Bastien Girod hat höchstens Aussenseiterchancen auf einen Sitz im Ständerat. Die Wahl von Ruedi Noser (FDP) und Daniel Jositsch (SP) gilt gemäss einer Prognose der «Schweiz am Sonntag» als fast sicher – wenn auch wohl erst im zweiten Wahlgang.
Wer aber am vergangenen Montag einen Blick auf die Wahlbörse des «Tages-Anzeigers» geworfen hat, der kommt auf eine andere Voraussage: Da gibt es am Einzug von Girod in die kleine Kammer keine Zweifel – der Grüne liegt mit 100 Prozent auf Platz 1. Weit abgeschlagen folgt Daniel Jositsch mit 48 Prozent. Etwas später lag der Grünen-Nationalrat dann mit 39 Prozent auf Rang 2.
Das wirft die Frage auf: Wurde die Wahlbörse der Zeitung manipuliert? Denn Girod bewegte sich zuvor und danach konstant ausserhalb der Top 2, aktuell liegt er mit 24 Prozent auf Rang vier. Hinter Jositsch, Noser und Hans-Ueli Vogt von der SVP.
Wie die Wahlbörse funktioniert, ist auf der Website festgehalten:
Die Devise lautet also:
gewählt für den Zürcher Ständerat sind: Bastien Girod und Daniel Jositsch.. Das sagt jedenfalls zur Zeit die Tagi-Wahlb...
Posted by Bastien Girod on Monday, September 28, 2015
Was ist passiert? Einzelne Personen haben wohl Aktien des Grünen-Politikers und Umweltwissenschafters zu überhöhten Preisen gekauft – und so seinen Wert künstlich nach oben getrieben. Der «Tages-Anzeiger» bestätigte gegenüber dem watson-Leser die Manipulationen:
Bastien Girod, der einen Screenshot der für ihn vorteilhaften Rangliste am Montag auf seiner Facebook-Seite geteilt hat, sagt auf Anfrage: «Ich habe das Bild auf Facebook mit einem Augenzwinkern gepostet. Natürlich war mir klar, dass das so nicht sein kann.» Wer hinter den Manipulationen steckt, kann sich Girod aber nicht erklären: «Eine Kampagne der Grünen war es jedenfalls nicht, das kann ich Ihnen versichern.»
Der «Tages-Anzeiger» schrieb dazu in einer Mail an den watson-Leser lediglich: «[...] unsere Wahlbörsenmoderatoren achten darauf, dass die Kurse möglichst nicht manipuliert werden» und: «Kursschwankungen sind ein temporäres Phänomen und haben keinerlei Auswirkung auf die endgültige Prognose der Wahlbörse.»
Tamedia-Sprecherin Eliane Loum bestätigte gegenüber watson, dass es zu einem Fall von Manipulation gekommen sei, hält aber fest, dass es sich um einen Einzelfall handelt. Damit sich ein solcher Fall nicht wiederholt, seien die Projektverantwortlichen an einer vertieften Analyse. «Ganz ausschliessen lassen sich die Manipulationen aber nicht – genauso wenig wie bei einer behördlichen Wahl», sagt die Mediensprecherin. Wer genug «kriminelle Energie» an den Tag legt, der könne beides fälschen. «Letztlich muss man aber sehen, dass es sich bei der TA-Wahlbörse um ein Spiel handelt», betont Loum.
Angesprochen auf seine Wahlchancen gibt sich Girod kämpferisch: «Zu Beginn des Wahlkampfs hat man mir keinen Kredit gegeben. Mittlerweile sieht das ein wenig anders aus: Wenn Jositsch tatsächlich im ersten Wahlgang gewählt wird, dann könnten sich Noser und Vogt im zweiten Durchgang gegenseitig Stimmen wegnehmen.» In diesem Fall wäre Girod der lachende Dritte. Aber der Grünen-Nationalrat hält fest: «Eine Wahl wäre natürlich eine Sensation». (wst)
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