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Nach Skandal-Rücktritt: Klaus Schwab bricht im Interview sein Schweigen

German Klaus Schwab, Founder and Executive Chairman of the World Economic Forum, leaves the stage after he closes the 43rd Annual Meeting of the World Economic Forum, WEF, in Davos, Switzerland, Satur ...
Kämpft um sein Lebenswerk: Klaus Schwab gründete das Weltwirtschaftsforum im Jahr 1971.Bild: KEYSTONE
Interview

Nach Skandal-Rücktritt: Klaus Schwab bricht im Interview sein Schweigen

Der 87-Jährige wendet sich erstmals seit dem skandalträchtigen Abgang an die Öffentlichkeit. Klaus Schwab kritisiert den Stiftungsrat, den er bis Sonntag präsidiert hat – und legt offen, was er dem Bundesrat vorschlug.
23.04.2025, 17:1923.04.2025, 17:19
Patrik Müller / ch media
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Die Zündschnur wurde am Ostersonntag entflammt, die Bombe platzte dann am Dienstag. Der Stiftungsrat des Weltwirtschaftsforums (WEF) beschloss an Ostern, gegen den Willen seines Gründers Klaus Schwab eine Untersuchung einzuleiten. Ein anonymer Whistleblower hatte Vorwürfe gegen Schwab erhoben – das wurde erst zwei Tage später bekannt. Die Anschuldigungen wiegen schwer: Schwab soll eine WEF-Villa für private Zwecke genutzt haben. Er soll junge Mitarbeitende gebeten haben, mehrere tausend Dollar von Geldautomaten für ihn abzuheben. Er soll Massagen in Hotelzimmern auf Kosten des Forums gebucht haben. Und seine Ehefrau Hilde Schwab soll «Scheintermine» auf Forumskosten organisiert haben, um Luxusreisen zu rechtfertigen.

Als der Stiftungsrat die Untersuchung veranlasste, gab Schwab seinen Rücktritt per sofort bekannt, nach 55-jährigem Wirken beim Weltwirtschaftsforum. CH Media erreichte Klaus Schwab am Mittwochnachmittag auf dem Handy.

Was sagen Sie zu den Vorwürfen des Whistleblowers?
Klaus Schwab: Es sind bösartige Unterstellungen, die ich zurückweise. Für jede dieser Unterstellungen habe ich die notwendige Gegenerklärung, die belegt, dass sie falsch sind. Ich habe Strafanzeige gegen unbekannt eingereicht – wegen Diffamierung. Die Vorwürfe kommen ja von einem anonymen Whistleblower.

Warum hat der Stiftungsrat trotz Ihrer Gegenerklärung entschieden, die anonymen Vorwürfe untersuchen zu lassen?
Diese Aktion des Stiftungsrats wurde ergriffen, ohne dass ich die Möglichkeit hatte, mich zu den Vorwürfen zu äussern.

Er entschied, ohne Sie anzuhören?
Ich hatte keine Möglichkeit mehr, eine Stellungnahme abzugeben.

Warum taucht der Brief des Whistleblowers gerade jetzt auf? Die Anschuldigungen liegen offenbar längere Zeit zurück.
Dazu habe ich nur Vermutungen, darum möchte ich mich nicht öffentlich dazu äussern.

Wie schwer wiegt der Reputationsschaden für Sie und die Organisation?
Jemand hat es so gesagt: Wenn man es zu tun hat mit einem Gründer, der 55 Jahre lang erfolgreich gewirkt hat, dann will der Nachfolger nicht einfach in dessen Fussstapfen treten – sondern ein eigenes Profil etablieren. Das geht am einfachsten, wenn man den Vorgänger nicht einfach gehen lässt, sondern ihn vom Podest stösst.

Sie haben sich immer dafür eingesetzt, dass das Jahrestreffen des WEF in Davos bleibt. Es gab Versuche anderer Länder, den Kongress «abzuwerben». Ist Davos jetzt in Gefahr?
Es waren Gespräche im Gang, die ich mit verschiedenen Bundesratsmitgliedern geführt habe – mit dem Ziel, das Forum in der Schweiz zu verankern. Damit verbunden war auch der Vorschlag, eine Vertrauensperson des Bundesrats in den Stiftungsrat zu holen. Diese Person sollte sicherstellen, dass das Forum weiterhin eng mit der Schweiz verbunden bleibt. Jetzt ist diese Verbindung hauptsächlich durch meine Frau und mich sowie durch Alois Zwinggi gewährleistet.

Geschäftsführer Alois Zwinggi wird Anfang 2027 pensioniert, dann verliert das WEF den zweiten Davos-Garanten.
Der Prozess eines «Schweiz-Sitzes» im Stiftungsrat war noch nicht abgeschlossen. Wie es diesbezüglich weitergeht, weiss ich nicht.

Hilde Schwab arbeitete über Jahrzehnte für das WEF, ohne einen Lohn zu beziehen – und sieht sich nun Vorwürfen ausgesetzt.
Hilde Schwab arbeitete über Jahrzehnte für das WEF, ohne einen Lohn zu beziehen – und sieht sich nun Vorwürfen ausgesetzt.bild: swiss-image.ch

Ihre Frau Hilde Schwab wird vom Whistleblower ebenfalls beschuldigt. Was sagen Sie dazu?
Das ist das, was mich am stärksten trifft, dass auch meine Familie mit reingezogen wird. Meine Frau hat sich die letzten 50 Jahre mit enormem Einsatz für das Forum engagiert, ohne ein Gehalt zu beziehen.

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56 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Daniel Noger
23.04.2025 18:46registriert November 2022
Wir müssen in unserer Gesellschaft unterscheiden zwischen Grossmäulern, die egozentrisch nur sich in den Vordergrund stellen und abgehoben durch die Welt gehen und integren Persönlichkeiten die sich Jahrzehntelange einer Sache verschrieben haben. Mann kann durchaus gegen das WEF sein, es als Plapperclub abtun, aber den Schwab derart absägen mit notabene anonymen Vorwürfen ist schon unterste Schublade. Wer einmal solche Vorwürfen ausgesetzt war und diese unberechtigt waren, weiss wovon ich spreche.
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Kong
23.04.2025 17:57registriert Juli 2017
Ob was dran ist oder nicht. Nach 55jh Engagement macht man das anders. So erscheint es als Intrige gegen ihn.
Bei aller Kritik, sein Lebenswerk brachte Parteien an den Tisch, die sonst nicht zusammen gesprochen hätten.
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Roli_G
23.04.2025 18:16registriert Januar 2021
Ich sehe immer noch nicht, wieso es so tragisch sein soll, wenn Vorwürfe abgeklärt werden. Nur das Theater, das er um die Angelegenheit macht lässt es erst zu einer Medialen Affaire ausufern.
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