Michael Hengartner, Präsident des ETH-Rats, schlug unlängst Alarm: «Wir erleben jetzt die ersten Rückschläge», so der Molekularbiologe und ehemalige Rektor der Uni Zürich im «SonntagsBlick» zum Ausschluss der Schweiz aus dem EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe». Es ist dies die Konsequenz der gescheiterten Verhandlungen zum Rahmenabkommen.
Konkret meint Hengartner, dass Forschende in der Schweiz nicht mehr in vollem Mass von den prestigeträchtigen Förderungen des «European Research Council» (ERC-Grants) profitieren können, die oft auch als «Champions League» unter den EU-Förderungen bezeichnet werden.
Für Schweden ist das Leid der Schweiz nun ein Grund, in die Offensive zu gehen: «Es gibt jetzt eine Gelegenheit für Schwedische Hochschulinstitutionen, führende europäische Jungforscher zu rekrutieren», schreibt der Schwedische Forschungsrat auf seiner Website.
Ins Visier genommen haben die Schweden jene 28 Forschende aus der Schweiz, die Anfang Jahr für einen ERC-Grant ausgewählt wurden, das EU-Geld aber nicht in Anspruch nehmen können, solange sie nicht in die EU wechseln. Sie sollen jetzt nach Schweden ziehen.
Als Motivation soll es auch gleich einen ordentlichen Batzen geben: Alle schwedischen Hochschulen, die erfolgreich einen der 28 ERC-Gewinner aus der Schweiz abwerben, erhalten rund 100’000 Franken (1 Million Schwedische Kronen).
Das Geld kann beispielsweise dafür verwendet werden, um die Zügelkosten der Forschenden, deren Miete oder Auslagen für mitreisende Familienmitglieder abzudecken. Wer bis zum 31. März beweisen kann, dass er erfolgreich einen Top-Forschenden aus der Schweiz verpflichtet hat, erhält die 100’000 Franken auf sicher.
Ob von den 28 Schweizer ERC-Preisträger aus der Schweiz jemand auf den schwedischen Lockruf einsteigen wird, muss sich zeigen. Bislang entschied sich die überwiegende Mehrheit auch ohne EU-Fördergelder in der Schweiz zu bleiben, da der Bundesrat finanziell in die Lücke springen und das Geld selbst bereitstellen wird. Was fehlt, ist jedoch die volle Einbindung in das EU-Forschungsnetzwerk.
Der Kampf um die Talente ist entbrannt.
(saw/ch media)
Mich wiedert es an, mache mir Sorgen um den Forschungsstandort.
Statt den Unis Geld zu geben, sollten die 100k direkt an die Jungforscher gehen. Dann wäre Schweden zumindest wieder attraktiv.