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Schweiz: Das sagt die Stimmbevölkerung zur CS-Rettung

Kritik an Bund und Management: Das sagt die Stimmbevölkerung zur CS-Rettung

Die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zeigen sich gegenüber der CS-Übernahme durch die UBS skeptisch. Sie sind vor allem wütend und verunsichert. Ganz schlecht weg kommt das Management der Credit Suisse.
24.03.2023, 18:54
André Bissegger und Anes Filan / ch media
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Vor gut einer Woche hat die UBS mit Unterstützung des Bundes die Credit Suisse übernommen. Nun zeigt eine repräsentative Umfrage von gfs.bern im Auftrag der SRG erstmals, wie die CS-Rettung bei der Schweizer Stimmbevölkerung ankommt. Fazit: Sie ist vor allem skeptisch.

Mehrheit ist mit Übernahme nicht einverstanden

54 Prozent der Stimmberechtigten sind eher oder überhaupt nicht damit einverstanden, wie die UBS die CS mit staatlicher Hilfe übernommen hat. Nur gut jeder Dritte (35 Prozent) sieht die Übernahme grundsätzlich positiv. Lediglich 5 Prozent sind «sehr einverstanden», wie aus den am Freitag veröffentlichten Resultaten hervorgeht. Die Deutschschweizerinnen zeigen weniger Verständnis als die Bewohner der französisch- und italienischsprachigen Schweiz.

Auch sind die linken und rechten Stimmberechtigten «deutlich kritischer» als diejenigen in der politischen Mitte mit GLP, FDP und Mitte, wie es weiter heisst. So sind etwa 39 Prozent der SVP-Wählerschaft überhaupt nicht einverstanden, bei den Grünen und SP sind es 30 respektive 25 Prozent. Grösste Akzeptanz findet die Übernahme beim Freisinn, dessen Sympathisanten mit 55 Prozent «sehr» oder «eher einverstanden» sind.

Bevölkerung zeigt sich offen gegenüber temporärer Verstaatlichung

Gespalten sind die Wählerinnen und Wähler auch, wenn es um Alternativen zur Übernahme durch die UBS geht - also temporäre Verstaatlichung oder kontrollierter Konkurs. Neben der Anhängerschaft der SP und der Grünen würden laut dem Forschungsinstitut vergleichsweise viele SVP-Sympathisanten die vorübergehende Übernahme der CS durch den Staat bevorzugen - nämlich 44 Prozent. Bei den Grünen und der SP sind es 42 respektive 46 Prozent.

Die Sympathisanten der GLP (37 Prozent), Mitte (36 Prozent) und FDP (37 Prozent) können der Idee hingegen nicht viel abgewinnen. Und ein kontrollierter Konkurs kommt für sie noch weniger infrage.

Das Forschungsinstitut stellt ganz grundsätzlich durchaus «eine Offenheit» gegenüber einer vorübergehenden Übernahme durch den Staat fest: Denn insgesamt sehen 40 Prozent die temporäre Verstaatlichung als bessere Alternative, 16 Prozent zumindest als gleich gute Lösung. Damit kommen sie auf eine Mehrheit von 56 Prozent. Für 32 Prozent wäre es dagegen die schlechtere Lösung. Einen kontrollierten Konkurs halten nur 23 Prozent für die bessere Lösung - 51 Prozent sind dagegen.

FDP-Sympathisanten sind gelassen, politische Linke wütend

Der Untergang der 1856 gegründeten CS hat Emotionen geweckt - vor allem Wut und Verunsicherung. 66 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sind in der Woche nach der Übernahme wütend. Am grössten ist die Wut in der politischen Linken. Laut GFS Bern ist die FDP-Anhängerschaft dagegen mehrheitlich gelassen und hoffnungsvoll.

Am grössten ist die Angst bei den Befragten in den französisch- und italienischsprachigen Landesteilen. In der Deutschschweiz ist das Gefühl «deutlich weniger» vorhanden. Die Bevölkerung der Deutschschweiz ist auch weniger wütend als ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger.

SP gilt als glaubwürdig und kann profitieren

Bezüglich Glaubwürdigkeit profitieren Bundesrat und Schweizerische Nationalbank (SNB) von ihrem generell sehr hohen etablierten Vertrauen, wie es weiter heisst. Glaubwürdigste Akteurin in der vergangenen Woche ist denn auch die SNB. Bereits an zweiter Stelle folgt das UBS-Management, das sogar noch glaubwürdiger als der Bundesrat wahrgenommen wird.

Bei den Parteien hat die SP die Nase vorn, die im Zusammenhang mit der Übernahme als glaubwürdigste Partei wahrgenommen wird. Laut GFS Bern kann die SP daher durchaus von der CS-Krise profitieren, während die wirtschaftsfreundlichen Parteien dies nicht tun.

CS-Verwaltungsrat soll zur Rechenschaft gezogen werden

Mit Abstand auf dem letzten Platz liegt dagegen das CS-Management. Für die Bank kommt es knüppeldick: 96 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der CS-Verwaltungsrat zur Rechenschaft gezogen werden muss. Ebenfalls klar unterstützt wird die Forderung nach Massnahmen gegen Abzockerei im Bankwesen und dass Gewinne nicht privat bleiben sollen und Risiken verstaatlicht werden.

Diese drei Forderungen würden die grosse Enttäuschung über «die wirtschaftspolitische Havarie und über die Verantwortlichen» unterstreichen. Das Forschungsinstitut schreibt davon, dass sich die Befragten einmal mehr von der Wirtschaft verraten fühlen, «weil diese sich an eigenen Interessen statt am Wohl der Gesellschaft orientiert».

Aber auch der Bund bekommt sein Fett weg. Immerhin 71 Prozent sind sehr oder eher damit einverstanden, dass es eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zur Rolle des Staates braucht - so wie das mehrere Parteien auch fordern. Und immerhin knapp 52 Prozent sind der Meinung, dass das Volk möglichst schnell über das Notrecht abstimmen soll.

Angst vor grossem Stellenabbau

Laut dem Forschungsinstitut sorgen sich die Stimmberechtigten vor allem um den grossen Verlust von Arbeitsplätzen. Ausserdem gehen sie davon aus, dass der Finanzplatz als Ganzes geschwächt und der Ruf der ganzen Schweizer Wirtschaft leiden wird.

Allerdings rechnet auch jeder Zweite damit, dass sich der Schweizer Wirtschaftsstandort rasch von den Turbulenzen erholt. Und nur 38 Prozent gehen davon aus, dass die UBS aufgrund der Übernahme geschwächt wird. (aargauerzeitung.ch)

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9 Kommentare
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Hadock50
25.03.2023 00:31registriert Juli 2020
1% findet das Management der CS sehr glaubwürdig 🤔
....ist das etwas das CS Management selbst ? 😅🙈
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