Irgendwie beginnt die ganze Geschichte in Neuseeland. Oder jedenfalls mit dem Blick dorthin. Denn der Inselstaat im südlichen Pazifik nahm sich vergangene Woche vor, zu einem rauchfreien Land zu werden. Kommt hinzu, dass die Schweizer Stimmbevölkerung im Februar darüber abstimmt, ob die Werbung für Tabakprodukte massiv eingeschränkt werden soll.
Jedenfalls lag mein Griff zum Telefon nicht weit und es klingelte bei Thomas Bähler, dem Geschäftsführer von Swiss Tobacco. Ob die Luft für die Tabakbranche immer dünner wird, hätte ich von ihm wissen wollen. Oder wie sich seine Organisation für die kommende Abstimmung wappnet.
Herr Bähler ist jedoch nicht abkömmlich. Er ruft auch nicht zurück oder antwortet auf die per Mail verschickte Anfrage. So weit, so gewöhnlich im Journalistinnen-Alltag. Dann sucht und findet man halt eine andere Auskunftsperson.
Die Geschichte zur dünnen Zigarettenluft ist publiziert, die nächste Woche bricht an. Mein Telefon klingelt. Am Apparat: Irgendjemand, der Blumen liefern will. Habe ich nicht bestellt. Die Anruferin habe sich wohl verwählt, teile ich ihr mit. Sie entschuldigt sich und legt auf.
Wieder vibriert es. «Isch dä Thomas da?», will der Anrufer wissen. Ich will wissen, welchen Thomas er denn meint. Ich kenne ja schon ein paar. Die sind vermutlich einfach gerade nicht in Telefonreichweite. «Bähler», antwortet der Anrufer. Ich verwirrt: «Äh, also, Sie sind jetzt hier bei watson.» Der Anrufer, ebenso verwirrt: «Ach, tut mir Leid. Ufwiederlose.»
Mir fällt ein, dass ich ja den Herrn Thomas Bähler ebenfalls erreichen wollte. Vergangene Woche. Scheint ein gesuchter Mann zu sein. Aber dass man den sogar bei mir sucht? Mysteriös.
Ich rufe erneut die Nummer von Swiss Tobacco an. Das Besetztzeichen ertönt. Ich hänge wieder auf.
Einige Stunden später: Eine SRF-Journalistin, deren Nummer ich per Zufall gespeichert habe, hat angerufen. Ich klingle zurück. Sie verwirrt: «Helene, mit dir habe ich jetzt nicht gerechnet!» Ich verwirrt: «Hä, wieso?» Sie wiederum: «Ich habe eigentlich den Geschäftsführer von Swiss Tobacco gesucht.»
«Ich auch!», denke ich mir. Und während ich das denke, klingelt es erneut. Ein Bekannter ruft an. «Ha, es stimmt!», sagt er triumphierend, als ich mit meinem Namen abnehme. «Was stimmt?», will ich weniger triumphierend wissen. «Wenn man beim Geschäftsführer von Swiss Tobacco anruft, dann wird man direkt mit dir verbunden!», klärt er mich auf.
Langsam brennen sich Falten der Verwirrtheit auf meiner Stirn ein. Kann das tatsächlich sein? Ein Anruf mit dem Redaktionstelefon bei Swiss Tobacco bestätigt: Wer bei Thomas Bähler klingelt, klingelt direkt zu mir durch. Ich bin sozusagen die neue Geschäftsführerin von Swiss Tobacco.
Nett! Soll ich abnehmen und mich zitieren lassen? Dinge sagen wie: «Rauchen Sie alle! Rauchen macht schön! Wer nie geraucht hat, hat nie gelebt!»? Mache ich natürlich nicht.
Ich versuche erneut, Herrn Bähler zu erreichen. Halt einfach per Mail, weil telefonisch geht gerade schlecht. Jemand muss es ihm ja sagen.
Donnerstagmorgen, ich fühle mich schon ziemlich wohl in meinem neuen Amt, klingelt mein Telefon erneut. Mit einer nicht dem Rauchen geschuldeten Raucherstimme gehe ich ran. Frau Bürgi von Swiss Tobacco ist am Apparat. Da habe was mit dem Telefon nicht gestimmt, sagt sie entschuldigend. Ich: «Ja, das ist mir unterdessen auch schon aufgefallen.»
Man habe mit der Telekomfirma Rücksprache genommen. Der Fehler sei nun behoben, fährt sie fort. Wie das Ganze passiert sei, könne man sich auch nicht erklären.
Ob ich denn nun doch noch ein bisschen mit Herrn Bähler plaudern dürfe, will ich wissen. Schliesslich hab ich ihm einen ganzen Tag lang den Rücken frei gehalten. «Ich hinterlasse ihm eine Nachricht», sagt Frau Bürgi und legt auf.
P.S: Herr Bähler, falls Sie das lesen, rufen Sie mich bei Gelegenheit doch mal zurück. ;-)
Weil das aber zu peinlich wäre scheibt man es auf "Softwarefehler", "kann man nichts machen", "können wir uns auch nicht erklären"...