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Wirtschaft

Über 40 Manager verdienen mehr als ein Bundesrat (und damit mehr als 475'000 Franken)

Post-Konzernleiterin Susanne Ruoff.
Post-Konzernleiterin Susanne Ruoff.
Bild: KEYSTONE

Über 40 Manager verdienen mehr als ein Bundesrat (und damit mehr als 475'000 Franken)

Es sind nicht nur die CEOs von Post, SBB, Swisscom & Co., die deutlich besser bezahlt sind als ein Bundesrat. Sondern auch viele andere Kader in den Staatsbetrieben. Sie alle würde die «Pro Service Public»-Initiative treffen.
08.05.2016, 07:5108.05.2016, 08:12
Othmar von Matt / Schweiz am Sonntag
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Postchefin Susanne Ruoff warnte ihre 61'459 Mitarbeiter in einem persönlichen Brief zu Jahresbeginn vor der «Pro Service Public»-Initiative. Sie lehne diese «entschieden» ab, schrieb Ruoff, weil sie die Grundversorgung und die bundesnahen Unternehmen gefährde.

Was Ruoff nicht erwähnte: Als Konzernleiterin, die 2015 einen Lohn von 984'521 Franken auswies, wäre sie direkt betroffen von einem Ja. Weil ihr Gehalt höher liegt als der Lohn, den die Initianten zum Mass aller Dinge erklären: ein Bundesrats-Gehalt von 475'000 Franken.

«Dieser Lohn soll von keinem Mitarbeiter eines staatsnahen Betriebes übertroffen werden», sagt Peter Salvisberg, Mitglied der Geschäftsleitung der Konsumentenzeitschriften «K-Tipp» und «Saldo». «So wollen wir es.»

Der Jahreslohn des SBB-Chefs.
Der Jahreslohn des SBB-Chefs.

Heute sind es über 40 Konzernchefs und Konzernleitungs-Mitglieder von bundesnahen Betrieben, die mehr verdienen als ein Bundesrat. Das zeigt eine Zusammenstellung der «Schweiz am Sonntag». Spitzenverdiener sind Swisscom-CEO Urs Schaeppi (1,8 Millionen Franken), Ruag-CEO Urs Breitmeier (1,1 Millionen) und SBB-CEO Andreas Meyer (1,05 Millionen). Nebst den Grossen wie SBB, Post und Swisscom sind gemäss den Initianten auch SRG, Ruag, Skyguide und die Suva betroffen – «und alle Töchter dieser Betriebe, die ihnen mehrheitlich gehören», sagt Salvisberg. Wie beispielsweise Postfinance.

Die Post selbst gehört zu jenen fünf staatsnahen Betrieben, bei denen nicht nur der CEO mehr verdient als ein Bundesrat, sondern – im Schnitt – die gesamte Konzernspitze.

Spitzenreiter ist die Swisscom (6 Mitglieder verdienen im Schnitt 1,032 Millionen), gefolgt von der Ruag (9'657'889 Franken), den SBB (8'599'889), der Post (7, mindestens 536'114) und der Suva (3 Geschäftsleitungsmitglieder und eine Fachkraft verdienen im Schnitt 529'956 Franken).

Die Konzernspitze der Post kam 2015 zu einer beträchtlichen Gehaltserhöhung. Der Lohn von Konzernleiterin Ruoff stieg zwischen 2014 (824'585) und 2015 (984'521) um 160'000 Franken oder 16 Prozent. Auch die Konzernleitungs-Mitglieder profitierten von mindestens 12 Prozent mehr Lohn.

Orientierung an den Märkten

Bei der Festsetzung der Entschädigungen für die Konzernleitung berücksichtige der Verwaltungsrat das unternehmerische Risiko, sagt dazu Post-Sprecher Bernhard Bürki. «Die Unternehmen müssen sich an den Löhnen der Märkte orientieren, in denen sie und ihre Konkurrenten tätig sind.»

Ähnlich argumentiert die Swisscom. Als börsenkotiertes Unternehmen stehe sie «im Wettbewerb mit Firmen wie Google, IBM oder auch Banken – und nicht mit der Bundesverwaltung», sagt Armin Schädeli von den Media Relations. Die Bezüge von CEO und Management lägen «am unteren Ende vergleichbarer börsenkotierter Unternehmen im Schweizer SMI-Index». Die SBB betonen, 2015 hätten «einzig die neun Mitglieder der Konzernleitung SBB mehr als 475'000 Franken» verdient.

Die Bahn hält fest, im Initiativtext sei nicht von einem Bundesratslohn die Rede, «sondern von Löhnen der Bundesverwaltung». Es sei «nicht nachvollziehbar, wie die Anpassung der Löhne den Service public stärken solle», sagt eine Sprecherin. Die Unternehmen würden im Gegenteil «nachhaltig geschwächt».

Initiant Salvisberg beharrt auf den 475'000 Franken: «Bis zur Abstimmung hat in unserem Land ein Initiativkomitee die Deutungshoheit über den Text und nicht die Gegner.» Bei der Suva glaubt man, nicht betroffen zu sein von der Initiative. «Weil sie keinen Service public bietet im Sinne des Zur-Verfügung-Stellens einer öffentlichen Infrastruktur», wie es ein Sprecher formuliert. Auch das sehen die Initianten anders.

«Die Suva ist betroffen, sie hat einen Auftrag des Bundes für die Militär- und die Arbeitslosenversicherung», sagt Salvisberg. Und fügt hinzu: «Sie ist ein gutes Beispiel für Service statt Profit.» Weil sie Gewinne in Form von Prämienreduktionen an die Versicherten weitergebe.

Geht es nach den Initianten, sind nebst den Gehältern der Manager auch die Honorare der Verwaltungsräte involviert. «Sie müssen auf ein 100-Prozent-Pensum hochgerechnet werden», sagt Salvisberg. «Liegen sie über einem Bundesratslohn, sind sie betroffen.»

Jetzt auf

Eine Auswertung zeigt, dass das die VR aller staatsnahen Betriebe tangiert: Post (9), Ruag (7), SBB (8) und Swisscom (9) mit dem gesamten Verwaltungsrat, Postfinance mit 6 Verwaltungsräten, Skyguide mit einem und die Suva mit dem VR-Präsidenten. Die Zahl jener, die in den bundesnahen Betrieben mehr als ein Bundesrat verdienen, schnellt damit nach oben: von über 40 auf über 80.

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48 Kommentare
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Mehmed
08.05.2016 08:43registriert Januar 2016
Aktuell ist die Ruag-Spionage-Affaire in den Medien. Scheinbar sind sämtliche (!) Daten von Ruag ausspioniert worden, von Russland aus. Ruag und der Bund haben offenbar lächerlich wenig getan, um die IT-Daten zu schützen.
Und ja. Auch die RUAG gehört zu jenen Betrieben, wo der Chef mehr als 1 Mio abkassiert. Inwiefern trägt dieser Abzocker nun die Verantwortung für den Datenklau? Ein Riesenbeschiss.
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The Host
08.05.2016 09:22registriert Juli 2015
Es gibt einfach kein Argument, welches solche hohen Löhne rechtfertig. Der Volksschaden, welcher durch die Auszhalung entsteht ist aber immens hoch: Ungerechtigkeitsgefühlt der Arbeiterklasse. Geldadel. Zweiklassen-Gesellschaft. Soziale Spannungen. Missgunst. Unzufriedenheit.
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@michelstef
08.05.2016 09:13registriert Februar 2014
Es geht um den Service Public, nicht um vermeintliche Abzocker. Zurzeit kann man in der Schweiz eine Initiative für den Bau eines Tunnels nach Australien gewinnen, wenn man dabei noch irgendwie einen Spitzenlohn kappt. Unser Erfolgsmodell, eine lösungsorientierte Demokratie, geht durch den permanenten Wahlkampf verloren.
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