Mattea Meyer und Cédric Wermuth sind zur Parteispitze der SP gewählt worden. Die SP-Delegierten haben am Parteitag am Samstag mit grosser Mehrheit für das Doppel-Präsidium Meyer-Wermuth gestimmt.
Das Duo hat am Parteitag um Stimmen geworben. Es zeigte sich «wütend, aber hoffnungsvoll».
Sie sei der SP im Alter von 16 Jahren beigetreten, weil sie wütend über diese ungerechte Welt gewesen sei, sagte Mattea Meyer. Wütend sei sie noch immer, doch noch grösser sei die Hoffnung. «Ich habe die Hoffnung, dass wir gemeinsam die Zukunft schaffen, die wir uns wünschen für diese Welt», sagte sie.
«Wir sind wütend. Aber wir bleiben nicht bei der Wut. Und wir warten auch nicht auf die Hoffnung. Wir entscheiden uns, selbst die Hoffnung zu sein», sagte Wermuth als Ergänzung.
Mattea Meyer betonte vor allem ihre Rolle als junge Frau und Mutter. «Ich weiss, wie es sich anfühlt, als einzige Frau auf einem Podium über Finanzpolitik zu diskutieren», sagte sie. Zudem wisse sie, was es von einem verlange, an einem Tag von Sitzung zu Sitzung zu hetzen und am anderen Tag den Kopf frei zu haben für ihre Tochter. «Ich weiss, wie viel Hartnäckigkeit und Mut es braucht, für seine Überzeugungen einzustehen und zu kämpfen», so Meyer.
Cédric Wermuth startete seine Rede in italienisch und sprach von seinen italienischen Wurzeln. Der Kampf, ernst genommen zu werden, sei Teil seiner Familiengeschichte und seiner Biografie, sagte er. Als Sohn eines Einwanderers der zweiten Generation und Enkel einer Grossmutter, die vor Armut und Elend im faschistischen Italien geflohen sei, kenne er diesen Kampf gut.
«Verantwortung übernehmen für sich und andere, ist das, was es im Kern ausmacht und immer schon ausgemacht hat, Sozialdemokratin und Sozialdemokrat zu sein», sagte Wermuth.
Das Duo Meyer und Wermuth tritt prononciert links auf. In einem Manifest mit dem Titel «Aufbruch» propagieren sie neben klassisch sozialdemokratischen Anliegen etwa das Schweizer Bürgerrecht durch Geburt im Land.
Sie fordern eine Wohnpolitik mit gesetzlichem Renditedeckel für Mieten, die steuerliche Entlastung von Löhnen und Renten bei stärkerer Besteuerung des Kapitals sowie einen landesweiten Mindeststeuersatz für Unternehmen.
Neben einer Hommage an den abtretenden Parteipräsidenten Christian Levrat hat SP-Bundesrat Alain Berset am Samstag am SP-Parteitag einen eindringlichen Appell für den Zusammenhalt in der Corona-Pandemie an die Genossinnen und Genossen gerichtet.
Es gebe keine Alternative zur rigorosen Einhaltung der Empfehlungen der Behörden, um einigermassen ungeschoren durch die Pandemie zu kommen, sagte der Gesundheitsminister in einer Videobotschaft. Ja, alle seien coronamüde, ja, Masken seien mühsam. «Aber was ist die Alternative?», fragte Berset.
Wenn man Vulnerable, Schwangere, Asthmatiker und Senioren wegsperre, dann wäre das «nicht mehr die Schweiz, für die wir uns engagieren.» Man dürfe das Virus nicht an Verletzliche delegieren. «Wir haben keine andere Wahl, wenn wir möglichst normal leben wollen, wenn wir eine faire Gesellschaft bleiben wollen.»
Die Zeit der Solidarität beginne erst, so Berset weiter. Die Schweiz befinde sich mitten in der grössten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, die den Zusammenhalt im Land auf eine harte Probe stelle.
Der SP-Bundesrat zeigte sich jedoch überzeugt, das Virus habe die Menschen zwar physisch getrennt, aber gesellschaftlich zusammenwachsen lassen. «Wir sind keine Ansammlung von Individuen, wir sind kein reiner Wirtschaftsstandort. Wir sind füreinander da, wenn es nötig ist.»
Seinem Freiburger Weggefährten Levrat dankte Berset für ein «bemerkenswertes Engagement». Levrat hinterlasse eine solide und respektierte Partei. Im Gegensatz zu Schwesterparteien im Ausland sei die SP Schweiz immer noch die zweite Kraft im Land.
Der abtretende Parteipräsident Christian Levrat hat sich bei seiner Partei für die Unterstützung und die Zusammenarbeit in den letzten zwölf Jahren bedankt. Er habe jeden Tag, jede Stunde, genossen, sagte er.
«Ich durfte jeden Morgen aufstehen, um an der Umsetzung unserer gemeinsamen Ideen zu arbeiten, das war ein Privileg», sagte Levrat am Samstag vor den Delegierten, die der Versammlung virtuell folgten.
«Das Wichtigste für mich ist es, all jenen zu danken, mit denen ich in all den Jahren zusammenarbeiten und den Weg teilen durfte», sagte er weiter. Er dankte insbesondere den Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten, den Fraktionsvorsitzenden sowie den Generalsekretären für die «Energie und den unermüdlichen Einsatz».
Besonders erfreut zeigte sich Levrat auch über die grosse Mobilisierungsfähigkeit und den Anstieg der Mitgliederzahlen der SP. Zudem rief er verschiedene Abstimmungssiege seiner Partei in Erinnerung: Das Nein zur den Rentenkürzungen, zur Unternehmenssteuerreform 3, den Gripen und das Nein zum Kinderabzug vor drei Wochen.
Der neuen Parteiführung wünschte er viel Erfolg. «Sie wollen die Verbindungen zu den sozialen Bewegungen verstärken und die interne Demokratie ausbauen. Sie haben Recht damit», sagte Levrat. Die Wahl des neuen Spitzenduos aus Nationalrätin Mattea Meyer (ZH) und Cédric Wermuth (AG) gilt als klare Sache.
(sda)