Was war das für ein November? Schon bis Mitte des Monats hat es auf der Alpennordseite doppelt so viel geregnet wie im Durchschnitt der letzten 30 Jahre. Ende Monat liegen die Werte mancherorts deutlich über 200 Prozent, lokal auch über 300 Prozent über der Norm, wie Stephan Bader von Meteo Schweiz erklärt.
«In diesem Jahr hatten die Tiefdruckgebiete ab Mitte Oktober eine sehr südliche Zugbahn, was lokal zu grossen Niederschlagsmengen führte», erklärt SRF-Meteorologe Felix Blumer den Rekord-nassen November. Da die Wassertemperaturen über dem Atlantik hoch waren und auch die Luft für die Jahreszeit sehr hohe Temperaturen aufwies, konnte sie sehr viel Feuchtigkeit in die Schweiz transportieren. «Es gab daher also nicht nur sehr oft Niederschlag, sondern meist auch intensiven Niederschlag», sagt Blumer.
Das zeigt sich auch in den Bergen, wo Ende November überdurchschnittlich viel Schnee liegt. Zum Beispiel 2 Meter auf dem Säntis und 1.3 Meter auf dem Weissfluhjoch, wo sonst an beiden Messorten zu dieser Jahreszeit nur 60 Zentimeter liegen.
Der nasseste November seit Messbeginn ist nicht der einzige Wetterrekord dieses Jahr. Bader zählt weitere auf: In der Region Schaffhausen war es noch nie so nass, im November gab es auf dem Säntis mit 725 Millimetern einen Rekordniederschlag seit Beginn der Messreihe im Jahr 1882. Damit wurde den Rekord vom Dezember 2011 übertroffen.
Rekordhitze gab es im sonst doch so kalten Januar mit Höchstwerten in Delémont und Vaduz von 20 Grad. «Für die Alpennordseite waren das die höchsten gemessenen Januar-Tagesmaxima seit Messbeginn», sagt Bader. Genf erlebte den sonnigsten Februar, Vaduz dagegen den nässesten Frühling seit Messbeginn.
Einen weiteren Rekord gab es im Juni in der Schweiz, mit der niedrigsten Regenmenge seit den Aufzeichnungen. Besonders heiss war auch der August: «An 20 Messstandorten mit längeren Messreihen gab es neue Augustrekorde der Tagesmaximumtemperatur.» Genf meldete den schweizweiten Höchstwert von 39.3 Grad Celsius – die höchste je gemessene Temperatur im August in der Nordschweiz.
Die Wärme im August erzeugte noch einen anderen Rekord: In der Nacht auf den 21. August 2023 erreichte die Nullgradgrenze über der Schweiz die Rekordhöhe von 5298 m. Der bisherige Rekord von 5184 m vom 25. Juli 2022 wurde deutlich übertroffen. Eine anhaltend sehr milde und sonnige Periode ab Herbstbeginn führte schliesslich zum wärmsten und lokal zum sonnigsten September seit Messbeginn 1864.
Ob 2023 zum heissesten Jahr in der Schweiz wird, hänge noch von den Temperaturen im Dezember ab, sagt Blumer. «Schon jetzt scheint aber klar zu sein, dass 2023 hinter dem Vorjahr zumindest das zweitwärmste Jahr werden wird, dies mit deutlichem Vorsprung», sagt der SRF-Meteorologe.
Rekorde purzeln allerdings nicht nur in der Schweiz. «Global gesehen gehen die diversen Klimadienste weltweit davon aus, dass das Jahr 2023 das wärmste werden wird. Seit Monaten löst ein Rekordmonat den nächsten ab», sagt Felix Blumer. Da auch die Ozeane eine sehr hohe Oberflächentemperatur aufweisen, dürfte sich im Dezember daran nicht mehr viel ändern.
Heute beginnt die Weltklimakonferenz in Dubai, da stellt sich die Frage, wie diese Rekorde mit dem Klimawandel zusammenhängen. «Eine direkte Abhängigkeit an einem Einzelbeispiel zu konstruieren ist wohl kaum möglich», sagt Blumer. Generell gehen die Klimamodelle davon aus, dass es mit steigender Temperatur in weiten Teilen Mittel- und Nordeuropas feuchter wird, dagegen wird es in Südeuropa und im ganzen Mittelmeerraum noch trockener.
Die ans Mittelmeer angrenzenden Grossregionen Europas, und damit auch die Schweiz, sind weltweit von einer der stärksten Zunahmen von Hitzeextremen betroffen. Dieser Trend lässt sich bereits in den vergangenen Jahrzehnten beobachten und werde sich mit der fortschreitenden Klimaerwärmung auch in Zukunft fortsetzen.
Für die kommenden Tage geht es nach Blumer allgemein wechselhaft weiter, und es bleibt vorerst kühl. Das müsse aber noch lange nicht auf einen kalten Winter hindeuten. «In den letzten Jahren gab es öfter Schnee Ende November und danach war der Zauber schon fast vorbei. Langfristprognosen sind nach wie vor mit grossen Unsicherheiten behaftet», sagt Blumer. (aargauerzeitung.ch)