Um scharfzüngige Kritik an so ziemlich allem, was nicht seiner Meinung entspricht, war SVP-Präsident Marcel Dettling in seiner bisherigen, einjährigen Amtszeit selten verlegen. Nun lanciert er in einem Interview mit dem «SonntagsBlick» einen Frontalangriff gegen Bundespräsidentin Viola Amherd – und geht dabei auch auf die persönliche Ebene über.
Dettlings Kritik dreht sich insbesondere um das Verhalten Amherds bei der Aushandlung der neuen Bilateralen zwischen der Schweiz und der EU. Er sehe kein Bundesratsmitglied, das Feuer und Flamme wäre für das neue Abkommen – ausser Amherd. Allerdings sei das nicht wegen des Inhalts:
Die Mitte-Bundesrätin habe «den grossen Zampano» gemacht und dann ihre Kollegen Cassis, Parmelin und Jans vorgeschickt, um Stellung zu nehmen. Er hätte erwartet, dass sie als Bundespräsidentin sich selbst den Medien und ihren Fragen stellt. Dettling feuert:
Er selbst kritisiert am Inhalt des Übereinkommens insbesondere die Kohäsionszahlungen von künftig 350 Millionen Franken, die die Schweiz jährlich an die EU entrichten muss, um Zugang zum Binnenmarkt zu erhalten.
Doch noch war der SVP-Scharfmacher nicht fertig mit seinen Attacken gegen Amherd. Gefragt nach seiner Wahrnehmung der Walliserin als Bundespräsidentin warf der 43-Jährige Amherd vor, sie habe bisher vor allem «Steuergeld verbrannt». Die Bürgenstock-Konferenz zum Ukraine-Krieg, bei der Amherd eine zentrale Rolle als Gastgeberin spielte (und für die sie notabene viel Lob erhielt), sei ein Desaster geworden. Amherd habe dabei nur ihr Ego gesteigert, so ein weiterer Vorwurf des Schwyzers auf persönlicher Ebene.
Das Mitte-Lager liess Dettlings Giftpfeile nicht auf sich sitzen. Mehrere Parteikolleginnen und -kollegen äusserten sich im Verlaufe des Sonntags und nahmen ihre Bundesrätin in Schutz. So schrieb die Aargauer Ständerätin Marianne Binder-Keller auf X, Dettling bringe «kein einziges plausibles Argument» hervor, sondern stattdessen nur «Beschimpfungen und Grobheiten». Ironisch attestiert sie ihm zudem ein «super Niveau».
Kein einziges plausibles Argument, nur Beschimpfungen und Grobheiten. Super Niveau, Herr Kollege. Zumal haben SVP und FDP im Bundesrat eine satte Mehrheit und hätten Entscheid verhindern können. Guter Rat: Wenn schon, vor eigener Türe wischen?#Servicetweet https://t.co/T0ScJb3aKE
— Marianne Binder 💙💛 (@BinderMarianne) December 29, 2024
Auch Marc Rüdisüli, Präsident der Jungen Mitte, bezeichnete Dettlings Äusserungen als «billige Stimmungsmache». Was der SVP-Präsident von sich gebe, sei «niveaulos» und «respektlos» gegenüber der Bundesrätin.
Vor allem billige Stimmungsmache und persönliche Angriffe von @SVPch-Dettling. Hauptsache, von der inhaltlichen Debatte ablenken. Wenn Argumente fehlen, wird man wohl persönlich. Niveauloses Verhalten. Und respektlos gegenüber unserer Bundespräsidentin @Violapamherd. https://t.co/NzHjJZYQtE
— Marc Rüdisüli (@MarcRudisuli) December 29, 2024
Amherd selbst hat sich nicht bisher nicht geäussert. In der Vergangenheit hatte sich die Walliserin im Umgang mit Kritik aus Populistenkreisen jedoch jeweils gelassen gezeigt.
Nebst seinen Angriffen gegen Amherd sprach Dettling auch über die Zuwanderung in die Schweiz, die er ein weiteres Mal als zu viel zu hoch taxierte, auch hinsichtlich Fachkräften für den Arbeitsmarkt. Bezüglich Asylwesen «koche» zudem die Volkseele, so Dettling. Er fordert, dass nur noch Menschen aufgenommen werden, die «wirklich einen Asylgrund» haben.
Ausserdem forderte er – wohl beflügelt von den Entwicklungen in den USA – ein «Moratorium für das Staatswachstum» und damit einen Einstellungsstopp für Staatsangestellte.
In den USA weibelt insbesondere Elon Musk als enger Vertrauter von Donald Trump für Staatsabbau. Trump spielt munter mit und sicherte dem Tech-Mogul und reichsten Mann der Welt gar eine eigene Behörde zu, um Vorschläge zur Reduktion der Staatsausgaben auszuarbeiten.
(con)
Richtig.
Dettlings Gepolter ist ja nicht für die Ohren der Bundesrätin gedacht, sondern für die SVP-Basis:
Pour la galerie.
Sowas nennt man überholte Überzeugungen aus der Kindheit.
Die Europäer sind freundlich, ganz nett und möchten wie Erwachsene gemeinsam sprechen und zusammen arbeiten.
Man stelle sich etwas Sendung mit der Maus Musik im Hintergrund vor.