Schweiz
Ständerat

Ringen um Kürzungen bei Entwicklungszusammenarbeit geht weiter

Ringen um Kürzungen bei Entwicklungszusammenarbeit geht weiter

09.12.2024, 17:2309.12.2024, 18:32
Mehr «Schweiz»

Der Nationalrat will für die internationale Zusammenarbeit in den Jahren 2025 bis 2028 im Grundsatz rund 11,3 Milliarden Franken ausgeben. Ganz definitiv ist der Entscheid aber noch nicht, da das nötige absolute Mehr für das Lösen der Ausgabenbremse verfehlt wurde.

Die grosse Kammer folgte am Montag in der Sache dem Bundesrat und dem Ständerat. Eine Kürzung des Betrags um eine Milliarde Franken lehnte sie hauchdünn ab.

Mit 95 zu 94 Stimmen bei drei Enthaltungen verwarf der Nationalrat einen Kürzungsantrag ihrer Finanzkommission. Diese begründete ihre Forderung mit dem Entscheid, der Armee in den nächsten Jahren mehr Geld zur Verfügung zu stellen.

Ganz definitiv ist der Entscheid noch nicht, weil in der Abstimmung über das Lösen der Ausgabenbremse das nötige Mehr von 101 Stimmen um zwei Stimmen verpasst wurde. Formal kommt dies einem Streichungsbeschluss gleich.

Das Geschäft geht nun mit dieser und einigen weiteren Differenzen zurück an den Ständerat - und danach aller Voraussicht nach nochmals in den Nationalrat. Denn dass der Ständerat die entsprechenden Verpflichtungskredite ebenfalls vollständig streicht, ist nicht zu erwarten.

Widersprechender Entscheid

Die bürgerliche Mehrheit hatte in der Budgetdebatte vergangene Woche für 2025 eine Kürzung von 250 Millionen Franken bei der Entwicklungszusammenarbeit durchgebracht. Mit der von der Finanzkommission angestrebten Kürzung wäre der Weg dafür frei geworden, auch in den drei folgenden Jahren gleich vorzugehen.

Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats war dafür, den vollen, vom Bundesrat beantragten Betrag zu sprechen. Dafür hatte sich in der Herbstsession auch der Ständerat ausgesprochen.

Für den Antrag der Finanzkommission trat die FDP ein. Das Parlament müsse die Gesamtsituation im Auge behalten, sagte Hans-Peter Portmann (FDP/ZH). Nur aus einer Position der Stärke heraus könne ein Staat helfen. Unterstützung bekam Portmann von der SVP.

Gegen die Kürzung um eine Milliarde Franken stellte sich nebst der Ratslinken und der GLP auch eine Mehrheit der Mitte-Fraktion. Diese war damit das Zünglein an der Waage. Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte/BL) verwies in ihrem Fraktionsvotum auf die jüngsten Ereignisse in Syrien: «Stabile Verhältnisse sind im unmittelbaren Interesse der Schweiz.» Es brauche Mittel, um Geflüchteten aus Syrien nun die Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen.

Aufstockung abgelehnt

Setzt sich am Ende der Bundesrat durch, stünde insgesamt für Auslandshilfe ungefähr gleich viel Geld zur Verfügung wie bisher. Vorgesehen ist allerdings eine Umschichtung der Mittel zugunsten der Ukraine-Hilfe. Neu sollen 13 Prozent der Mittel oder rund 1,5 Milliarden Franken dem Land zugute kommen.

Die Linke argumentierte, für die Länder des globalen Südens resultiere daraus eine massive Mittelkürzung. Sie wollte daher den Betrag aufstocken. Verschiedene entsprechende Anträge fanden jedoch keine Mehrheit.

Bereits in den Monaten zuvor waren Bemühungen gescheitert, für die Ukraine-Hilfe eine andere Finanzierung als jene aus dem normalen Budget der internationalen Zusammenarbeit zu finden.

«Die Ukraine braucht unsere Hilfe, aber nicht auf Kosten der ärmsten Länder», sagte dazu Fabian Molina (SP/ZH). Er wollte einen Teil der Ukraine-Hilfe durch Renditen auch in der Schweiz eingefrorener Reserven der russischen Zentralbank finanzieren. Der Rat wollte von dieser Idee aber nichts wissen. Ebenso scheiterten mehrere weitergehende Kürzungsanträge aus den Reihen von SVP und FDP.

Verknüpfung mit Migrationsfrage

Wie der Ständerat möchte auch der Nationalrat Entwicklungszusammenarbeit und Migrationspolitik verknüpfen. Demnach soll der Bundesrat Programme in Ländern reduzieren, wenn deren Regierungen auf migrationspolitische Forderungen der Schweiz nicht ausreichend eingehen. Dabei geht es unter anderem darum, ob Staaten abgewiesene Asylsuchende zurücknehmen. Die Linke wehrte sich vergeblich gegen die Aufnahme eines entsprechenden Passus.

Weiter will der Rat eine rechtliche Grundlage für den Wiederaufbau der Ukraine. Er möchte den Bundesrat beauftragen, dazu einen Vorschlag zu machen. Dabei sollen die Wiederaufbauhilfen, wenn möglich, durch Schweizer Unternehmen erfolgen oder, falls das nicht möglich ist, Gegengeschäfte angestrebt werden. Martin Bäumle (GLP/ZH) wollte die Bevorzugung von Schweizer Unternehmen streichen. Sein Einzelantrag fand aber keine Mehrheit.

Die SVP hatte ursprünglich gar nicht auf die drei Bundesbeschlüsse eintreten wollen. Ihr Nichteintretensantrag war jedoch ebenso wie ein Antrag auf Rückweisung des Geschäfts an den Bundesrat schon am Donnerstag abgelehnt worden. (hkl/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
8 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
8
    Greenpeace-Aktivisten schleusten sich als Caterer ins WEF ein

    Drei Greenpeace-Aktivisten haben sich als Mitarbeitende einer Cateringfirma Zugang zum Davoser Kongresszentrum verschafft, wie WEF-Direktor Alois Zwinggi zu Keystone-SDA sagte. Möglicherweise brauche es jetzt Anpassungen. Ein weiteres Problem sei die immer grösser werdende Parallelwelt rund ums WEF.

    Zur Story