Die Zündschnur wurde am Ostersonntag entflammt, die Bombe platzte dann am Dienstag. Der Stiftungsrat des Weltwirtschaftsforums (WEF) beschloss an Ostern, gegen den Willen seines Gründers Klaus Schwab eine Untersuchung einzuleiten. Ein anonymer Whistleblower hatte Vorwürfe gegen Schwab erhoben – das wurde erst zwei Tage später bekannt. Die Anschuldigungen wiegen schwer: Schwab soll eine WEF-Villa für private Zwecke genutzt haben. Er soll junge Mitarbeitende gebeten haben, mehrere tausend Dollar von Geldautomaten für ihn abzuheben. Er soll Massagen in Hotelzimmern auf Kosten des Forums gebucht haben. Und seine Ehefrau Hilde Schwab soll «Scheintermine» auf Forumskosten organisiert haben, um Luxusreisen zu rechtfertigen.
Als der Stiftungsrat die Untersuchung veranlasste, gab Schwab seinen Rücktritt per sofort bekannt, nach 55-jährigem Wirken beim Weltwirtschaftsforum. CH Media erreichte Klaus Schwab am Mittwochnachmittag auf dem Handy.
Was sagen Sie zu den Vorwürfen des Whistleblowers?
Klaus Schwab: Es sind bösartige Unterstellungen, die ich zurückweise. Für jede dieser Unterstellungen habe ich die notwendige Gegenerklärung, die belegt, dass sie falsch sind. Ich habe Strafanzeige gegen unbekannt eingereicht – wegen Diffamierung. Die Vorwürfe kommen ja von einem anonymen Whistleblower.
Warum hat der Stiftungsrat trotz Ihrer Gegenerklärung entschieden, die anonymen Vorwürfe untersuchen zu lassen?
Diese Aktion des Stiftungsrats wurde ergriffen, ohne dass ich die Möglichkeit hatte, mich zu den Vorwürfen zu äussern.
Er entschied, ohne Sie anzuhören?
Ich hatte keine Möglichkeit mehr, eine Stellungnahme abzugeben.
Warum taucht der Brief des Whistleblowers gerade jetzt auf? Die Anschuldigungen liegen offenbar längere Zeit zurück.
Dazu habe ich nur Vermutungen, darum möchte ich mich nicht öffentlich dazu äussern.
Wie schwer wiegt der Reputationsschaden für Sie und die Organisation?
Jemand hat es so gesagt: Wenn man es zu tun hat mit einem Gründer, der 55 Jahre lang erfolgreich gewirkt hat, dann will der Nachfolger nicht einfach in dessen Fussstapfen treten – sondern ein eigenes Profil etablieren. Das geht am einfachsten, wenn man den Vorgänger nicht einfach gehen lässt, sondern ihn vom Podest stösst.
Sie haben sich immer dafür eingesetzt, dass das Jahrestreffen des WEF in Davos bleibt. Es gab Versuche anderer Länder, den Kongress «abzuwerben». Ist Davos jetzt in Gefahr?
Es waren Gespräche im Gang, die ich mit verschiedenen Bundesratsmitgliedern geführt habe – mit dem Ziel, das Forum in der Schweiz zu verankern. Damit verbunden war auch der Vorschlag, eine Vertrauensperson des Bundesrats in den Stiftungsrat zu holen. Diese Person sollte sicherstellen, dass das Forum weiterhin eng mit der Schweiz verbunden bleibt. Jetzt ist diese Verbindung hauptsächlich durch meine Frau und mich sowie durch Alois Zwinggi gewährleistet.
Geschäftsführer Alois Zwinggi wird Anfang 2027 pensioniert, dann verliert das WEF den zweiten Davos-Garanten.
Der Prozess eines «Schweiz-Sitzes» im Stiftungsrat war noch nicht abgeschlossen. Wie es diesbezüglich weitergeht, weiss ich nicht.
Ihre Frau Hilde Schwab wird vom Whistleblower ebenfalls beschuldigt. Was sagen Sie dazu?
Das ist das, was mich am stärksten trifft, dass auch meine Familie mit reingezogen wird. Meine Frau hat sich die letzten 50 Jahre mit enormem Einsatz für das Forum engagiert, ohne ein Gehalt zu beziehen.
Bei aller Kritik, sein Lebenswerk brachte Parteien an den Tisch, die sonst nicht zusammen gesprochen hätten.