Die SP lehnt die OECD-Mindeststeuer ab und will notfalls gegen die laufende Reform der beruflichen Vorsorge das Referendum ergreifen. Einen speziellen Fokus wollen die Sozialdemokraten auf die steigenden Mieten legen, wie die Delegierten am Parteitag in Granges-Paccot FR von Samstag beschlossen.
Es war eine der wenigen Niederlagen der Parteileitung der SP Schweiz: Entgegen ihrem Antrag auf Stimmfreigabe beschlossen die Delegierten die Nein-Parole zur OECD-Mindeststeuer. Anders als die Parteileitung glaubte die letztlich deutliche Mehrheit nicht, dass im Falle eines Neins eine aus linker Sicht bessere Variante realisiert würde.
Einig waren sich die Genossinnen und Genossen aber darin, dass die Vorlage hauptsächlich den finanzstarken Kantonen zugute käme. Sie drohe die Ungleichheit zwischen den Kantonen zu verschärfen und den interkantonalen Steuerwettbewerb weiter anzuheizen, hiess es.
Fast einstimmig beschlossen die SP-Delegierten dafür die Ja-Parole zum Klimaschutzgesetz, dem indirekten Gegenvorschlag zur bedingt zurückgezogenen Gletscher-Initiative. Die Abstimmungen über beide Vorlagen finden am 18. Juni statt.
Als Oberthema des Parteitags erkor die Parteileitung aber die Kaufkraft, die sie durch sinkende Renten, stagnierende Löhne und steigende Lebenserhaltungskosten bedroht sieht. Co-Präsident Cédric Wermuth machte dafür vor allem die SVP verantwortlich. Grund dafür sei, dass die grösste Partei des Landes die Interessen der Konzerne vor die Interessen der Menschen stelle.
«Die Gefahr für die Kaufkraft und das Portemonnaie der Menschen in diesem Land trägt keinen syrischen Namen, keinen portugiesischen Namen und schon gar keinen ukrainischen Namen, sondern diese Gefahr heisst Chiesa, Martullo, Aeschi und Matter», sagte der Aargauer Nationalrat.
Zur Debatte stand in diesem Zusammenhang, ob die SP in den nächsten Jahren den steigenden Mieten oder der Rentenfrage spezielles Augenmerk widmen sollte.
Während sich die SP Frauen für den Fokus auf die Renten aussprachen, folgte die Mehrheit der Delegierten der Zürcher Nationalrätin Jacqueline Badran, die die Mieten als «Kaufkraftkiller Nummer eins» bezeichnete und einen Fokus auf dieses Thema forderte. «Was nützen uns bessere Löhne und höhere Renten, wenn alles durch höhere Wohnkosten wieder weggefressen wird?», sagte Badran.
Dass die Partei die Rententhematik weiter bearbeiten will, zeigte sich aber spätestens bei der einstimmigen Verabschiedung einer Resolution zum Thema. Darin ist unter anderem festgehalten, dass die Partei ein Referendum gegen die laufende Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) ergreift, wenn im Parlament eine Version durchkomme, «welche die Ziele verfehlt, viel kostet und zu Rentenkürzungen führt».
Knapp scheiterte dafür eine Resolution, die auch der SP eine Marginalisierung von Frauen und weiteren geschlechtlichen Gruppen attestierte. Sie würde die zahlreichen Gleichstellungsmassnahmen zu wenig würdigen, welche die Partei bereits ergriffen habe, lautete das Hauptargument der Gegnerschaft.
Dass diese Gleichstellungsmassnahmen bereits Früchte tragen, zeigte sich ebenfalls am Parteitag: Alt Bundesrätin Simonetta Sommaruga wurde verabschiedet, und Elisabeth Baume-Schneider hielt ihre erste Rede seit ihrer Wahl in den Bundesrat, in der sie sich für eine soziale Migrationspolitik aussprach. Wie Co-Präsidentin Mattea Meyer betonte, stellte die SP vier der bisher zehn Frauen, die in den Bundesrat gewählt wurden. (sda)
Die SP: spricht über Mieten, Renten, Kaufkraft und Klimaschutz. 🤷
Dieser Abschnitt ist mir ein Rätsel. Die Parteileitung wollte Stimmfreigabe beschliessen, weil sie glauben, dass bei einem Nein eine bessere Lösung ausgearbeitet wird. Die Delegierten sagen Nein, weil sie das NICHT glauben. Macht das Sinn?