Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) erhält bei der Bekämpfung der Mafia zwar auf konkrete Anfrage hin Auskunft. Das Fedpol ist jedoch laut deren Direktorin, Nicoletta della Valle, darauf angewiesen, dass die zivilen Behörden von sich aus informieren.
«Es wäre sinnvoll, ein ausdrückliches Melderecht zu schaffen», sagte della Valle in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». So aber fehle oft das Bewusstsein dafür, wie sehr das Fedpol auf Informationen angewiesen sei.
Konkret kritisiert della Valle das Verhalten einiger Kantone. Diese würden sich bei Verdachtsfällen zum Teil nicht beim Fedpol melden, so die Direktorin. «Wenn in einem kleinen Kanton eine Person aus Italien mit einer sehr grossen Menge Drogen angehalten wird, ist es sinnvoll, zu uns zu kommen und zu fragen: Kennt ihr den?», erklärte sie. Stattdessen komme es immer wieder vor, dass das Fedpol von solchen Fällen aus der Zeitung erfahren und selber nachfragen müssen.
Auf die Frage, welche Rolle die Mafia in der Schweiz spiele, sagte die Fedpol-Direktorin, die Mafia beschaffe sich hierzulande Waffen und liefere sie nach Italien. Die Schweiz habe das Waffengesetz mit dem Beitritt zu Schengen zwar verschärft, aber die Eidgenossenschaft verfüge noch immer nicht über ein zentrales Waffenregister.
Das erschwere die Übersicht. Man müsse allerdings sehen, dass ein grosser Teil der Waffen illegal beschafft werde, wo ein solches Register nicht viel ändern würde.
Es sei ferner davon auszugehen, dass die italienische Mafia versuche, die Schweizer Behörden zu infiltrieren. Hier stehe das Fedpol vor ganz neuen Herausforderungen.
Die Zahl der Mafia-Mitglieder in der Schweiz schätzt della Valle auf eine tiefe bis mittlere dreistellige Zahl von Personen, die der italienischen organisierten Kriminalität angehörten. Bei diesen Schätzungen handle es sich jedoch um eine Momentaufnahme. (sda)