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«Frivole Leichtfertigkeit»: Köppel giftet Sommaruga aus dem Parlament

«Frivole Leichtfertigkeit»: Köppel giftet Sommaruga aus dem Parlament

26.04.2016, 17:1626.04.2016, 19:32
Köppel am 26. April im Parlament.
Köppel am 26. April im Parlament.
Bild: KEYSTONE
anna wanner / nordwestschweiz
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Die Debatte über das Kroatien-Protokoll ist in Fahrt gekommen und Roger Köppel blüht auf. Justizministerin Sommaruga verlässt daraufhin den Saal – «fast fluchtartig».

Simonetta Sommaruga erntete für den Abgang im Saal Applaus.
Simonetta Sommaruga erntete für den Abgang im Saal Applaus.Bild: KEYSTONE

So viel Nebengeräusche sind sogar im Saal des Nationalrats selten. Als Roger Köppel (SVP/ZH) am Dienstag das Wort ergriff und Bundesrätin Simonetta Sommaruga unterstellte, sie setze sich über die Verfassung hinweg, nenne die Probleme nicht beim Namen und enteigne hiesige Hausbesitzer, um «Asylanten» in die Schweiz zu holen, verliess diese flugs den Saal.

SP-Fraktionschef Roger Nordmann signalisierte seinen Kollegen, ihr zu folgen. Die Sitze der SP-Fraktion leerten sich und blieben so lange frei, bis Köppel fertig gesprochen hatte.

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Dieser liess die Aktion nicht auf sich bewenden und fragte bei nächster Gelegenheit direkt bei der «geschätzten Frau Bundesrätin» nach, wieso sie denn bei seinem «wohlabgewogenen Votum» den Saal «fast fluchtartig» verlassen habe.

Video: kaltura.com

Sommaruga antwortete kühl: «Ich beantworte gerne Ihre Frage zu Kroatien, Herr Köppel.» Und erntete dafür Applaus – nicht nur aus den eigenen Reihen.

Der Zürcher FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann widmete den ersten Teil seiner Rede dem Zwischenfall: «Geschätzte Frau Bundesrätin, lassen Sie mich zuerst Ihnen persönlich gratulieren für Ihre aufrichtige, gradlinige Haltung gegenüber solchen persönlichen, unwürdigen Angriffen hier in diesem Saal.»

Neben Portmann sagte auch die Baselbieter CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter, sie habe Köppel zuerst um Entschuldigung beten wollen. «Aber ich glaube, es ist besser, derartige Äusserungen einfach zu ignorieren.»

Die Zürcher BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti schloss sich der Kritik an. Die Wortwahl Köppels einer Bundesrätin gegenüber sei frech und unflätig und gehöre nicht in diesen Saal.

Die Ironie der ganzen Geschichte brachte Quadranti auf den Punkt: «Ich hätte mir diesen Satz aber sparen können, da sich Herr Köppel ja seit seinem Votum nicht mehr im Saal befindet.»

Roger Köppel habe Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Dienstag unter der Gürtellinie angegriffen, erklärte Fraktionschef Roger Nordmann (VD) der Nachrichtenagentur sda. Deshalb habe die SP-Fraktion ein Zeichen gesetzt und den Saal kurzzeitig verlassen.

Jetzt auf

Bei den verbalen Entgleisungen des «Schreibtischtäters Köppel» mache die SP nicht mit, sagte Nordmann. Sommarugas Medienstelle wollte den Vorfall auf Anfrage nicht kommentieren.

Der Nationalrat gab am Dienstag grünes Licht für die Ratifikation des Kroatien-Protokolls. Bis zur Personenfreizügigkeit mit dem jüngsten EU-Mitglied ist es aber noch ein weiter Weg.

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452 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Randy Orton
26.04.2016 18:07registriert April 2016
Herr Köppel hat keinen Respekt, weder vor unserem demokratischen System noch vor Menschen. Es gab noch Zeiten, da waren Bundesräte geachtete Personen. Mit solchen Angriffen unter der Gürtellinie haben wir bald US-Verhältnisse, wo jeder einen Bodyguard braucht und alle einander beschimpfen statt zusammen diskutieren und Lösungen finden.
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Dingsda
26.04.2016 18:05registriert Dezember 2014
Gute und gerechtfertigte Aktion von Frau Sommaruga und der SP-Fraktion. Wenn jemand einfach nur Unwahrheiten und Beleidigungen von sich gibt, anstatt Lösungsorientiert zu Arbeiten, sollte man demjenigen keine Beachtung schenken, geschweige denn darauf eingehen. Da muss man mal ein deutliches Zeichen setzten.
Köppel hat gezeigt dass die SVP auch mit dem zweiten Bundesratssitz weiter und immer wieder Provozieren wird, und somit die Arbeitsabläufe verlangsamt oder teilweise verunmöglicht, um das wiederum den Linken in die Schuhe zu schieben. Solche Leute braucht es nicht im Nationalrat.
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icarius
26.04.2016 20:57registriert Juli 2015
Man kann von SS's Reaktion halten was man will aber was RK sagte war inhaltlich und im Stil unterste Schublade: 1) SS setze sich leichtfertig über die Verfassung hinweg - Das ist nicht nur rechtlich haarsträubend, sondern auch eine der schlimmsten Unterstellungen die man einem BR machen kann. 2) "Enteignungen" ? Die Möglichket zur (entschädigten) Enteignungen gibt's seit eh und je in der CH (und auch in USA etc) , 3) «um die von Ihnen ins Land geholten Männer aus Gambia, Somalia und Eritrea als Asylanten unterzubringen» - Hier beschwört RK bewusst die Angst vor dem schwarzen Mann. Widerlich.
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