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Bundesrat soll mehr Spielraum erhalten für Kriegsmaterial-Exporte

Bundesrat will Spielraum erhalten für Ausfuhr von Kriegsmaterial

15.05.2024, 10:2115.05.2024, 11:54
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ZUR UEBERSICHT DER AUSFUHR VON KRIEGSMATERIAL IM JAHR 2017, STELLEN WIR IHNEN HEUTE, 27. FEBRUAR 2018, FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Das geladene Magazin eines Sturmgewehr 90 waehrend der Au ...
Die Änderung des Kriegsmaterialgesetzes ist umstritten.Bild: KEYSTONE

Der Bundesrat will mehr Spielraum haben bei der Bewilligung von Kriegsmaterial-Ausfuhren, auch mit Rücksicht auf die Schweizer Industrie. Er hat am Mittwoch die Vernehmlassung eröffnet zu einer vom Parlament verlangten, aber umstrittenen Änderung des Kriegsmaterialgesetzes.

Gemäss der vorgeschlagenen Abweichungskompetenz soll der Bundesrat bei ausserordentlichen Umständen von den gesetzlich verankerten Bewilligungskriterien abweichen können, wenn die Wahrung von aussen- und sicherheitspolitischen Interessen es erfordert. Verlangt hatte die Anpassung das Parlament mit einer Motion.

2021 noch abgelehnt

Dieser Vorstoss greife einen Vorschlag auf, den die Landesregierung vor gut drei Jahren selbst gemacht hatte, und zwar im indirekten Gegenvorschlag zur Korrektur-Initiative, schreibt der Bundesrat zum Entscheid. Die Initiative verlangte, Kriegsmaterial-Exporte in Bürgerkriegsländer zu unterlassen. In den Räten wurde dieser Vorschlag des Bundesrates dann aber abgelehnt.

Der Bundesrat muss sich gemäss dem Vernehmlassungsentwurf trotz Abweichungskompetenz ans Neutralitätsrecht und an die internationalen Verpflichtungen der Schweiz halten. Ein Abweichen von den Bewilligungskriterien ist auch nicht möglich bei Ländern, die die Menschenrechte schwerwiegend und systematisch verletzen.

Vor allem in Staaten, mit denen die Schweiz Handel mit Kriegsmaterial betreibt, will der Bundesrat Kriegsmaterial-Exporte neu bewilligen können, wenn dies nach heutigem Recht nicht möglich ist. Unter anderem ist es verboten, an Länder zu liefern, die in interne oder internationale Konflikte verwickelt sind.

Der Bundesrat will mehr Flexibilität nicht zuletzt mit Rücksicht auf die Schweizer Rüstungsindustrie. Die neue Kompetenz bezwecke in erster Linie, im Falle ausserordentlicher Umstände die Einbindung der Schweizer Sicherheits- und Wehrtechnikindustrie in die komplexen internationalen Wertschöpfungsketten aufrechtzuerhalten, schreibt er.

Parlament wird einbezogen

Greift der Bundesrat auf die Abweichungskompetenz zurück, muss er das Parlament einbeziehen. Dieses solle seiner Aufsichtsrolle über die Exekutive vollumfänglich nachkommen können, schreibt er. Auch soll nur während einer begrenzten Zeit von den Bewilligungskriterien abgewichen werden dürfen.

Beschliesst der Bundesrat die Abweichung mit einer Verfügung, muss er die Sicherheitspolitischen Kommissionen der Räte innert 24 Stunden darüber informieren. Erlässt er hingegen eine Verordnung, muss diese gemäss Vorschlag «angemessen» befristet sein.

Gelten kann sie maximal vier Jahre. Eine einmalige befristete Verlängerung ist möglich. Soll die Ausnahmekompetenz noch länger gelten, muss der Bundesrat eine Gesetzesanpassung beantragen, und diese würde dann dem fakultativen Referendum unterstehen.

Will der Bundesrat auf die Abweichungskompetenz zurückgreifen, muss dies zeitlich und auch aus sachlichen Gründen derart dringend sein, dass die Zeit nicht reicht für gesetzgeberische Arbeiten. Zeitliche Dringlichkeit könnte zum Beispiel gegeben sein, wenn Komponenten, für die ein Ausfuhrgesuch vorliegt, im Ausland sehr dringend gebraucht werden, wie es im Bericht zur Vorlage heisst.

Mehr Spielraum für den Bundesrat beim Bewilligen von Exportgesuchen für Kriegsmaterial forderte im Dezember 2023 das Parlament mit einer Motion. Gegen den Widerstand von SP, Grünen und GLP sagten die Räte Ja zum Vorstoss für eine Ergänzung des Kriegsmaterialgesetzes.

Widerstand angekündigt

Das Umfeld habe sich seit dem Beginn des Angriffskriegs von Russland in der Ukraine im Februar 2022 stark verändert, hiess es aus dem Befürworterlager. Eine starke Rüstungsindustrie sei wichtig für die Schweiz und für Kunden dieser Industrie im Ausland. Ein Freipass für den Bundesrat sei die Abweichungskompetenz nicht.

Die Gegner erinnerten im Parlament daran, dass die Räte den fraglichen Artikel aus dem Gegenvorschlag des Bundesrats zur Korrektur-Initiative gestrichen hätten. Das habe entscheidend zum Rückzug der Initiative beigetragen. Es sei undemokratisch, die Bestimmung dennoch einzuführen.

Nur Minuten nach dem Entscheid im Nationalrat für die Motion kündigte die Gruppe Schweiz ohne Armee (Gsoa) das Referendum gegen die geplante Gesetzesrevision an. Die Grünen teilten mit, sie würden ein solches prüfen.

Die Vernehmlassung dauert bis zum 4. September. (sda)

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Firefly
15.05.2024 12:04registriert April 2016
Wichtig ist, dass die Schweiz weiterhin keine Waffen an kriegsführende Länder exportiert. Und kriegsführende Länder sind Länder, die in anderen Ländern Krieg führen oder die eigene Bevölkerung mit Militär und Waffengewalt unterdrücken. Das sollte ja allen klar sein. Die Ukraine gehört da zum Beispiel nicht dazu, die verteidigt sich nur gegen Russland. Russland hingegen führt Krieg gegen die Ukraine.

Sollte für jeden einleuchtend sein, ausser man haftet einer Ideologie an.
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