Einiges an Ärger beschert dem SRF derzeit ein «Rundschau»-Beitrag vom 2. Februar. Im Beitrag wurden interne Dokumente des Verteidigungsministeriums (VBS) veröffentlicht. In diesen Dokumenten forderte das VBS Kampfjethersteller auf, vier verschiedene Szenarien zu simulieren.
In einem Szenario mussten die Kampfjets ins 370 Kilometer entfernte Tschechien fliegen, um dort mittels eines Präventivschlags einen Angriff auf die Schweiz zu verhindern. Als «bizarr» bezeichnete Peter Hug, ehemaliger sicherheitspolitischer Berater der SP, diese Szenarien. Man bekäme nie eine Mehrheit beim Volk für einen Kampfjet, wenn man offen deklarieren würde, dass man weit ausserhalb der Schweiz Bodenziele bombardieren wolle, so Hug.
Doch das SRF wurde auch kritisiert, dass es die Szenarien überhaupt öffentlich gemacht hat: Roland Beck, Militärhistoriker und Oberst im Generalstab, hielt es für problematisch, dass das SRF die Szenarien publik machte. Sie würden wohl genau aus der Angst zurückbehalten, dass diese Szenarien falsch verstanden oder missbraucht werden könnten.
Für viele bürgerliche Politiker, unter anderem auch Mitte-Präsident Gerhard Pfister, war der «Rundschau»-Beitrag ein Beispiel dafür, dass die SRG nicht ausgewogen berichte. «Das SRF tut alles, damit die Schweiz keine Luftwaffe mehr haben wird. Um dann dem VBS auch dieses Versäumnis vorzuwerfen», schreibt Pfister auf Twitter.
@SRF tut alles, damit die Schweiz keine Luftwaffe mehr haben wird. Um dann dem VBS auch dieses Versäumnis vorwerfen zu können. #Armeeabschaffungsservice https://t.co/519u5X9h6r
— Gerhard Pfister (@gerhardpfister) February 3, 2022
Das Team von SRF Investigativ, das für den «Rundschau»-Beitrag verantwortlich war, liess Pfisters Kritik nicht auf sich sitzen und reagierte – ebenfalls auf Twitter.
Sehr geehrter @gerhardpfister, SRF verfolgt das Ziel, Transparenz zu schaffen. Der Beitrag war ausgewogen, die Kampfjetbefürworter in der Mehrheit. Eine konstruktive Diskussion wäre zielführender als unbegründete Pauschalkritik. https://t.co/gI8sdPV7tL
— SRFinvestigativ (@SRFinvestigativ) February 4, 2022
Wenige Tage nach der Kritik am «Rundschau»-Beitrag folgte der Paukenschlag. Nach der «No Billag»-Initiative, die 2018 von Volk und Ständen abgelehnt wurde, könnte dem Schweizer Radio und Fernsehen erneut Ungemach drohen.
Recherchen von CH Media zufolge hat sich ein überparteiliches Komitee formiert, das eine Halbierungsinitiative lancieren will. Mithilfe der Initiative sollen die SRG-Gebühren auf 200 Franken gekürzt werden. Im Komitee sitzen sollen unter anderem SVP-Nationalrat Thomas Matter oder Hans-Ulrich Bigler, der Direktor des schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV).
SVP-Präsident Marco Chiesa rechnet der Initiative gute Chancen ein: «Wir kritisieren, dass die SRG als mächtigstes Medium der Schweiz die Welt mehrheitlich aus einer linken Optik beschreibt. Das ist in jeder Hinsicht inakzeptabel. Daher dürfte eine Volksinitiative, die eine Halbierung der Zwangsgebühr auf 200 Franken vorsieht, in der Bevölkerung breite Unterstützung finden», so Chiesa gegenüber CH Media.
Noch ist die Initiative nicht zu Papier gebracht, doch die Reaktionen darauf folgten postwendend. Gegenüber dem Branchenmagazin «Persönlich» sagte der Verein für Demokratie und Medienvielfalt, dass man eine Halbierungsinitiative «mit aller Kraft bekämpfen und den Service Public verteidigen» werde.
Auch SRF-Exponenten äusserten sich zur Halbierungsinitiative. Es sei wenig überraschend, dass die SVP unter «gütiger Mithilfe der FDP und Gerhard Pfister die SRG ins Visier nehme», schrieb SRF «Arena»-Moderator Sandro Brotz auf Twitter.
Wenig überraschend nimmt die SVP unter gütiger Mithilfe von FDP und Gerhard Pfister die SRG ins Visier. Wir Programmmacher tun weiter mit Leidenschaft das, was unser Job und der gesetzliche Auftrag vorgibt: Journalismus, sachgerecht, ausgewogen, kritisch zu allen Parteien. ^bro
— Sandro Brotz (@SandroBrotz) February 7, 2022
Prompt folgte die Antwort von Mitte-Präsident Pfister: Brotz' Statement sei wenig überraschend und in seinen Sendungen sei «kaum Fairness zu erwarten», twitterte der Nationalrat zurück. Gegenüber watson sagt Pfister, dass Brotz ihm Beihilfe bei der Halbierungsinitiative vorwerfe. «Ich unterstütze diese nicht», so Pfister.
Solchermassen von einem Moderator des öffentlich-rechtlichen Senders Beurteilte werden von diesem kaum Fairness erwarten dürfen in von ihm moderierten Sendungen. https://t.co/Xhpm5RetG1
— Gerhard Pfister (@gerhardpfister) February 8, 2022
Brotz sagt, dass er darauf hinweisen wollte, dass in der «Arena» Ausgewogenheit und Sachgerechtigkeit zentral seien. «Die Aussage war lediglich: Wir bleiben kritisch in alle politischen Richtungen, unabhängig von welcher Seite Druck kommt.» Die konkrete Kritik von Pfister an seiner Sendung könne er nicht nachvollziehe. Auf Twitter forderte er Pfister auf, ihm Beispiele zu nennen, wo er zu wenig fair war. Pfister ging nicht darauf ein.
Damit noch nicht genug: Auch SRF-TV-Chefredaktor Tristan Brenn schaltet sich in die Twitter-Diskussion ein. Mit einem ironischen Tweet zum Abgang des SRF-Mitarbeiters Andy Müller kritisiert er den Vorwurf, die SRG würde nur linke Medienschaffende beschäftigen.
Schon wieder ein linker SRF-Journalist, der sich outet. Lieber Andy, du warst hervorragend und wirst uns fehlen. Herzlichen Dank für alles! https://t.co/yBd3nB61IL
— Tristan Brenn (@brenntr) February 9, 2022
(ohe)
Dies nennt sich nicht unausgewogen, sondern schlichtweg und einfach Transparenz.
Aber die Paradedisziplin der Politiker, nämlich das Lügen, hat so halt keinen goldenen Boden mehr und einmal mehr beweist es:
Lügen haben kurze Beine.
Wenn man ziemlich rechts steht, sieht eine neutrale Berichterstattung nun mal linkslastig aus.
Z.B. Arena: da sind sehr oft SVP'ler die lautesten. Ein linkes Medium würde die gar nicht mehr einladen. Auf keinen Fall.