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CIA: Nutzten die USA einen Schweizer Frachter für illegale Waffenlieferungen?

Die CIA-Connection: Nutzten die USA einen Schweizer Frachter für Waffenlieferungen?

Ein Schweizer Schiff könnte im Auftrag ausländischer Geheimdienste Waffen zu den Saudis gebracht haben. SP-Nationalrätin Mattea Meyer verlangt jetzt Antworten vom Bundesrat.
24.12.2019, 06:0224.12.2019, 08:36
Henry Habegger / ch media
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Es war Ende Juni 2019. Der vom Bund subventionierte Schweizer Hochsee-Frachter «Thorco Basilisk» transportierte angeblich 43000 serbische Mörsergranaten von Burgas an der bulgarischen Schwarzmeerküste nach Saudi-Arabien.

Das geht aus geleakten Unterlagen hervor, die auf der bulgarischen Internet-Seite Armswatch.com publiziert sind. Die Waffen sollen für den Bürgerkrieg in Jemen bestimmt gewesen sein.

Soll Mitte Jahr Waffen nach Saudi-Arabien transportiert haben: Der vom Bund mit Bürgschaften subventionierte Frachter Thorco Basilisk
Soll Mitte Jahr Waffen nach Saudi-Arabien transportiert haben: Der vom Bund mit Bürgschaften subventionierte Frachter Thorco Basilisk.Bild: zvg

Unter den Namen, die im Zusammenhang mit der Waffenlieferung auftauchen, fällt einer auf: Helmut Gerhard Mertins. Eine Fotokopie seines Passes ist auf der Webseite abgebildet.

Waffenschieber mit CIA-Hintergrund

Die deutschstämmige Mertins-Familie ist seit Jahrzehnten dafür bekannt, dass sie im Waffenhandel mitmischt. Gerhard Mertins (geboren 1919 in Berlin, gestorben 1993 in Florida) war ein Nazi und SS-Mann, der nach dem Krieg als Waffenschieber für westliche Geheimdienste tätig wurde, zuletzt vor allem für die CIA.

Im Internet aufgetauchter Pass: CIA-naher Waffenhändler Mertins
Im Internet aufgetauchter Pass: CIA-naher Waffenhändler MertinsBild: armswatch.com

1950 gründete er in Vevey die Exportfirma Merex, die als Tarnfirma des deutschen Geheimdienstes BND galt. In den achtziger Jahren etwa war die Merex USA in die Iran-Contra-Affäre verwickelt. Sie organisierte Waffenlieferungen für die CIA in den Iran.

Jetzt führt angeblich Gerhard Mertins Sohn Helmut die Geschäfte. Unter anderem gründete er in einer Geheimdiensthochburg bei Washington DC eine Handelsfirma, die letztes Jahr in einem Bericht des UNO-Sicherheitsrats auftauchte. Sie hatte, offenbar für die CIA, rumänische Raketen, Gewehre und Munition eingekauft. Die Waffen tauchten später beim IS sowohl im Irak als auch in Somalia auf.

Im Fall der Mörsergranaten soll Helmut Mertins zu den Leuten gehört haben, die die von den Saudis bestellten Waffen in Serbien inspizierten.

Bundesrat gibt sich ahnunglos

Wurde ein Schweizer Frachter für Waffenlieferungen benutzt, in die ausländische Geheimdienste wie die CIA verwickelt sind? Für Waffen, die in einem der schrecklichsten Konflikte der jüngeren Zeit eingesetzt werden?

Der Bundesrat gibt sich ahnungslos. Die Befrachtung des Schiffes sei ein rein privatrechtlicher Vertrag, damit habe der Bund nichts zu tun, so das Aussenministerium (EDA) unlängst auf eine Frage von Nationalrätin Mattea Meyer (SP/ZH). Die betroffene Reederei habe eine Untersuchung eingeleitet.

Bei der Reederei handelt es sich um die Westschweizer Massoel, die den Steuerzahler gerade 130 Millionen kostete: Soviel Geld muss der Bund als Bürge für acht Pleite-Schiffe von Massoel einwerfen. Das ist nach der Enzian-Reederei von Hansjürg Grunder die zweite Reederei, die innert paar Jahren Pleite geht. Insgesamt blecht der Bund bisher rund 350 Millionen.

Mattea Meyer will Antworten

Der Bund zahlt, zu angeblichen Waffentransporten aber schweigt er. Das will Nationalrätin Meyer nicht so stehen lassen. Letzte Woche reichte sie eine weitere Anfrage an den Bundesrat ein. Darin verweist die Zürcherin unter anderem auf die Geheimdienst-Connection um Waffenschieber Mertins und will wissen, ob «dem Bundesrat dieser Hintergrund der Waffenlieferung bekannt» sei. Warum er den Fall nicht selber untersuche. Sie will weiter wissen, ob es aus Sicht des Bundesrats zulässig sei, «Schiffe unter Schweizer Flagge für Waffentransporte einzusetzen». Ob der Bund Schadenersatz fordern könne, wenn Schiffe in illegale Machenschaften verwickelt seien.

Frachter gehört Schweizer Investoren

Der Frachter «Thorco Basilisk» gehört nicht der Massoel, sondern Investoren um den Berner Wirtschaftsanwalt Nicolas Koechlin. Dieser ist auch an der «Thorco Angela» beteiligt, mit der ebenfalls Bundesgeld verbrannt wurde. Koechlins Gruppe hatte die chinesischen Schiffe laut Insidern einst auf Vermittlung von Pleite-Reeder Grunder gekauft. Dieser muss sich im Frühling wegen Verdachts auf Bürgschaftsbetrug vor dem Berner Wirtschaftsstrafgericht verantworten.

Koechlin liess Fragen zum Hochsee-Frachter und zum Waffenhandel unbeantwortet.

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Magnum
24.12.2019 13:16registriert Februar 2015
Wenn über CHF 100 Millionen an STEUERGELDERN an diese Reederei geflossen sind, dann ist deren Geschäftsgebaren und die Befrachtung einzelner Schiffe ganz gewiss KEIN rein privatrechtlicher Vorgang. Als Steuerzahler widerspreche ich dem EDA (es cassist mal wieder mächtig...) hier in aller Vehemenz. Wenn das die Art von Hilfe vor Ort ist, die Rechtsbürgerlichen vorschwebt, dann gut Nacht. Die Reederei bekommt den Fünfer der staatlichen Unterstützung und das Weggli, dass der Staat angestrengt wegsieht und seiner Aufsichstpflicht NICHT nachkommt. Eine mustergültige Schweizer Weihnachtsgeschichte!
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Gummibär
24.12.2019 07:15registriert Dezember 2016
A) Eine Schweizer Firma, die völlig legal Erdgas-Pipelines im Meer verlegt, wird von der Amerikanischen Regierung mit Sanktionen bedroht. Die Bundesregierung schweigt.

B) Eine Schweizer Firma soll im Auftrag der Amerikanischen Regierung in Rumänien eingekaufte Waffen in Bürgerkriegs-Gebiete verschifft haben. Die Bundesregierung schweigt.

Frage: Ist uns das Rückgrat vollends abhanden gekommen ?
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Alice36
24.12.2019 07:18registriert Juni 2017
Seit Jahrzehnten sind die Hintergründe/Abgründe dieser Familie bekannt aber sie können ungeprüft und ungehindert ihre Geschäfte aus der CH betreiben? Unser toller Nachrichtendienst, der nur CH Bürger bespitzeln kann merkt von alledem nichts? Dem BR geht's am Hintern vorbei solange nur der Rubel rollt. Plötzlich sind unsere angeblichen Kernkompetenzen wie Humanität oder Neutralität nichts mehr wert nur weil es etwas Geld abzuholen gibt? Das "Erfolgsmodell" CH hat schon immer so funktioniert und wird sich auch nie ändern, da nützen auch Anfragen nichts.🤢🤮
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SBB-Chef Vincent Ducrot: «Es muss nicht unbedingt alles mit der Bahn erreichbar sein»
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