Schweiz
Verbrechen

Travis the creator: Influencer bleibt straffrei für Sex mit Minderjährigen

«Sie begann zu weinen» – Zürcher Influencer erhält keine Strafe für Sex mit Minderjähriger

Wegen mehrfacher mutmasslicher Vergewaltigung muss sich ein Zürcher Influencer vor Gericht verantworten. Straffrei bleibt er aber für Geschlechtsverkehr mit einer Minderjährigen – und erhält dafür sogar 300 Franken «Genugtuung».
17.02.2025, 10:4218.02.2025, 05:22
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«Don't be shy», flüsterte er seinen mutmasslichen Opfern ins Ohr, bevor er sie vergewaltigte: Der unter seinem Pseudonym bekannte 30-jährige Zürcher Influencer «Travis the Creator» muss sich im März vor Gericht verantworten.

Vorgeworfen wird ihm mehrfache Vergewaltigung, mehrfache sexuelle Nötigung sowie die Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch Aufnahmegeräte. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Unabhängig davon bleibt er jedoch straffrei für den Geschlechtsverkehr mit einem Kind – ein Offizialdelikt – obwohl er geständig ist, wie der «Tagesanzeiger» berichtet.

«Sie begann zu weinen»

Bei den Fällen, die im März vor Gericht kommen, waren die Frauen zwischen 18 und 21 Jahre alt. Doch insgesamt gaben 12 Frauen an, zum Tatzeitpunkt minderjährig gewesen zu sein, sechs von ihnen sogar unter 16.

Ein pikanter Fall etwa ist der von Maria*. Gemäss dem «Tagesanzeiger» lernte sie «Travis» im Januar 2019 in einer Bar an der Zürcher Langstrasse kennen, in die man erst ab 20 Jahren kommt. Später am Abend hatten sie Sex in seiner Wohnung – sie war 15 und er 24.

Wie Maria sagt, sei der Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen gewesen. Travis hingegen behauptete, es war einvernehmlich. Bis etwas passierte, wie «Travis» selbst gegenüber der Polizei aussagte:

«Inmitten des Verkehrs begann sie zu weinen. Wenn eine Person weint, fragt man sich, wieso. Sie beschimpfte mich, dass sie das nicht wolle.»

Danach habe er aufgehört. Und sie habe ihm gesagt: «Weisst du, wie alt ich bin?» Erst dort habe er gemerkt, dass sie «viel jünger als ich» war, beteuerte er vor Gericht.

Trotz seines Geständnisses vom Geschlechtsverkehr mit einem Kind blieb «Travis» straffrei. Warum?

300 Franken Genugtuung

Die Staatsanwaltschaft begründete die Einstellung des Verfahrens damit, dass «Travis» Maria in einem Club kennengelernt habe, der erst ab 20 Jahren zugänglich sei, und sie an dem Abend Alkohol für über 18-Jährige konsumiert habe. Daher habe er nicht erkennen können, dass sie minderjährig war.

Hinzu kommt, dass Maria ihre Anzeige wegen Vergewaltigung im Jahr 2023 zurückzog, aus «privaten Gründen». Ohne stärkere Beweise und ohne die Aussage des mutmasslichen Opfers blieb nichts übrig, als das Verfahren einzustellen.

Wegen eines Copy-Paste-Fehlers durch die Staatsanwaltschaft erhält «Travis» für den Fall aber noch 300 Franken Entschädigung. Eigentlich sei nämlich nicht geplant gewesen, dass «Travis» eine Genugtuung erhalte, doch weil der Staatsanwaltschaft ein «Kopierfehler» passierte, wird der Beschuldigte für den Vorfall mit der 15-Jährigen trotzdem aus der Staatskasse entschädigt. (kma)

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124 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Fritz_Forelle
17.02.2025 10:53registriert März 2022
Was hab ich hier gerade gelesen….
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ELMatador
17.02.2025 11:42registriert Februar 2020
Eigentlich müsste man hier die Bar vor Gericht ziehen, weil sie es zugelassen hat, dass Minderjährige in ihrer Bar harten Alkohol konsumiert haben.

Des Weiteren wurde mir als Kind eingetrichtert, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt. Grundsätzlich ist es wichtig, beim Anbandeln im Ausgang ein bisschen herauszuspüren, ob die andere Person überhaupt Lust hat und in der Verfassung ist, dies zu wollen. Anhand der wenigen Informationen hier scheint mir keines davon zuzutreffen.

Ich denke, dass die Staatsanwaltschaft in diesem Fall die Anklage wohl ausweiten könnte.
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Spiegelbild
17.02.2025 11:29registriert Juli 2019
Also verstehe ich das richtig… Der Täter wird freigesprochen, und die angeführten Gründe sind, dass das Opfer an einem Ort war und Alkohol konsumiert hat, obwohl sie dafür gesetzlich zu jung war. ALSO ist das Opfer jetzt selbst schuld, obwohl offensichtlich der Jugend und Kinderschutz an diesem Abend in nahezu allen Bereichen versagt haben? Dass ein 15-jähriges pubertierendes Kind dumme Entscheidungen trifft, ist ja nur natürlich. Dafür gibt es ja genau solche Gesetze, die sie schützen sollten.
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