Wie die Deutschschweizer, die Romands und die Tessiner die Schweizer Tore an der WM feiern, ist bekannt. Rund 60'000 Personen in der Schweiz sprechen hingegen die vierte Landessprache. Die Rede ist von den Rätoromanen. Und auch sie interessieren sich für Fussball, genau so wie beispielsweise Zentralschweizer, sagt Roman Dobler.
Dobler arbeitet zusammen mit seinem Kollegen Andreas Wieland Sportreporter für den rätoromanischen Rundfunksender RTR. Sie sind zwei von über 50 SRG-Reportern, die rund einen Monat lang täglich aus Brasilien berichten. Der Unterschied: Sie beide berichten auf rätoromanisch und wollen damit Fussball «zu Hause erlebbar» machen.
Selbstbewusst sagt RTR-Sportreporter Dobler gegenüber watson: «Wir Rätoromanen sind praktisch alle zweisprachig aufgewachsen. Dennoch spüren wir ein Schweizer Goal intensiver, wenn wir den Kommentar auf unserer Muttersprache hören.» Dabei sei seine rätoromanische Berichterstattung emotionaler als die von SRF. «In lateinischen Sprachen gibt's halt etwas mehr Emotionen», sagt Dobler und lacht. Deshalb kommentiere das RTR dieses Jahr erstmals alle Schweizer Spiele live.
Die Fussball-Nati hätte schweizweite Ausstrahlung. Auch im Bündnerland sei das Interesse sehr gross. «Zwar haben wir keinen rätoromanisch-sprechenden Fussballspieler in der Nati», sagt Dobler. Er merkt jedoch voller Stolz an, dass Diego Benaglios Mutter eine «waschechte Bündnerin» ist.
Was nach Ferien mit ein wenig Sportberichterstattung klingt, ist jedoch harte Knochenarbeit. Im Unterschied zu den Journalisten für die Deutschschweiz, Romandie und Tessin schickt das RTR lediglich zwei Reporter. «Wir machen dafür alles – von Livekommentar am Radio, Streaming im Internet, Social Media Beiträgen und Webseite updaten», erklärt sich Dobler. «Das macht die Arbeit spannend und vielfältig.» Andere SRG-Sender hätten für jeden Kanal spezialisierte Personen.
Für ihn sei es wichtig, die WM spürbar zu machen und über die Hintergrundgeschichten zu berichten. «Wir sind deswegen hier in Brasilien. Wir könnten auch in Chur vor dem Fernseher kommentieren», so Dobler. Dann aber sei die WM-Berichterstattung langweilig, trocken und emotionslos. «Wir wollen keine Mattscheibe sein. Für uns ist es wichtig, vor Ort mit den Spielern reden zu können», sagt Dobler.
Die Erfahrung aus 2002, als die SRG auf eine Liveberichterstattung von der WM in Japan und Korea verzichtete, zeige auf, dass die Zuhörer und Zuschauer die Weltmeisterschaft «miterleben» wollen. «Es gibt ein Bedürfnis nach Hintergrundgeschichten über die Städte und die sozialen Konflikte», hält Dobler fest, kurz bevor er weiter nach Salvador reist. Heute Abend spielt dort die Schweizer Nati gegen Frankreich – und auch er hofft auf viele «Gols per la naziunala Svizra.»