Es sei ein «historischer Fortschritt», sagte SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer: Die Grosskonzerne müssen wegen der OECD-Reform ab 2024 mehr Steuern bezahlen. Damit wird ein langjähriges Anliegen der SP erfüllt. Dennoch ist die Partei alles andere als zufrieden: Aus ihrer Sicht ist die Umsetzung der Reform in der Schweiz total missglückt.
Die zusätzlichen Einnahmen – es geht um geschätzte 1 bis 2.5 Milliarden Franken – werden aus ihrer Sicht falsch verteilt und eingesetzt, sodass der Steuerwettbewerb in der Schweiz angeheizt werde. Die Umsetzung sei «grottenschlecht», sagte SP-Vizepräsident Jon Pult.
Die SP steckt also im Dilemma. Die Umsetzung der OECD-Mindeststeuerreform kommt im Juni an die Urne, die Partei muss daher Position beziehen. Der Parteirat, der die Basis der SP repräsentiert, diskutierte am Freitag an einer Online-Sitzung darüber, welche Parole er dem Parteitag empfehlen wird. Die Meinungen waren kontrovers – es gab Voten für alle drei Optionen: Ja, Nein oder Stimmfreigabe.
Für ein Nein plädierte unter anderen David Roth, früher Juso-Präsident und heute SP-Vizepräsident. Wenn es zusätzliche Einnahmen gebe, müssten diese der Bevölkerung zugutekommen, argumentierte er. Die jetzige Umsetzung sei «Doping für das Steuerdumping». Auch im Parlament hatte die SP am Schluss grossmehrheitlich Nein gestimmt.
Doch soll die Partei tatsächlich in einem Abstimmungskampf gegen eine Vorlage antreten, bei der es um eine Steuererhöhung für Grosskonzerne geht? Zwar kommt die OECD-Mindeststeuer aufgrund der Ausgestaltung sowieso. Doch ob sich das in einem Abstimmungskampf vermitteln lässt, steht auf einem anderen Blatt. Die Gegner würden ein Nein «mit Genuss» gegen die SP wenden, merkte ein Vertreter der Solothurner Kantonalpartei an.
Eine Reihe von prominenten SP-Mitgliedern machte sich für eine Stimmfreigabe stark, darunter die Nationalrätinnen Jacqueline Badran und Samira Marti sowie Nationalrat Jon Pult. Es sei die ehrlichste Position, argumentierte Pult. «Sowohl eine Ja- wie auch eine Nein-Parole würde uns auseinanderdividieren», sagte Marti.
Neben inhaltlichen Gründen warnten die Befürworter der Stimmfreigabe auch vor einer Niederlage: Bei einer Nein-Parole laufe man Gefahr, die Abstimmung zu verlieren - und das kurz vor den Wahlen im für die Partei wichtigen Steuerdossier.
Nach längerer Diskussion stimmte der Parteirat schliesslich für Stimmfreigabe. Definitiv ist die Position noch nicht - es ist nur eine Empfehlung an den Parteitag. Dieser entscheidet am 25. Februar über die Parole. (aargauerzeitung.ch)