut mit der Note 2 bewertet hatten.