Eines wollte Stéphane Wettstein zu Beginn gleich einmal klarstellen: «Der FV-Dosto ist keine eierlegende Wollmilchsau, sondern ein innovativer Zug», sagte der Geschäftsführer von Bombardier Schweiz an einer Medienkonferenz in Zürich-Oerlikon. Offenbar hat Wettstein die Analyse von watson zu den Baustellen und Problemen bei den SBB gelesen.
Den springenden Punkt aber konnte er nicht in Abrede stellen: Die Bundesbahnen haben vom kanadischen Hersteller ein komplexes Gefährt verlangt: Einen zweistöckigen Neigezug mit Wank-Kompensation, der für verschiedenste Zwecke eingesetzt werden kann. Dabei haben SBB und Bombardier die Herausforderung wohl unterschätzt, denn der FV-Dosto wurde zum «Pannenzug».
Die Auslieferung erfolgte mit vier Jahren Verspätung, und als es im letzten Dezember endlich so weit war, klappte kaum etwas wie gewünscht. Die Zuverlässigkeit liess zu wünschen übrig. Fahrgäste beschwerten sich über das heftige Schütteln im Oberdeck. Zugbegleiter klagten, sie seien nach der Fahrt mit dem Doppelstöcker «nudelfertig». Es gab Negativschlagzeilen ohne Ende.
So lautete die zentrale Botschaft der Medienkonferenz vom Mittwoch: Zuverlässigkeit und Fahrkomfort des FV-Dosto hätten sich markant verbessert. Dank einer neuen Software habe man die Schwingungen in den Oberdecks um 75 Prozent reduzieren können. Um den gleichen Prozentwert seien die technischen Störungsursachen seit der Einführung eliminiert worden.
«Bei beiden Messgrössen gibt es einen positiven Trend», sagte Wettstein. Der Fahrkomfort sei heute «mindestens gleich gut, wenn nicht sogar besser» als bei den bewährten Intercity-Doppelstockzügen IC 2000. Auch die Pünktlichkeit – derzeit ein grosses Problem der SBB – sei sehr hoch. Wettstein räumte aber auch ein, beide Partner hätten «Lehrgeld bezahlt».
Zeitweise war das Verhältnis arg gestört. SBB-Chef Andreas Meyer äusserte harte Kritik am kanadischen Hersteller. Die grosse Liebe besteht wohl auch heute noch nicht. «Wir arbeiten auf verschiedenen Ebenen professionell zusammen», sagte Stéphane Wettstein im Gespräch mit watson. Die SBB wiederum äusserten sich gegenüber der Nachrichtenagentur SDA zurückhaltend zu den Fortschritten beim FV-Dosto.
Bisher hat Bombardier 25 Züge ausgeliefert, aber nur die Hälfte befindet sich im fahrplanmässigen Einsatz. Der Rest wird zu Test- und Schulungszwecken verwendet. Bis Mitte 2021 soll die gesamte Flotte von 62 Zügen zur Verfügung stehen. Nimmt man die Ausführungen vom Mittwoch zum Nennwert, werden die SBB dann ein gelungenes und innovatives Produkt einsetzen können.
Dabei steht noch immer nicht fest, wann der FV-Dosto auf der «Paradestrecke» von St.Gallen nach Genf fahren wird. Bisher ist er auf Nebenlinien unterwegs. Gemäss der NZZ ist dies frühestens in einem Jahr der Fall, denn die Zuverlässigkeit konnte laut Bombardier mit 6914 Kilometern ohne Störung deutlich gesteigert werden. Sie liegt aber immer noch unter den Anforderungen der SBB.
Noch sind also nicht alle Probleme beseitigt. Hängig ist etwa der Rechtsstreit mit den Behindertenorganisationen, der sich vorab um die aus ihrer Sicht zu steile Ein- und Ausstiegsrampe dreht. Um die Kritik am «Schüttelzug» zu kontern, hat Bombardier zudem eine Website aufgeschaltet, die über die Fortschritte beim Dosto informieren soll.
Für skeptische Fahrgäste hat Stéphane Wettstein zudem einen simplen Tipp: «Nutzen Sie das Unterdeck, es ist in allen Geschwindigkeitsbereichen stabiler.» Darauf hätte man selber kommen können.
Da muss ich wirklich lachen.
absolut niemand:
Bombardier: "Man muss jedes Mal die Türen öffnen und schliessen. Der Zug hat diese Anforderungen nicht immer erfüllt, aber jetzt tut er es."
🙈🙈😂😂