Viel ist nicht los in Guttannen, dem 350-Seelendorf auf dem Weg zum Grimselpass. Es ist der erste Ort an der Aare. Ich finde ein nettes B&B, Käthi's B&B. Sonst gibt's hier noch Regula's Dorfladen (man beachte bei beidem den Apostroph. Der ist bekanntlich falsch. Zumindest im Deutschen. Aber für bisschen englisches Flair kann man's ja machen). Und dann steht hier noch das Hotel Bären an der Hauptstrasse. Dort esse ich. Es gibt wunderbare Rösti:
Ich sitze also da in der Gaststube. Es ist der Treffpunkt im Ort. Die Arbeiter kommen hierher, man kennt sich, es ist einiges los. Heimelig wirkt der Raum mit seinem hellen Holz. Der Bären steht schon ewig hier. Auch 1799 war hier Betrieb. Damals aber von eher ungebetenen Gästen: der französischen Armee Napoleons. Vielleicht sass der Anführer der Streitmacht, General Charles-Etienne Gudin, genau an meinem Platz.
Die Franzosen belagerten seit 1798 das Dörfchen. Zu essen gab es wenig. So plünderten sie halt immer wieder die Vorräte der Dorfbewohner. Grund für die Anwesenheit der gut 4000-köpfigen Streitmacht waren die Österreicher von Erzherzog Carl auf dem Grimselpass. Die hatten sich dort verschanzt und glaubten, eine uneinnehmbare Position errichtet zu haben. Doch die Franzosen mussten den Pass erobern. Sie wollten den Zusammenschluss der österreichischen und der von Italien kommenden russischen Alliierten von General Alexander Suworow verhindern.
Die Bewohner von Guttannen hatten ebenfalls ein Ziel: Die Franzosen los werden. So versprach der damalige Bärenwirt Niklaus Fahner ihnen einen geheimen Weg zu zeigen, um die Österreicher auszutricksen und ihnen in den Rücken zu fallen.
Fahner führte am 13. August 1799 Gebirgsjäger vom oberen Bögli über die Felsen, Schneefelder und Gletscher der Gerstenhörner sowie das Nägelisgrätli hinter die Österreicher. Der Rest der Franzosen Griff auf dem normalen Weg an. Gudin schrieb über den Kampftag am 14. August: «Erst nach unglaublichen Schwierigkeiten und einem während sechs Stunden andauernden Schusswechsel ist es uns gelungen, diese Grimselstellung zu gewinnen.» Am Ende waren die Österreicher aber besiegt.
In Guttannen wird seit 1999 mit einem Schiesswettbewerb jährlich an die Schlacht erinnert. Die Organisatoren sind sich sicher: «Hätten die Franzosen damals nicht gewonnen, die Schweiz in ihrer heutigen Form würde nicht existieren. Der Bärenwirt von Guttannen hat die Weltgeschichte beeinflusst.»
Die Franzosen zogen nach dem Sieg schnell weiter zum Gotthard, wo sie dann auf die Truppen Surowows trafen. Den Talbewohnern hier in Guttannen war das egal, sie waren froh, die Franzosen endlich los geworden zu sein.