Schweiz
Wirtschaft

Modebranche in der Schweiz in der Krise: Kommen jetzt die Mega-Rabatte?

Schweizer Modebranche schlägt Alarm: «So etwas hat es noch nie gegeben»

Der Schweizer Modemarkt leidet unter der marktmächtigen Konkurrenz aus dem Ausland, dem Einkaufstourismus und den margenfressenden Rabattschlachten. Und dem Regen, wie neue Zahlen zeigen.
02.08.2024, 15:04
Florence Vuichard / ch media
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Nun ist er endlich da, der Sommer. Für die Modebranche hingegen ist er schon längst vorbei. Die stapelweise nicht verkauften Sommerkleider, Badehosen und Shorts müssen schnell weg, denn bald soll die Herbstkollektion ins Regal.

ARCHIV - ZUM UEBERNAHMEANGEBOT DES ITALIENISCHEN MODEKONZERNS OVS S.p.A. FUER CHARS VOEGELE STELLEN WIR IHNEN DIESES ARCHIVBILS ZUR VERFUEGUNG - Blick auf die Charles Voegele Filiale an der Sihlstrass ...
Der Sommer muss raus, Rabatte sollen die Kunden zum Shoppen anregen.Bild: KEYSTONE

Und so überbieten sich die Anbieter mit Rabatten - im Geschäft, aber auch in ihren virtuellen Shops. Die Kleiderkette Esprit etwa, die hierzulande im März das Gros ihrer stationären Läden schliessen musste, bietet derzeit in ihrem Onlineshop zusätzlich zu den gewährten 50 Prozent auf «ausgewählte Styles» weitere 30 Prozent Rabatt an. Aggressiv sind die Angebote auch bei Globus: Das Warenhaus lockt bei Kleidern, Schuhen und Accessoires mit bis zu 60 Prozent Rabatt.

Die Stimmung in der Branche ist bedrückt. «Die Entwicklung des Fashionmarktes war im ersten Halbjahr 2024 echt schwierig», sagt Silvia Bayard, welche die gleichnamige Modekette führt. Das höre sie auch von den Lieferanten und von einigen Mitbewerbern. Und das spürt sie auch im eigenen Geschäft: «Wir haben flächenbereinigt im ersten Halbjahr ein Umsatzminus im Vergleich zur Vorjahresperiode», sagt Bayard. Wobei, wie sie anfügt, dass das erste Halbjahr 2023 «sehr gut war».

Auch Nicole Loeb, Chefin der gleichnamigen Warenhausgruppe, spricht auf Anfrage beim Modegeschäft von einem «sehr volatilen» ersten Halbjahr.

Bayards und Loebs Beobachtungen spiegeln sich in den Zahlen des Marktforschungsinstituts GFK wider. Dieses beziffert auf Anfrage die Umsatzentwicklung im Fashionmarkt im ersten Halbjahr 2024 mit einem Minus von 4,9 Prozent.

«Wetterlockdown» und andere Gründe

Als Grund für das Umsatzminus nennt Silvia Bayard die «Wetterkapriolen». Das Wetter habe wirklich nicht mitgespielt. Insbesondere die verregneten Monate April und Juni seien bei Kleidern und Schuhen enttäuschend verlaufen, ergänzt Nicole Loeb.

Klartext spricht Jörg Weber, Gründer und Lenker der Chicorée-Modekette, die hierzulande mittlerweile 178 Filialen zählt. «Der Juni war wegen des Regens dramatisch. So etwas hat es noch nie gegeben», sagt er, der auf eine lange Karriere im Modebereich zurückblicken kann. Die Dramatik zeigt sich auch in den Zahlen: Chicorée musste im Vergleich zum «Rekordjuni 2023» eine Einbusse im zweistelligen Prozentbereich hinnehmen, wie Weber betont.

Nach dem «Wetterlockdown» im Juni hofft er auf einen kleinen «Nachholbedarf» im Juli. Die Zahlen seien gut, aber es brauche nun einen «Superherbst», um das ganze Geschäftsjahr ins Positive zu drehen.

A saleswoman sorts clothes in the branch of the clothing company Chicoree in the Emmen Center in Emmenbruecke, Switzerland, on April 17, 2014. (KEYSTONE/Christian Beutler)

Verkaeuferin in einem Kleid ...
Auch bei Chicorée locken Rabatte.Bild: KEYSTONE

Aber nicht nur das Wetter trübt die Einkaufsstimmung. Gemäss Silvia Bayard gibt es auch andere Gründe: «Die Krankenkassenprämien-, Nahrungsmittelpreise- und Mieterhöhungen trübten die Kauflust», viele Kunden hätten etwas weniger im Portemonnaie. «Das spürt man einfach.»

Hier dürfte Chicorée-Patron Weber profitieren. Seine Discountkleiderkette offeriere jenen die Chance, «sich etwas zu gönnen», die es sich in dieser wirtschaftlich schwierigen Lage eigentlich nicht leisten könnten. Das mag auch ein Grund sein, wieso er bis und mit Mai noch «mit einem blauen Auge davongekommen» ist, wie er sagt. Während andere schon mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen hatten.

In zehn Jahren gut einen Fünftel verloren

Sinkende Umsätze sind in der Branche nichts Neues. Seit Jahren leidet sie unter der marktmächtigen Konkurrenz aus dem Ausland, dem Einkaufstourismus und den margenfressenden Rabattschlachten. Mit Ausnahme der beiden Post-Coronaschock-Jahren 2021 und 2022, in denen sich nach den Homeofficetagen im Trainerlook und der freudlosen Zeiten ohne grosse Hochzeits- und Geburtstagsfeste ein gewisser Nachholbedarf angestaut hatte, zeigt die Entwicklung immer in die gleiche Richtung: nach unten.

Der Schweizer Modemarkt seit 2015: Die Zahlen sinken.

Und so ist in der Schweiz der Modemarkt in den vergangenen zehn Jahren insgesamt um über einen Fünftel oder rund 2 Milliarden Franken geschrumpft. 2023 hatte der Fashionmarkt laut den Experten von GFK einen Wert von noch knapp 7,5 Milliarden Franken. Gut drei Viertel des Kuchens fallen auf Kleider, rund 20 Prozent sind Schuhe und die restlichen knapp 5 Prozent Accessoires. (aargauerzeitung.ch)

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145 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Evi77
02.08.2024 15:36registriert Dezember 2020
Und vielleicht, nur vielleicht, beginnt bei der Kundschaft ja auch ein Umdenken. Die Badehose vom Vorjahr könnte man ja zwei oder mehr Saisons tragen, das T-Shirt auch. Und Chicoree hat Kleidung, die nach einmal waschen Farbe und Form verliert. Das hat mit gönnen eher weniger zu tun, wenn man das Zeug innert weniger Wochen wegwerfen muss. Ich bezahle lieber etwas mehr, dafür hält es länger. Wobei leider nicht immer gut hält, was teurer ist.
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John T. Ripper
02.08.2024 16:32registriert September 2022
"Schweizer Modebranche" Gibt es die überhaupt wirklich? Liegt es nicht einfach daran, dass sich die Schweizer nicht mehr weiterhin mit Schweizpreisen von internationalen Modekonzernen abzocken lassen?
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Demetria
02.08.2024 15:15registriert März 2020
Das ist doch grossartig, dass die Modebranche den Klimawandel spürt.

Vielleicht können wir ja jetzt mal darüber reden, wie viel Mikroplastik da aus Polyester, Nylon, Elastan, Polyamid und Polyacryl-Klamotten kommt. Den meisten Konsumenten ist nicht mal klar, dass das Plastik aus Erdöl ist.
Der Beste Teil ist ja das "Vegane" Leder, das für die Umwelt schlimmer ist als jedes echte Leder, weil es meist schon nach dem dritten Tragen brüchig wird und sich dann in Fetzen in der Landschaft verteilt.

Würde die Branche die Klimakrise ernst nehmen, dann müsste sie nicht über den Dauerregen motzen.
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