Er will es genau wissen: Armeechef Thomas Süssli lässt überprüfen, ob das Militärgesetz revidiert werden muss, damit die Armee im Kriegsfall zivile Materialrequisitionen durchführen kann. Einen entsprechendem Auftrag hat er dem Chef des Armeestabes, Divisionär Jean-Paul Theler, am 13. Juni erteilt. Armeesprecher Daniel Reist bestätigt den Vorgang auf Anfrage gegenüber watson.ch/fr und begründet diese Initiative mit «der Rückkehr des Krieges nach Europa»:
Der Antrag bezieht sich auf Artikel 81 des Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung. Dieser Artikel bezieht sich auf den Aktivdienst, sprich den Einsatz der Armee im Falle eines Konflikts oder eines drohenden Krieges. Diese gesetzliche Bestimmung ermöglicht es der Armee, für gewisse Firmen «den militärischen Betrieb anzuordnen». Genannt werden:
Armeechef Süssli will wissen, was das Gesetz genau erlaubt. Kann die Armee die Dinge, die sie für ihren Kriegseinsatz benötigt, von Amts wegen requirieren?
Im Fokus stehen dabei Lastwagen, Baumaschinen und Busse. Im Grunde alles, was mit Logistik und Versorgung zu tun hat – das Rückgrat einer Armee im Kriegsfall.
Hintergrund dieser Überlegungen ist, die Armee von einem Teil der logistischen Aufgaben zu entlasten, so dass sie sich ihrer eigentlichen Aufgabe widmen kann.
Julien Grand, stellvertretender Chefredakteur der «Schweizer Militärzeitschrift», skizziert gegenüber watson ein mögliches Szenario:
Und: Es müssten noch weitere Aspekte geklärt werden. So unter anderem der Rechtsstatus von Zivilisten, die zur Zusammenarbeit verpflichtet sind oder sich freiwillig melden, sagt Julien Grand:
Grand verweist auf die prorussischen Regionen in der Ukraine, wo Todesurteile gegen zivile Freiwillige ausgesprochen werden, die beim ukrainischen Militär mitgearbeitet haben. «Es wäre daher angebracht, den Zivilisten, die als Stellvertreter in einem Konflikt angeheuert werden, den Rechtsschutz zu garantieren, den die Soldaten geniessen.»
Die Zusammenarbeit zwischen Militär und Zivilisten ist eine der Grundprinzipien der Milizarmee. «Bei der Covid-19-Pandemie haben die Armee, der Zivildienst und die Rega vollumfänglich zusammengearbeitet», erinnert sich Armeesprecher Daniel Reist. Aber im Moment sei rechtlich nicht alles klar geregelt und entspreche den aktuellen Herausforderungen. Es gehe darum, den Krieg wieder als eine mögliche Perspektive für die Schweiz zu betrachten.
Muss dafür das Militärgesetz angepasst oder kann der politisch einfachere Weg über eine Verordnung beschritten werden? Dies soll die Analyse von Jean-Paul Theler zeigen.