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Armeechef lässt Requisitionen im Kriegsfall prüfen

ARCHIVBILD ZUM FINANZLOCH IM INFORMATIKBUDGET DER ARMEE UM 100 MILLIONEN FRANKEN, AM MONTAG, 18. OKTOBER 2021 - Thomas Suessli, Chef der Schweizer Armee, portraitiert am 6. Mai 2020 auf der Terrasse d ...
Thomas Süssli, Chef der Armee, prüft eine Anpassung des Militärgesetzes.Bild: keystone

Dein Lkw ist nun unser Lkw: Armeechef lässt Requisitionen im Kriegsfall prüfen

Die Schweizer Armee will im Kriegsfall auf zivile Güter zugreifen können. Im Fokus stehen Lastwagen, Busse und Baumaschinen. Doch genügt das aktuelle Militärgesetz den Anforderungen? Das will der Armeechef nun wissen.
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21.06.2022, 11:2121.06.2022, 12:15
Antoine Menusier / watson.ch/fr
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Er will es genau wissen: Armeechef Thomas Süssli lässt überprüfen, ob das Militärgesetz revidiert werden muss, damit die Armee im Kriegsfall zivile Materialrequisitionen durchführen kann. Einen entsprechendem Auftrag hat er dem Chef des Armeestabes, Divisionär Jean-Paul Theler, am 13. Juni erteilt. Armeesprecher Daniel Reist bestätigt den Vorgang auf Anfrage gegenüber watson.ch/fr und begründet diese Initiative mit «der Rückkehr des Krieges nach Europa»:

«Man hat uns gesagt – oder wir haben 30 Jahre lang geglaubt –, dass ein Krieg auf europäischem Boden nicht mehr möglich sein wird. Der Konflikt in der Ukraine zeigt uns das Gegenteil.»

Der Antrag bezieht sich auf Artikel 81 des Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung. Dieser Artikel bezieht sich auf den Aktivdienst, sprich den Einsatz der Armee im Falle eines Konflikts oder eines drohenden Krieges. Diese gesetzliche Bestimmung ermöglicht es der Armee, für gewisse Firmen «den militärischen Betrieb anzuordnen». Genannt werden:

  • «die mit öffentlichen Aufgaben betrauten privaten Unternehmen, mit Aus­nahme der vom Bund konzessionierten Transportunternehmen»,
  • «die militärischen Anstalten und Betriebe».

Armeechef Süssli will wissen, was das Gesetz genau erlaubt. Kann die Armee die Dinge, die sie für ihren Kriegseinsatz benötigt, von Amts wegen requirieren?

Im Fokus stehen dabei Lastwagen, Baumaschinen und Busse. Im Grunde alles, was mit Logistik und Versorgung zu tun hat – das Rückgrat einer Armee im Kriegsfall.

Mit Bussen aus Lausanne an die Front in St.Gallen

Hintergrund dieser Überlegungen ist, die Armee von einem Teil der logistischen Aufgaben zu entlasten, so dass sie sich ihrer eigentlichen Aufgabe widmen kann.

Julien Grand, stellvertretender Chefredakteur der «Schweizer Militärzeitschrift», skizziert gegenüber watson ein mögliches Szenario:

«Die militärische Front befindet sich in St.Gallen, im Osten der Schweiz. Anstatt Militärtransporte zu verwenden, um Material und Truppen von Genf und Lausanne an die Front zu bringen, würden zivile Transportmittel requiriert und Fahrer eingesetzt werden, die ebenfalls Zivilisten sein könnten.»
Julien Grand

Und: Es müssten noch weitere Aspekte geklärt werden. So unter anderem der Rechtsstatus von Zivilisten, die zur Zusammenarbeit verpflichtet sind oder sich freiwillig melden, sagt Julien Grand:

«Bei Gefangennahme durch den Feind geniessen Zivilisten nicht den Schutz, den die Genfer Konventionen Soldaten gewähren.»

Grand verweist auf die prorussischen Regionen in der Ukraine, wo Todesurteile gegen zivile Freiwillige ausgesprochen werden, die beim ukrainischen Militär mitgearbeitet haben. «Es wäre daher angebracht, den Zivilisten, die als Stellvertreter in einem Konflikt angeheuert werden, den Rechtsschutz zu garantieren, den die Soldaten geniessen.»

Die Zusammenarbeit zwischen Militär und Zivilisten ist eine der Grundprinzipien der Milizarmee. «Bei der Covid-19-Pandemie haben die Armee, der Zivildienst und die Rega vollumfänglich zusammengearbeitet», erinnert sich Armeesprecher Daniel Reist. Aber im Moment sei rechtlich nicht alles klar geregelt und entspreche den aktuellen Herausforderungen. Es gehe darum, den Krieg wieder als eine mögliche Perspektive für die Schweiz zu betrachten.

Muss dafür das Militärgesetz angepasst oder kann der politisch einfachere Weg über eine Verordnung beschritten werden? Dies soll die Analyse von Jean-Paul Theler zeigen.

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78 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Mezzomix
21.06.2022 12:09registriert Februar 2019
Die Armee ist eine Krisenorganisation und klärt ab, was in Krisen möglich ist. Also wird ei fach der Job gemacht, danke.
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Donny Drumpf
21.06.2022 11:56registriert November 2019
Lieber so als tausende LKWs zusätzlich kaufen und verstauben lassen.
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Chill Dude
21.06.2022 11:35registriert März 2020
Das ist doch nicht neu, wir hatten auch schon zivile Fahrzeuge in den WKs.
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