Schweiz
Wallis

Stall wurde nicht evakuiert – Blattner Schäfer wurde wohl verschüttet

epa12147080 A view of the area a few days after an avalanche destroyed the village of Blatten, Switzerland, 31 May 2025. A large part of the Blatten village, located in the Loetschental Valley in the  ...
Das Tal wurde bei Blatten regelrecht mit Geröll aufgeschüttet.Bild: keystone

Sein Stall wurde nicht evakuiert – vermisster Schäfer in Blatten wurde wohl verschüttet

Der nach dem Blattner Bergsturz Vermisste ist ein 64-jähriger einheimischer Schafzüchter. Sein Stall lag knapp ausserhalb der Evakuierungszone. Doch die Schuttmasse drang weiter vor als angenommen – das hat nun eine Untersuchung zur Folge.
02.06.2025, 07:2802.06.2025, 08:07
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Rund 300 Meter ausserhalb der Evakuierungszone befand sich der Stall des Schafzüchters, in Tenmatten zwischen Blatten und Wiler. Seit dem Bergsturz vergangene Woche wird der 64-Jährige vermisst. Der Schafzüchter befand sich zum Zeitpunkt, als der Berg oberhalb von Blatten kollabierte, bei seinen Tieren, wie die «SonntagsZeitung» unter Berufung auf eine «informierte Quelle» berichtete.

Der Stall des Schafzüchters befand sich am Tennmattenweg, zwischen der Lonza und der Talstrasse.

Matthias Ebener, Infochef des Führungsstabs, bestätigte gegenüber der Zeitung zudem, dass das Gebiet beim Stall nicht zur Evakuierungszone gehörte:

«Der Weiler Tennmatten bei Blatten war zum Zeitpunkt des Bergsturzes nicht evakuiert. Dieser Ort befand sich zum Ereigniszeitpunkt ausserhalb der gefährdeten Zone.»

Die Strasse zum Weiler sei jedoch abgesperrt gewesen. Weshalb sich der Bauer dennoch in seinem Stall aufhielt, ist Gegenstand laufender Untersuchungen.

Dass überhaupt Gebäude, wie der Stall des Schäfers, ausserhalb der Evakuierungszone verschüttet wurden, lag an der Wucht des Abbruchs. Da mehr Material als vorausgesagt ins Tal donnerte, schwappte das Geröll bis weit auf die andere Talseite über – und beschädigte auch Gebäude ausserhalb der Evakuierungszone. Die Staatskanzlei bestätigt:

«Das Volumen des Gletschers war grösser als geschätzt und auch das gesamte Material, das einbrach, war grösser als erwartet.»

Jetzt wird sich die Staatsanwaltschaft mit dem mutmasslichem Tod des 64-jährigen Schäfers befassen. Sie soll etwa klären, ob den Naturgefahren-Experten eine Fehleinschätzung unterlief.

Sepp Gander, der oberhalb von Wiler ein Haus hat, kannte den Schäfer. Gegenüber «20 Minuten» sagt er:

«Dass er ausgerechnet beim Bergsturz im Stall bei seinen Schafen war, ist eine Tragödie.»

Dass die Staatsanwaltschaft nun untersuchen will, warum der Bereich, in dem der 64-Jährige sich vermutlich aufhielt, nicht evakuiert wurde, sieht Gander aber kritisch:

«Ich finde es völlig daneben, dass man jetzt jemanden dafür verantwortlich machen will.»

Aus seiner Sicht haben die Behörden alles getan, um die Bevölkerung bestmöglich zu schützen. «Es ist doch absurd, ausgerechnet diejenigen ins Visier zu nehmen, die unter enormem Druck Entscheidungen treffen mussten.» Für Gander ist klar: «Hier gibt es keinen Schuldigen – das war die Natur, und die ist nun mal unberechenbar.»

Die aktuellen Entwicklungen im Lötschental im Überblick:

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Gletscherabbruch in Blatten VS
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Gletscherabbruch in Blatten VS

Der Fluss Lonza ist vom Geröll vollständig aufgefüllt worden. Das Wasser staut sich nun in einem entstandenen See auf.

quelle: keystone / jean-christophe bott
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«Ich konnte den Staub schmecken» – Anwohnerin berichtet vom Gletschersturz in Blatten
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73 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Balabar
02.06.2025 08:21registriert September 2017
Dass es eine Untersuchung gibt ist normal. Das heisst ja nicht, dass jemand verurteilt werden muss. Eine Untersuchung ergibt auch Erkenntnisse, die bei einem nächsten Mal den Verantwortlichen helfen können.
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Xicotencatl Axayacatl
02.06.2025 08:14registriert August 2024
Natürlich ermittelt die Staatsanwaltschaft. Das ist völlig normal, wenn jemand mutmasslich ungeklärt ums Leben kommt. Es geht doch nicht darum, einen Schuldigen zu finden, sondern zu verstehen, was passiert ist und warum, um in Zukunft ähnliche Fehler zu vermeiden. Wenn die Ermittlung tatsächlich strafrechtlich relevantes hervorbringt, dann ist es legitim, dass auch dem nachgegangen wird. Ich verstehe nicht, wieso die völlig unqualifizierte Meinung des Anwohners so prominent zitiert wird.
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susika
02.06.2025 08:28registriert März 2022
Traurig. Eine Untersuchung ist natürlich normal, muss ja dadurch kein Schuldiger geben, sondern einfach das Geschehene untersuchen.

Ist natürlich schwierig so ein Ereignis abzuschätzen. Hätten die Behörden das ganze Tal evakuiert wäre es auch nicht gut gewesen und als übertrieben empfunden worden.
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