Die Krankenkassenprämien werden für immer mehr Menschen zur Last. Am Mittwoch hat der Ständerat Hoffnungen gedämpft, dass das Parlament bald Gegensteuer geben wird. Mit 22 zu 20 Stimmen ist er einem Einzelantrag von Mitte-Politiker Benedikt Würth (SG) gefolgt, nicht auf die indirekten Gegenvorschläge zur Prämieninitiative der SP von Bundesrat und Nationalrat einzutreten. Diese sahen vor, die Kantone bei den Prämienverbilligungen stärker in die Pflicht zu nehmen.
«Wenn wir meinen, Bern wisse besser, was für den Kanton X und den Kanton Y gut sei, dann gehen wir meines Erachtens in eine falsche Richtung», sagte Würth. Zwar gebe es durchaus Handlungsbedarf bei der Prämienlast. «Aber konzeptionell ist es der falsche Weg.» Allfällige Massnahmen sollten den Kantonen überlassen werden, argumentierte Würth.
Paul Rechsteiner (SP/SG) hielt dagegen, dass die Prämienlast in gewissen Haushalten heute im Extremfall bis zu 20 Prozent ausmache. «Es wäre ein Schlag ins Gesicht der Prämienzahlenden, hier einfach die Arbeit zu verweigern und zu sagen, alles habe sich bewährt.» Doch Rechsteiners Appell war vergeblich. Würth überzeugte nicht nur die Kollegen von SVP und FDP im Rat, sondern auch fünf der dreizehn Mitglieder der Mitte-Partei, womit die Mehrheit im Saal zu seinen Gunsten kippte.
Dass mit Würth ausgerechnet ein Mitte-Politiker den Anstoss zum Entscheid gegeben hat, überrascht. Denn im Nationalrat hatte die Mitte den indirekten Gegenvorschlag zur Prämieninitiative der SP unterstützt. Dieser sieht vor, dass die Kantone künftig einen minimalen Gesamtbetrag für die Prämienverbilligung einsetzen müssen. Kostenpunkt: 800 bis 900 Millionen Franken für die Kantone und 1.3 Milliarden für den Bund.
Damit ging der Nationalrat viel weiter, als es der Bundesrat gewollt hatte. Seine Version sieht nur Mehrausgaben für die Kantone vor, in der Höhe von 600 Millionen Franken. Für diesen abgeschwächten Gegenvorschlag hatte sich auch die vorbereitende Kommission des Ständerats ausgesprochen.
Die Unterstützung der Mitte zum Entlastungspaket des Nationalrats war notabene Teil einer Abmachung mit der SP, sich gegenseitig bei den Gegenvorschlägen zu ihren jeweiligen Gesundheits-Initiativen zu unterstützen. Mit ihrem Alleingang zogen die Mitte-Ständeräte deshalb den Zorn der eigenen Partei auf sich, wie sich einige Stunden nach dem Entscheid zeigte.
«Dass der Ständerat nicht einmal auf diese gegenüber dem Nationalrat finanziell abgeschwächte Vorlage eintreten will, ist für mich unverständlich und ein Fehlentscheid», liess sich Parteipräsident Gerhard Pfister in einem Communiqué zitieren. «Prämienverbilligungen sind ein wichtiges Instrument für den sozialen Ausgleich und für den Schutz der Kaufkraft der Bevölkerung», so Pfister. Auch die Allianzpartnerin SP zeigte sich frustriert und sprach von einem «Affront».
Wie konnte es so weit kommen, dass ein Teil der Mitte-Ständeräte die eigene Partei im Regen stehen liess? Mitte-Ständerat Erich Ettlin (OW), der als Sprecher der Gesundheitskommission für das Eintreten auf die Debatte plädierte, sagt gegenüber CH Media, es habe unter den Mitte-Ständeräten schon früh Bedenken bezüglich der Kantonshoheit und der Kosten gegeben. «Ich war aber überrascht, dass es in so kurzer Zeit zu einer solchen Dynamik gekommen ist.»
Auch die düstere Finanzlage des Bundes könnte laut Ettlin dabei eine Rolle gespielt haben. «Bundesrat Ueli Maurer hat ja mehrmals gegen das Paket Stimmung gemacht. Beni Würth hat diese Stimmung aufgenommen.»
Die Ironie an der Sache ist, dass Würth den Kantonen und dem Bund einen Bärendienst erwiesen haben könnte. Denn sollte das Parlament keinen indirekten Gegenvorschlag beschliessen, wird die SP ihre Prämieninitiative nicht zurückziehen, sondern vors Volk bringen. Die Vorlage verlangt, dass die Prämienlast nicht mehr als 10 Prozent des Einkommens beträgt.
Der SP-Vorschlag ist jedoch mit Abstand der teuerste, wie auch Gesundheitsminister Alain Berset (SP) im Ständerat betonte. Er sprach von 4.7 Milliarden im Jahr 2024 für den Bund und 1.1 Milliarden für die Kantone. «Die Initiative ist nicht chancenlos», sagt Erich Ettlin dazu. «Und wenn die angenommen wird, haben wir ein grösseres Problem.»
Bevor es so weit kommt, ist nun jedoch nochmals der Nationalrat am Zug. Er muss entscheiden, ob er an seinem Entscheid der letzten Sommersession festhält. Wenn ja, geht das Geschäft abermals zurück in den Ständerat. Wer weiss, ob Gerhard Pfister bis dann ein Machtwort mit seinen Ständeräten spricht.