Das war's dann wohl. Der traditionsreiche Schweizer Kioskkonzern Valora mit Sitz in Muttenz dürfte schon bald in mexikanische Hände übergehen. Der südamerikanische Detailhändler Femsa hat den Baselbietern ein Angebot gemacht, das sie offenbar nicht ablehnen können. Rund 1.1 Milliarden Franken in bar - oder 260 Franken pro Aktie - liegen auf dem Tisch. Der Verwaltungsrat empfiehlt dem Aktionariat das Angebot anzunehmen.
Es ist ein Paukenschlag im Schweizer Detailhandel, der insbesondere Migros und Coop aufschrecken dürfte. Denn bei Femsa handelt es sich um eine Branchen-Schwergewicht mit vergleichbarer Umsatzgrösse. 2021 generierte die mexikanische Firma rund 26 Milliarden Franken - bei der Migros waren es knapp 30, bei Coop 32 Milliarden. Die Femsa-Gruppe hat derweil bedeutend mehr Angestellte, 320'000 an der Zahl. Microsoft-Gründer Bill Gates ist über seine Firma Cascade mit 8 Prozent am Konzern beteiligt. Die mächtigsten Mitinhaber, mit einem Anteil von knapp 40 Prozent, sind aber eine handvoll schwerreiche, mexikanische Familien.
Femsa ist mit 25'000 Geschäften in sechs südamerikanischen Ländern präsent, in erster Linie mit Supermärkten und Apotheken. Zudem ist ist die Firma volumenmässig die weltweit grösste Abfüll-Partnerin von Coca-Cola und die zweitgrösste Aktionärin des Bierbrauers Heineken.
Und: Femsa will wachsen. «Wir planen, Valora als Eingangstor für unsere Expansion in Europa zu benutzen», sagt Femsa-CEO Daniel Rodriguez bei der Verkündigung des Deals an einer Pressekonferenz in Zürich. Man wolle in der Schweiz und anderen bisherigen Märkten mit den Valora-Konzepten zulegen, aber auch neue Länder erschliessen. Heute zählt Valora insgesamt 2700 Verkaufsstandorte mit seinen Konzepten wie Avec, Caffè Spettacolo oder Backwerk. In weniger als fünf Jahren sollen es 3000 sein, wie Rodriguez gegenüber CH Media sagt.
Dass es keine grossen Synergien bei diesem Deal gibt, können die beiden Firmen an der Pressekonferenz nicht von der Hand weisen. In erster Linie gehe es um das gemeinsame Wachstum. Kostensenkungen seien nicht das Ziel, sagt Rodriguez. Zudem bleibe der Hauptsitz von Valora in Muttenz, und CEO Michael Mueller in seinem Amt.
Ex-Tesla-Manager Sascha Zahnd, der erst vor drei Monaten das Verwaltungsratspräsidium bei Valora von Ex-Intersport-Chef Franz Julen übernommen hatte, wird seinen Posten hingegen bereits wieder abgeben. Er betont dennoch: «Valora bleibt Valora.»
Fragt sich einzig noch: Kommt der Deal mit Femsa wie geplant zustande - oder erhält Valora in den kommenden Monaten plötzlich noch ein lukrativeres Angebot? Denn so manche europäische Detailhandelsfirma dürfte sich nun überlegen, ob man dem mexikanischen Konkurrenten das Feld überlassen will oder nicht. Femsa-Chef Rodriguez ist sich dessen bewusst: «Wir wissen, wie diese Prozesse laufen, aber wir würden in diesem Fall unser Angebot nicht anpassen.»
Tatsächlich stellt sich die Frage, wie attraktiv das Angebot aus Mexiko wirklich ist. Zwar hat sich der Aktienkurs in den vergangenen vier Jahren halbiert. Und der gebotene Preis ist rund 50 Prozent höher als der Wert der letzten Tage. Allerdings lag der Aktienkurs vor Corona zuweilen bei 355 Franken. Durch die Pandemie sank dieser stark, weil die Umsätze insbesondere an den Bahnhöfen praktisch zum Erliegen kamen.
Doch wie Valora-Chef Michael Mueller selbst sagt, habe man die Pandemie-Krise relativ gut überstanden, schliesslich sind die Pendlerinnen und Pendler zurück. Für das laufende Jahr rechnet er mit einem operativen Gewinn von 70 Millionen Franken.
Doch wer könnte Femsa überbieten? 2021 hatte die Zürcher Kantonalbank (ZKB) in einem Bericht spekuliert, dass Coop und Migros mittelfristig Valora übernehmen könnten (CH Media berichtete). Und nun, angesichts des Femsa-Deals? ZKB-Analyst Gian Marco Werro hält insbesondere ein Gegenangebot der Migros für «nicht ausgeschlossen», wie er gegenüber dem Wirtschaftsportal Cash.ch sagt.
Die Ursprünge des Kioskkonzerns Valora gehen weit zurück: 1905 wurde in Olten das Schweizer Chocoladen & Colonialhaus gegründet. Später wurde daraus Merkur. In den 80er- und 90er-Jahren entwickelte sich der Konzern, der 1996 in Valora umbenannt wurde, zu einem Gemischtwarenkonzern ohne klare Vision.
Zahlreiche Firmen wurden auf- und wieder verkauft. Dazu gehörten die Snackautomatenfirma Selecta, der Choco-Biscuit-Hersteller Kägi, der Fotoentwickler Fotolabo und sogar die Bico-Matratzen. Die Verzettelung führte dazu, dass Valora Mitte der Nuller-Jahre nahe am Konkurs stand.
Daraufhin - parallel zu den starken Presse-Umsatzrückgängen - schärfte der Händler seine Strategie, setzte vermehrt auf seine vier Hauptkonzepte: Die blauen k-Kioske, die Kaffee-Kette Spettacolo, den Buchhändler Press & Books sowie die Schnellverpflegungskette Avec. Und er kaufte zu.
2012 erfolgte der Startschuss zur Auslandexpansion. Valora übernahm die deutsche Backwaren-Kette Ditsch, die einige Jahre zuvor den Schweizer Brezelkönig übernommen hatte. Darauf folgten weitere Akquisitionen mit den Naville-Kiosks in der Romandie, und in Deutschland mit den Cigo-Tabakgeschäften, den Bäckerei-Ketten Backwerk und Back Factory sowie in den USA mit der Übernahme der Firma Pretzel Baron, der tiefgekühlte Brezelsnacks in US-Supermärkten verkauft. Für Femsa offensichtlich ein schmackhaftes Portfolio. (aargauerzeitung.ch)
Also das Übergewicht erst verursachen, und dann Medikamtente dagegen verkaufen. Geiles Konzept 👌
Mexiko liegt in Nordamerika. Mexiko ist ziemlich weit weg von Südamerika (zwei verschiedene Kontinente, verbunden durch die Landbrücke "Zentralamerika").